Nachsitzen für Nachhaltigkeit

Bundesbank ruft Institute zum Ausbau des Risikomanagements auf - Deutsche Bank dämpft Erwartung

Nachsitzen für Nachhaltigkeit

Klimarisiken gehören nach Auffassung der deutschen Finanzaufsicht in das Risikomanagement von Banken – doch die meisten Institute machen davon bisher keinen Gebrauch, kritisiert die Bundesbank auf einer Konferenz in Frankfurt. Die Finanzbranche zeigt sich zurückhaltend: Die Umstellung brauche Zeit.jsc Frankfurt – Die Bundesbank stimmt Banken und Sparkassen auf neue Prinzipien für das Risikomanagement ein. Bisher würden Risiken, die sich aus dem Klimawandel ergäben, von zwei Drittel der Geldhäuser nicht in das Risikomanagement integriert, kritisierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann auf einer Finanzmarktkonferenz der Bundesbank am Dienstag in Frankfurt. “Die korrekte Abbildung von Klimarisiken ist für ein angemessenes Risikomanagement der Banken von hoher Bedeutung”, mahnte er. Neben einem besseren Wissen über die Verteilung von Klimarisiken im Finanzsystem gehe es der Aufsicht auch um bessere Risikomodelle einzelner Institute, ergänzte Vorstandsmitglied Sabine Mauderer, die einen “Nachholbedarf” der Branche sieht.Wie das Risikomanagement einmal aussehen werde, sei noch offen, sagte sie – auch die Finanzaufsicht müsse noch Erfahrungen sammeln, sei aber auf einem guten Weg. Sie stellte sich hinter die Finanzaufsicht BaFin, die Mitte September in einem Merkblatt auf klimabezogene Risiken im Bankgeschäft hinwies und mit Beispielfällen eine grobe Orientierung vorgab. Mauderer und Weidmann warnten zugleich davor, über Geldpolitik und Regulierung eine klimabezogene Wirtschaftsförderung zu betreiben. “Finanzregulierung ist kein Instrument der Klimapolitik, sondern dient der Stabilität des Finanzsystems”, sagte Weidmann. So lehnt die Bundesbank eine regulatorische Erleichterung für die Risikogewichtung grüner Finanztitel ab. Murren über “Basel V” Vertreter der Finanzwirtschaft dämpften am Dienstag die Erwartungen. “Wir haben über Jahre, über zehn, fünfzehn Jahre hinweg Risikostandards gesetzt”, sagte der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing. “Wir können das nicht auf einmal alles ummünzen, indem wir sagen, jetzt nehmen wir mal ein Drittel der Bilanz im Kreditbuch und setzen das nur auf nachhaltige Produkte.” Gerade für neue Technologien müsse eine Bank zunächst Erfahrungen sammeln, ein Umschwenken auf nachhaltige Kriterien brauche Zeit.Zugleich trage die Finanzbranche eine “erstrangige Verantwortung für die Transformation”, die Deutsche Bank behandele das Thema prioritär. Auch die Chefin von HSBC Deutschland, Carola Gräfin von Schmettow, stuft die Umstellung des Risikomanagements als “nicht trivial” ein, da davon etablierte Prozesse betroffen seien.Die Umstellung im Risikomanagement solle nicht zu einem “Basel V” führen, also erneuten weitreichenden Kapitalvorschriften für Banken, forderte der ehemalige Bundesbankpräsident Axel Weber, der heute Verwaltungsratspräsident der Schweizer Großbank UBS ist. “Regulierung ist immer dann gefordert, wenn Transparenz aus Eigeninteresse nicht stattfindet.” Gerade in der nachhaltigen Geldanlage sei das Potenzial für eine freiwillige Offenlegung aber groß, argumentierte er. Wunschzettel an BerlinKonkrete Vorschläge für das nachhaltige Finanzwesen sollen nach dem Willen der Bundesbank bereits im kommenden Jahr vorliegen. Vorstandsmitglied Mauderer rief den Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung auf, innerhalb des kommenden Jahres konkrete umsetzbare Empfehlungen zu formulieren. Der mit Fürsprechern des nachhaltigen Finanzwesens besetzte Beirat hat im Juni seine Arbeit aufgenommen und vor zwei Wochen ein erstes Thesenpapier veröffentlicht. In der Finanzbranche ist das Gremium umstritten, da sich einige Verbände nicht angemessen vertreten fühlen.Landespolitiker trugen am Dienstag den Wunsch nach einer Vorreiterrolle des Bundes vor. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder solle die verwalteten Vermögen künftig gemäß nachhaltigen Kriterien anlegen, regte die badenwürttembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) an und forderte zugleich eine Verschärfung des Klimapakets. Ihr hessischer Amtskollege Thomas Schäfer (CDU) forderte mehr Engagement bei der Emission eines Green Bonds. “Der Bund muss dort einen Zahn zulegen.” Hessen wolle 2020 einen Green Bond vorbereiten, dem Bund komme aber eine Vorbildfunktion zu.