Nachhaltigkeitsvereine fordern strenge Taxonomie

EU-Projekt für grünes Finanzwesen soll feingliedrig und verbindlich sein - Etablierte Anbieter nicht dabei

Nachhaltigkeitsvereine fordern strenge Taxonomie

jsc Frankfurt – Das geplante EU-Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionsziele in der Kapitalanlage soll nach Auffassung von Nichtregierungsorganisationen detailliert sein und Anbieter in die Pflicht nehmen: Nicht nur Kriterien zu Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch soziale Aspekte und die Unternehmensführung sollen “eigenständig und gleichwertig” in dem Katalog aufgenommen werden, fordert die Finanzinitiative Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Verein CRIC, dem Geldanlageberaternetzwerk Ökofinanz-21 und der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (Ögut). Ebenso soll die Taxonomie möglichst weit abgestuft werden: Neben Sektoren, die noch nicht nachhaltig sind, aber zu einer Transformation der Wirtschaft beitragen, schwebt den Initiatoren eine Negativliste (“braune Taxonomie”) vor. Auch sollen Anbieter nicht nur zu nachhaltigen Finanzprodukten Informationen offenlegen müssen, sondern zu allen Finanzprodukten.In der EU beraten Kommission, Parlament und Ministerrat derzeit über die Taxonomie, die als Orientierung in der Kapitalanlage dienen soll. Gegen Ende des Jahres könnte ein Ergebnis vorliegen, wie die vier Initiativen schreiben. Bisher liegt der Fokus auf Umwelt- und Klimaschutz. Eine Sachverständigengruppe hatte im Juni einen Bericht vorgelegt und darin Sektoren wie Energie, Landwirtschaft, Verkehr und verarbeitendes Gewerbe analysiert. Die Taxonomie zielt auch auf die Vermeidung von Treibhausgasen: Das System soll erstens nahezu emissionsfreie Zweige umfassen wie erneuerbare Energien oder Aufforstungsprojekte, zweitens Übergangstechnologien wie emissionsarme Fahrzeuge und drittens Geschäftszweige, die einen solchen Wandel ermöglichen, etwa Hersteller von Windrädern. Heißes Eisen Finanzberatung Die Klassifizierung soll es Investoren und Fondshäusern in der Kapitalanlage erleichtern, in nachhaltige Segmente zu investieren. Damit legt die Taxonomie zugleich eine mögliche Grundlage dafür, Aspekte der Nachhaltigkeit verpflichtend in der Finanzberatung einzuführen, etwa im Rahmen der geplanten Nachjustierung des EU-Regelwerks Mifid II.Das Vorhaben wird von der Branche kritisch beäugt. So hatte der deutsche Fondsverband BVI bereits im Mai 2018 davor gewarnt, eine verpflichtende Beratung einzuführen, ehe einheitliche Kriterien zur Nachhaltigkeit geschaffen worden sind. Die vier Initiatoren begrüßen verpflichtende Vorgaben für die Beratung zwar, hängen die Forderungen im aktuellen Brief aber tief. Sie fordern eine Weiterbildung von Finanzberatern, erwähnen eine Verpflichtung zur Beratung aber nur in den Fußnoten. Der Fokus des Briefs liege auf der Taxonomie und nicht auf der Finanzberatung, erklärten das Forum Nachhaltige Geldanlagen und der Verein CRIC auf Nachfrage.Rückhalt in der Finanzbranche findet das Schreiben offiziell nur zum Teil. Als Unterstützer finden sich auf dem Schreiben diverse Namen des Nachhaltigkeitssegments, darunter Kirchenbanken, grüne Geldhäuser, einige Privatbanken und Vermögensverwalter. Die großen Fondsanbieter DekaBank, Union Investment, DWS und Allianz Global Investors fehlen jedoch auf der Liste, obwohl die vier Häuser Mitglieder im Forum Nachhaltige Geldanlagen sind. – Wertberichtigt Seite 6