Nachhaltigkeit hat einen Namen: Hypothekenpfandbrief

Produkt an sich ist ökologisch, ökonomisch und sozial - Zusätzliche Zertifizierung durch Dritte nicht sinnvoll

Nachhaltigkeit hat einen Namen: Hypothekenpfandbrief

Menschen, die nachhaltig leben, beziehen zukünftige Risiken maßgeblich in ihre langfristigen Entscheidungen ein. Dafür sind sie bereit, auf heutigen Konsum zu verzichten, um ihnen und ihrer Nachwelt ein besseres Leben zu ermöglichen. Was die Zukunft allerdings bringt, können selbst die besten Prognosen nur mit einer gewissen Fehlertoleranz vorhersagen. In den Ursprüngen des kaufmännischen Denkens ist daher von Anfang an das Vorsichtsprinzip verankert. Bei Ungewissheit bezüglich langfristiger Entwicklungen sollen dabei die Kapitalgüter im Sinne des Gläubigers konservativ bewertet werden. In der Vergangenheit wurde dieses Prinzip durch viele individuelle Verträge geregelt, wobei sich über die Zeit die besten Institutionen durchgesetzt haben. Zu den Ergebnissen dieses evolutorischen Prozesses gehört der Hypothekenpfandbrief. Erfolgreiche IdeeNach fast 250 Jahren zählt das Produkt immer noch zu den bedeutendsten Refinanzierungsinstrumenten in der deutschen Immobilienwirtschaft. Dies hat mehrere Gründe. Der Hypothekenpfandbrief ist im Gegensatz zu anderen gedeckten Anleihen nicht nur vertraglich, sondern auch gesetzlich reglementiert. Besichert werden die im Pfandbrief verbrieften Ansprüche durch den Grundstücks- bzw. Gebäudewert. Dazu wird ein Beleihungswert ermittelt, der dem langfristig erzielbaren Wiederverkaufswert der Immobilie entspricht und den Marktwert nicht übersteigen darf. Demzufolge wird die Immobilie vorsichtig und dauerhaft bewertet. Der Pfandbrief bietet eine hohe Transparenz, eine hohe Ausfallsicherheit und ist langfristig orientiert.Emittiert eine Bank Pfandbriefe, so muss das Ausfallrisiko entsprechend gesetzlicher Regelungen mit einer garantierten Deckungsmasse besichert werden. Folglich wird dem Haftungsprinzip Rechnung getragen. Ist eine Emissionsbank insolvent, was im Rahmen des Hypothekengeschäftes bislang kein einziges Mal der Fall war, werden die Gläubiger dieser Wertpapiere aufgrund der vorgehaltenen Deckungsmasse vorrangig befriedigt. Zusammenfassend erfüllt der Hypothekenpfandbrief die Bedürfnisse der Investoren nach Stabilität und Nachhaltigkeit auf ideale Weise. Das Produkt hat sich lange erfolgreich bewährt. Spannender DreiklangWas versteht man eigentlich konkret unter dem in den letzten Jahren inflationär genutzten Begriff “Nachhaltigkeit”? Eine durchaus komplexe Frage, verbergen sich dahinter doch ökonomische, ökologische und auch soziale Dimensionen, welche sich zudem einander bedingen. Ökonomisch gesehen sollen z. B. derzeitige Bedürfnisse befriedigt werden, ohne zukünftigen Generationen die Lebensgrundlagen zu entziehen. Darunter fallen natürlich auch ökologische Aspekte, wie der Erhalt der Umwelt oder der sorgsame Umgang mit endlichen Ressourcen. Dies ermöglicht eine gerechte Verteilung der Güter, wodurch soziale Spannungen in der Gesellschaft gemindert werden. Bezogen auf Immobilien ergeben sich aus diesem Dreiklang interessante Überlegungen. Wert schwer vorhersagbarGrundsätzlich möchten Investoren den langfristigen Wert ihrer Immobilien erhalten und bestenfalls erhöhen. Allerdings sind Gebäude und Grundstücke nicht nur langlebige Investitionsgüter, sondern – im Gegensatz zu anderen Vermögensgütern – auch an einen Standort gebunden. Zudem beeinflussen institutionelle Rahmenbedingungen die Wertentwicklung einer Immobilie erheblich. Aus ökonomischer Sicht sollten bei einer konkreten Investitionsentscheidung daher folgende Fragen berücksichtigt werden: Welche Objekteigenschaften weist die Immobilie auf? Ist eine ausreichende Quantität und Qualität der Infrastruktur vorhanden? Liegen in der Region Leerstände vor und wie wird sich der Standort demografisch und ökonomisch in den kommenden Jahren entwickeln? Sorgen wohnungs-, arbeitsmarkt-, energie- und geldpolitische Eingriffe für gravierende Veränderungen auf dem Immobilienmarkt? All diese Fragen machen eine treffsichere Voraussage der Wertentwicklung einzelner Immobilien über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren äußerst schwierig.Nachhaltige Immobilien sind wirtschaftlich, ökologisch und sozial. Allen Anforderungen dieses Dreiklangs gleichzeitig und gleichermaßen