Nachhaltigkeitsfonds profitieren von der Energiewende

Investoren sollten auf ein breites Anlageuniversum Wert legen - Ökologie ist nur ein Teil von Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeitsfonds profitieren von der Energiewende

Die Atomkatastrophe von Fukushima und die Ölpest im Golf von Mexiko haben uns einmal mehr die sozialen und ökologischen Risiken nuklearer und fossiler Energieträger vor Augen geführt. Auch wenn diese tragischen Ereignisse nicht gleich das Ende dieser Energiequellen bedeuten, so haben sie weltweit doch ein Umdenken in Gang gesetzt, allen voran in Deutschland. Acht Kernreaktoren wurden hierzulande mittlerweile endgültig abgeschaltet, die Bundesregierung setzt künftig stärker auf grüne Energien. Wie können Anleger von diesem Trend profitieren? Wachstumspfad trotz DelleTrotz dieser politischen Grundsatzentscheidung ist das Klima in der Solarwirtschaft gegenwärtig alles andere als “sonnig”: Massive Einschnitte bei der Solarförderung, Überkapazitäten, Preisverfall und Konsolidierung bestimmen momentan das Marktumfeld der Photovoltaik-Industrie. Der Kampf um die Spitzenplätze ist hier in vollem Gange, nur die wirtschaftlich und finanziell am besten aufgestellten Unternehmen werden überleben. Das spiegeln auch die Kurse der börsennotierten Solarunternehmen wider, die sich momentan auf einem Dreijahrestief befinden.Dennoch ist weiterhin von einem Wachstumsmarkt auszugehen, der auch für Anleger attraktiv ist. Die Bereinigung von unrentablen Produktionskapazitäten auf der Angebotsseite und neue boomende Photovoltaik-Märkte auf der Nachfrageseite, vor allem in Asien, werden den notwendigen Ausgleich bringen. Die Analysten der Schweizer Bank Sarasin gehen bis zum Jahr 2015 von einem jährlichen durchschnittlichen Wachstum von 18 % für die globalen Photovoltaik-Installationen aus. Darüber hinaus sind die Entwicklungs- und Schwellenländer mit ihrem enormen Energiebedarf weitere wichtige Absatzmärkte, welche die Solarindustrie zukünftig beflügeln werden.Von der Energiewende profitieren jedoch nicht nur Unternehmen der Solarbranche, sondern beispielsweise auch Unternehmen, die in den Ausbau der Stromnetze investieren. Die Stromnetze sind die Achillesferse der Energiewende.Sie sind noch auf das Zeitalter der Großkraftwerke ausgerichtet, eher träge und unflexibel und bedürfen daher dringend der Erneuerung und Erweiterung. Ziel ist es, ausreichende Kapazitäten bereitzustellen, um den zusätzlichen Strom aus Windparks oder Solaranlagen zuverlässig aufzunehmen und dorthin zu leiten, wo er gebraucht wird. Da es vielen neuen Freileitungstrassen an Akzeptanz der Bevölkerung und Politik vor Ort fehlt, müssen zunächst die vorhandenen Infrastrukturen genutzt werden. Dazu zählt etwa, auf vorhandenen Freileitungstrassen neue technische Systeme wie Hochtemperaturleiterseile zu installieren. Als zukunftssichere Lösung gelten darüber hinaus intelligente Stromnetze, sogenannte Smart Grids, die den erzeugten Strom aus vielen kleinen Kraftwerken oder aus Photovoltaik-, Windkraft- und Biogasanlagen problemlos aufnehmen können.Die Europäische Kommission schätzt den Investitionsbedarf auf europäischer Ebene für den Aufbau einer modernen Netzinfrastruktur sowie den Bau von Speicherkraftwerken auf rund 1 000 Mrd. Euro, allein in Deutschland dürften laut Fraunhofer-Institut Investitionen von rund 200 Mrd. Euro notwendig sein. Große Technologieunternehmen wie Siemens und ABB verzeichnen bereits wachstumstreibende Impulse aus den Investitionen von Energieversorgern in Netzverbindungen und -modernisierungen. Von der steigenden Nachfrage nach Smart Grids profitieren vor allem Unternehmen, die sich auf energieeffiziente Technologien und Automationssysteme spezialisiert haben.Aber auch Unternehmen, die nicht direkt im Bereich Energie und Umwelt tätig sind, richten sich zunehmend nachhaltig aus, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn sozialethisch und ökologisch nachhaltig handelnde Firmen reduzieren die Konflikte mit ihren Anspruchsgruppen, sparen dank ressourcenschonender Prozesse Geld und müssen keine kostspieligen Nachbesserungen bei Veränderungen des regulatorischen Umfelds vornehmen.Investoren, die an dem langfristigen