Nächste Runde bei Wirecard
Die parlamentarische Aufarbeitung des Wirecard-Skandals geht in die nächste Runde. Am Dienstag haben sich die Fraktionen im Bundestag auf den Termin für eine weitere Sondersitzung des Finanzausschusses zu dem Thema verständigt, bei dem es um Luftbuchungen in der Größenordnung von 1,9 Mrd. Euro geht, von denen sich neben Investoren und Gläubigern auch Wirtschaftsprüfer und Aufsicht in die Irre führen ließen. Bei der Commerzbank, die 2018 ausgerechnet von Wirecard aus dem Dax verdrängt wurde, hat das mit dazu beigetragen, dass der Konzern gestern seine Prognose für das Gesamtjahr kassieren musste, weil die von dem Zahlungsdienstleister in Anspruch genommene Kreditlinie nach der spektakulären Insolvenz Ende Juni im Feuer steht.Auch die politischen Folgen des Skandals sind derzeit schwer zu prognostizieren. Fest steht mittlerweile, dass am 31. August unter anderem Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), Vertreter des Bundeskanzleramts, der Bundesbank, der Finanzaufsichtsbehörde BaFin sowie der bayerischen Landesregierung vor dem Finanzausschuss Auskunft geben werden. Auch die Deutsche Börse und die Hessische Börsenaufsicht werden wohl eine Einladung zu der Sondersitzung erhalten, wie zu hören ist. Weil die Frageliste noch deutlich umfangreicher als die Einladungsliste ausfallen dürfte, haben sich die Obleute des Ausschusses zudem schon auf eine Fortsetzung der Sitzung am 1. September verständigt.Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der zusammen mit der von ihm beaufsichtigten Finanzaufsicht unter Leitung von BaFin-Chef Felix Hufeld wegen möglicher Versäumnisse der Behörde besonders unter Druck steht, hatte dem Finanzausschuss zusammen mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie Edgar Ernst, Präsident der Deutschen Prüfstelle für Rechnungswesen (DPR), bereits in der vergangenen Woche seine Sicht der Dinge dargestellt. Ihm verschafft der Termin für die nächste Sondersitzung etwas Luft, weil die Opposition sich nicht bereits auf die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses verständigt hat. Vertreter von FDP und Linke betonten am Dienstag allerdings erneut, dass sie die Einrichtung eines Ausschusses mit entsprechenden Sonderrechten für erforderlich halten.Ein Untersuchungsausschuss könnte sich Einsicht in alle relevanten Akten verschaffen und eigene Zeugen befragen. Für das nötige Quorum fehlt nur noch die Zustimmung der Grünen, da man mit der AfD keine gemeinsame Sache machen will. Die Partei mit Ambitionen für eine Regierungsbeteiligung ab 2021 hat zu dem Thema im Vergleich zu den Kollegen der anderen Oppositionsparteien bislang Zurückhaltung geübt. Das hat manchen politischen Beobachter schon zu der These verleitet, dass sich die Grünen mit Blick auf die Bundestagswahl als verlässlicher Partner für ein rot-rot-grünes Bündnis mit Scholz an der Spitze präsentieren wollen.Ein Untersuchungsausschuss dürfte sich bis tief in das Wahljahr 2021 ziehen, was die Aussichten von Scholz für eine erfolgreiche Spitzenkandidatur merklich dämpfen würde. Doch die Parteispitze der Grünen hat erst vor wenigen Wochen einen eigenen Führungsanspruch formuliert und auch gemessen an den Umfragen keinen Grund, sich hinter der SPD zu versammeln. Zwar verweisen auch die Grünen in der Diskussion auf das Timing für einen Untersuchungsausschuss – aber nur deshalb, weil er frühestens im Herbst starten könnte. So lange wolle man nicht auf Antworten warten, argumentieren die Grünen. Für die Sondersitzung des Finanzausschusses Ende August hätten sie sich deshalb ebenfalls einen früheren Termin gewünscht.——Von Stefan ParaviciniDer Finanzausschuss tritt Ende August zu einer weiteren Sondersitzung zu Wirecard zusammen. Was werden die Grünen danach machen?——