nachzukommen, ist allerdings nur schwer zu realisieren. Immobilien tragen mit einem Anteil von fast 40 % maßgeblich zum deutschen Energieverbrauch bei. Damit birgt dieser Bereich großes Potenzial für Energieeinsparungen. Durch regulatorische Eingriffe versucht der Gesetzgeber, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Dazu zählen in Deutschland z. B. das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, die gebäudeindividuellen Sanierungsfahrpläne sowie das Anreizprogramm Energieeffizienz. Untermauert werden diese Vorhaben durch Förderprogramme wie z. B. der KfW. Dass der Staat gleichwohl über das notwendige Maß hinaus handelt, ist den eigenen Ansprüchen geschuldet. Wer den weltweiten Vergleich zieht, kommt zweifelsohne zu dem Schluss, dass die deutschen Baustandards zu den ökologisch nachhaltigsten der Welt zählen. Dennoch stellt sich die Frage, ob der Kurs weiter verschärft wird und ökonomisch tragbar bleibt.Als Immobilienfinanzierer ist es die Aufgabe der WL Bank, die Tragfähigkeit langfristiger Investitionen zu beurteilen. Denn was nützt der Bau energie- und CO2-sparender Gebäude, wenn die Produktion ebendieser viele Ressourcen verschlingt und über den Lebenszyklus eine negative Umweltbilanz aufweist? Werden beim Bau z. B. keine hochwertigen Materialien verwendet, impliziert dies häufige Sanierungen. Umweltschonendes Bauen und Wohnen ist zwar wichtig, aber nicht zu jedem Preis. Die ökonomische Beurteilung einer Immobilie schließt automatisch ökologische Aspekte mit ein. Da unter anderem der Neubau von Gebäuden durch strikte gesetzliche Vorgaben betrieben wird, handelt es sich bei diesen Immobilien bereits um ökologisch nachhaltige Investitionen, deren Wert in Zukunft höher liegen dürfte. Sind die Kosten-Nutzen-Kalküle zutreffend und erhöhen sinkende Betriebskosten die Drittverwertbarkeit, so hat dies positive Auswirkungen im Rahmen der Kreditvergabeentscheidung. Folglich wird der Kredit mit günstigeren Zinsen versehen. Politische ZielkonflikteBezogen auf die allgemeine Nachhaltigkeit treten bei einer ökologischen Fokussierung Zielkonflikte auf. Auf der einen Seite favorisiert der Staat den Bau klimaneutraler Gebäude und auf der anderen Seite möchte er günstigen Wohnraum schaffen. Jedoch steigen mit dem Bau hochwertiger Immobilien auch die Herstellungs- und damit die Wohnkosten. Insbesondere einkommensschwache Haushalte können sich die von der Politik vorgeschriebene Nachhaltigkeit, wie auch immer man diese gesetzlich definieren mag, kaum leisten. Daher muss der Staat erneut in den Markt eingreifen. Eine Regulierung bedarf immer weiterer Regulierungen, welche im Grunde die Folge einer unklaren Wirtschaftspolitik sind.Das Gut Wohnen stellt aus Sicht der Wirtschaftspolitik ein Grundbedürfnis dar, weshalb Eingriffe in den Wohnimmobilienmarkt mit der sozialen Verantwortung des Staates gerechtfertigt werden. Ideologisch geführten Debatten sollte allerdings stets mit ökonomischer Nüchternheit begegnet werden. Genossenschaftliche Wohnungsunternehmen haben z. B. ein Eigeninteresse daran, privaten und günstigen Wohnraum für ihre Mitglieder zu schaffen. Sie handeln nach grundlegenden Werten wie Solidarität, Gleichheit, Demokratie, aber auch Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Billigkeit, die fest in ihren Geschäftsmodellen verankert sind. Die Sozialverantwortlichkeit rückt dabei ausdrücklich in den Fokus unternehmerischer Entscheidungen. Folglich finden sich diese Eigenschaften auch in den Produkten genossenschaftlich orientierter Banken wieder. Mit dem Kauf von Hypothekenpfandbriefen erwirbt der Investor ein in ökonomischem, ökologischem und sozialem Dreiklang stehendes, nachhaltiges Produkt.Nur ein unklares Geschäftsmodell, selbst auferlegter Rechtfertigungsdruck oder das Marketingkalkül der emittierenden Bank kann darum eine zusätzliche Zertifizierung durch Dritte sinnvoll begründen. Ein als nachhaltig zertifizierter Hypothekenpfandbrief ist im Grunde genommen ein Pleonasmus, sozusagen der weiße Schimmel bzw. der schwarze Rabe der Bankenwelt. Die WL Bank fühlt sich dem genossenschaftlichen Prinzip und dem Wohl der Kunden verpflichtet, weshalb sie mit einem nachhaltigen Produkt und einem nachhaltigen Geschäftsmodell derzeit keine Notwendigkeit zur weiteren Zertifizierung ihrer Hypothekenpfandbriefe sieht.—Frank M. Mühlbauer Vorsitzender des Vorstands der WL Bank