Wachstumspotenzial dieser Unternehmen partizipieren, aber nicht auf einzelne Titel setzen wollen, sollten in einen breit gestreuten Fonds investieren. Fonds mit Fokus auf erneuerbare Energien bergen durch ihre spezielle Ausrichtung und Konzentration auf wachstumsstarke Aktien jedoch noch vergleichsweise hohe Risiken. Weniger schwankungsanfällig sind dagegen Nachhaltigkeitsfonds, die breit gestreut in das Segment erneuerbare Energien, aber auch in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen anderer Branchen investieren. Realitätssinn bewahrenWie finden institutionelle Anleger angesichts der zunehmenden Produktvielfalt im Nachhaltigkeitsbereich den für sie passenden Fonds? Hier lohnt ein Blick auf den zugrunde liegenden Investmentansatz: Die Indexanbieter und die Mehrheit der hierzulande erhältlichen Nachhaltigkeitsfonds setzen auf das Auswahlverfahren “Best in Class”. Hierbei wird in Unternehmen investiert, die innerhalb ihrer Branche bzw. Vergleichsgruppe am nachhaltigsten wirtschaften. So kommen – neben Unternehmen aus dem Bereich Ökologie – auch nachhaltige Autobauer, Konsumgüterhersteller oder Fluglinien in die Fonds. Vorteil dieses Ansatzes ist, dass er auf ein breites Anlageuniversum abzielt und dem Anleger damit eine hohe Risikostreuung ermöglicht.So augenfällig die Vorzüge des “Best in Class”-Ansatzes sind, so klar ist auch, dass er nur einen Kompromiss zwischen der reinen Nachhaltigkeitslehre und praktischer Machbarkeit darstellen kann. Denn weder jeder Einzelne von uns noch große Unternehmen können von heute auf morgen zu 100 % ökologisch leben und handeln. Hier müssen auch Anleger realistisch bleiben, denn vollständig “saubere” Unternehmen gibt es kaum. Was jeder Einzelne und vor allem Unternehmen jedoch tun können, ist intelligent und nachhaltig zu wirtschaften sowie verantwortungsvoll mit unserer Umwelt umzugehen, damit uns diese möglichst lange erhalten bleibt.Um die “richtigen” Unternehmen für einen Nachhaltigkeitsfonds auszuwählen, sollten die angewandten Nachhaltigkeitskriterien so streng wie möglich sein. Fallen, wie beispielsweise BP, lassen sich vermeiden, wenn Fondsanbieter nicht nur schlicht einen Index nachbilden, sondern selbst intensiv Nachhaltigkeitsanalyse betreiben. Erfahrene Fondshäuser setzen hierfür einen dreidimensionalen Ansatz ein, der über den Best-in-Class-Ansatz auch noch die Branche an sich bewertet (Best of Class). Dieser wird dann mit eigenen Ausschlusskriterien kombiniert. Substanziell problematische oder riskante Geschäftsfelder, wie zum Beispiel Rüstung, Atomkraft, Tabakwaren, Agro- und Chlorchemie sowie bestimmte Bereiche der Gentechnik werden so von vornherein ausgeschlossen.Für die verbleibenden Unternehmen gilt: Je höher das Risikoprofil der Branche ist, desto besser muss ein Unternehmen bei der individuellen Umwelt- und Sozialanalyse abschneiden, um die Chance zu haben, in das Anlageuniversum aufgenommen zu werden. Die Nachhaltigkeit der Softwarebranche ist zum Beispiel deutlich höher als die der Ölbranche mit ihrem ungleich stärker ausgeprägten Risikoprofil. Bei der individuellen Unternehmensbetrachtung werden neben der klassischen Finanzanalyse häufig bis zu 70 spezifische Nachhaltigkeitskriterien beleuchtet. Strenge zahlt sich ausNachhaltigkeitsfonds stehen Standardwertefonds in der Rendite nichts nach, sondern bieten sogar zusätzlich Chancen auf eine attraktive, stabile Wertentwicklung. So hat beispielsweise der MSCI World Socially Responsible Index in den letzten drei Jahren per 29. Februar 2012 mit einem Plus von 23,8 % p.a. leicht besser abgeschnitten als sein Pendant im Standardwertebereich MSCI World Index, der im selben Zeitraum rund 23,3 % p.a. zugelegt hat.Nachhaltigkeitsfonds profitieren vom langfristigen Wachstumstrend im Bereich der erneuerbaren Energien. Mit ihrem breiteren Anlageuniversum bieten diese Fonds eine bessere Risikostreuung als spezialisierte Ökofonds sowie zusätzliche Renditechancen aus anderen nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen und Branchen. Institutionelle Anleger sollten sich nicht einen Investmentansatz vorschreiben lassen, sondern ihre Anlage genau danach prüfen, ob sie nach ihren persönlichen Vorstellungen von Nachhaltigkeit investiert.