SCHLUSSNOTE

Nachhaltigkeit Inklusive

Von Wolf Brandes Hand aufs Herz. Erzählen Sie so unbeschwert und stolz wie früher von Ihren Flugreisen? Winterurlaub in Thailand, Wochenendtrip nach Mailand, Wandern in Irland? Noch hat beim Fliegen das Umdenken erst angefangen, doch ist es nur...

Nachhaltigkeit Inklusive

Von Wolf BrandesHand aufs Herz. Erzählen Sie so unbeschwert und stolz wie früher von Ihren Flugreisen? Winterurlaub in Thailand, Wochenendtrip nach Mailand, Wandern in Irland? Noch hat beim Fliegen das Umdenken erst angefangen, doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis die “Flugscham” das Verhalten der Menschen ändern wird. Wer heute mit dem Horizont von fünf oder zehn Jahren Geld investiert, muss Themen wie Flugscham im Blick behalten. Während bei Zigaretten der gesellschaftliche Bann inzwischen massiv ist – mit dauerhaften wirtschaftlichen Folgen für die Tabakbranche und deren Investoren -, fängt es bei Fluggesellschaften und Airports erst an. Eine gute Performance wird man aber nur erzielen, wenn man die – in fünf oder zehn Jahren – schwachen Unternehmen aussortiert. Daher ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien nicht nur eine Frage von Überzeugung und Nachhaltigkeit, von Modetrends und Absatzchancen, sondern schlicht eine ökonomische Notwendigkeit. Die Analyse von Unternehmen nach Aspekten von Environmental (Umwelt), Social und Governance (ESG) dient also nicht nur der guten Sache, sondern auf Dauer auch dem Geldbeutel. Bislang sind es in erster Linie institutionelle Investoren, die ESG-Kriterien bei der Vergabe von Mandaten einfordern. Ein Ergebnis des Marktberichts des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) lautet, dass in Deutschland 95 % der nachhaltigen Geldanlagen in den Depots von Institutionellen liegen. Union Investment berichtet außerdem, dass inzwischen 72 % der institutionellen Anleger Nachhaltigkeitskriterien bei der Kapitalanlage berücksichtigen. Vergleichen damit sind die Werte für Privatanleger überschaubar. Einer Umfrage des Bankenverbands zufolge sind lediglich 5 % der Befragten in nachhaltige Geldanlagen investiert. Insgesamt erreichten nach Angaben des FNG nachhaltige Fonds und Mandate 2018 einen Marktanteil von 4,5 %. Ungeachtet der mehr oder weniger großen Nachfrage für ESG-Produkte hat sich in der Branche ein Wandel vollzogen. Weil Assetmanager erkannt haben, dass ESG auf Dauer für den wirtschaftlichen Erfolg wichtig sein könnte, haben viele damit angefangen, Nachhaltigkeit in den konventionellen Investmentprozess zu integrieren. Ob Häuser wie DJE Kapital oder J.P. Morgan Asset Management – bei der Prüfung von Unternehmen geht fast nichts mehr ohne ESG. Nachhaltigkeits- und Klimarisiken sind eben auch Risiken, die ein guter Fondsmanager vermeiden will. “ESG inside” ist der neue Trend. Und das Erstaunliche: In vielen Fällen steht nicht mal ESG auf dem Produkt drauf, auch wenn ESG drin ist. Die grün und nachhaltig etikettierten Fonds sind dann nur die Vorzeigeprodukte in der Palette. Es sind aber nicht nur ökonomische Gründe, die die Finanzbranche dazu bewegen, mehr und mehr “ESG inside” zu arbeiten. Auch die Regulierung zwingt die Anbieter dazu. Ob das Merkblatt der BaFin zu Nachhaltigkeitsrisiken, der Aktionsplan der EU einschließlich einer Taxonomie oder die Social Development Goals (SDG) der UN – all das geht an den Geldverwaltern nicht spurlos vorbei. Der Druck auf die Branche ist groß. Auf welchem Weg auch immer ESG-Kriterien von den Assetmanagern angewendet werden – der Trend ist nicht aufzuhalten und wird dazu führen, dass ESG Mainstream wird.