Nachhaltige Fonds bleiben in der Nische stecken
sto Frankfurt – Die nachhaltigen Fonds haben hierzulande die Schwelle von 100 Mrd. Euro überschritten. Wie der Fondsverband BVI mitteilt, erreichten die nach ökologischen, sozialen oder ethischen Kriterien anlegenden Fonds per Jahresmitte 2020 das Volumen von 101,7 Mrd. Euro. Auch wenn das absolut und auf den ersten Blick durchaus eine beachtliche Zahl ist – im Verhältnis zum gesamten Assetmanagementmarkt von 3,3 Bill. Euro sind das gerade mal 3,1 %.Der BVI spricht im Vergleich zu Ende 2015, als die nachhaltigen Fonds ein Volumen von 61,8 Mrd. Euro hatten, zwar von einem dynamischen Wachstum. Tatsächlich aber hat sich in Relation zum gesamten Fondsgeschäft im Fünfjahreszeitrauch nicht viel verändert. Denn Ende 2015 war der Anteil der ESG-Fonds (Environment, Social, Governance) auch nicht wesentlich geringer als aktuell, nämlich 2,4 % von insgesamt 2,6 Bill. Euro.Obwohl mittlerweile die größeren Fondsgesellschaften unisono nachhaltige Investmentprodukte anbieten und von steigendem Interesse insbesondere der institutionellen Anleger an solchen Fonds berichten – in den Zahlen lässt sich das noch nicht herauslesen. Und es wird überdeutlich, dass der erklärte Plan der EU-Kommission, die Finanzwirtschaft “grüner” zu machen, um den notwendigen Wandel der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit finanzieren zu können, noch einen weiten Weg vor sich hat.Immerhin sind die nachhaltigen Fonds in den vergangenen fünf Jahren um in Schnitt jährlich fast 13 % gewachsen. Doch es muss, insbesondere auch in Relation zum gesamten Fondsmarkt, viel mehr werden, um von einer wirklichen Dynamik sprechen zu können. Außerdem bleibt das Problem bestehen, dass es keine einheitlichen und allgemeingültigen Kriterien für ESG-Produkte gibt. Nicht in Deutschland und noch viel weniger europaweit.Wie der BVI festhält, verzeichneten hierzulande die nachhaltigen Fonds im ersten Halbjahr 2020 Nettomittelzuflüsse von 7,2 Mrd. Euro. Davon steuerten allein nachhaltige Publikumsfonds 7,7 Mrd. Euro bei. Früher war das Geschäft eher von nachhaltigen Spezialfonds getrieben gewesen (siehe Grafik).Nach Ansicht des BVI haben die bereits 2012 erstellten “Leitlinien zum verantwortlichen Investieren” in der Branche “eine Entwicklung in Gang gesetzt, die inzwischen beeindruckende Ergebnisse liefert: Über 96 % des Wertpapierfondsbestandes wird heute von BVI-Mitgliedern verwaltet, die die Prinzipien für verantwortliches Investieren der Vereinten Nationen (UN PRI) anwenden.” Verordnung verschieben”Nachhaltigkeitsregulierung muss klare Standards schaffen und Grünwäscherei unterbinden”, fordert BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Ein stures Festhalten am Fahrplan der Offenlegungsverordnung dürfe es daher nicht geben. Die europäischen Fonds müssen bis zum Inkrafttreten der Verordnung am 10. März 2021 Vorlagen für Informationen zur Nachhaltigkeit in ihre Verkaufsprospekte aufnehmen. Die Vorlagen werden derzeit erst von den EU-Aufsichtsbehörden entwickelt und werden frühestens Ende Januar 2021 vorliegen. Das sei viel zu knapp bemessen, bemängelt der BVI ebenso wie das europäische Pendant Efama. Der BVI fordert, den Start der Offenlegungsverordnung auf Anfang 2022 zu verschieben.