Sorge vor Ansteckung

Nervosität wegen Immobilienmärkten kehrt zurück

Die Nervosität wegen herausfordernder Entwicklungen an den Immobilienmärkten nimmt zu. Die Deutsche Pfandbriefbank (PBB) steht wegen hoher Rückstellungen für Kreditausfälle unter Druck.

Nervosität wegen Immobilienmärkten kehrt zurück

Nervosität wegen Immobilienmärkten kehrt zurück

Pfandbriefbank unter Druck – EZB schaut bei problematischen Gewerbeimmobilien-Krediten genauer hin

Bloomberg/dpa-afx/Reuters Frankfurt/Düsseldorf

Der Großaktionär der in den USA engagierten Deutschen Pfandbriefbank (PBB), die Essener RAG-Stiftung, behält die Entwicklung auf dem US-Immobilienmarkt im Auge. "Die Entwicklungen auf dem US-Immobilienmarkt beobachten wir sehr genau", erklärte die Stiftung am Freitag. Sie habe ihren Anteil an der PBB jüngst abgeschmolzen, fügte sie hinzu. Dieser sei von 4,5% auf weniger als 3% der Aktien gesunken. Die Schwelle von 3% sei am Donnerstag unterschritten worden. Zu Details wollte sich die Stiftung nicht äußern.

Sorge um US-Engagement

Sorgen um das US-Engagement des Immobilienfinanzierers hatten den Aktienkurs der PBB gedrückt. Am Freitagnachmittag notierten die im SDax enthaltenen Anteilsscheine mit einem Minus von über 3% bei 4,48 Euro. Am Donnerstag hatten sie ein Jahrestief von 4,45 Euro erreicht. Das Institut hatte versucht, Zweifel zu zerstreuen und mitgeteilt, dass der Refinanzierungsbedarf für 2024 weitgehend gedeckt sei.

Die Immobilienkrise hatte im vergangenen Jahr deutliche Spuren in den Bilanzen der Bank hinterlassen. Diese hat neben Deutschland auch die USA erfasst. Ein Geschäftsschwerpunkt der auf die Finanzierung von Investitionen in Gewerbeimmobilien spezialisierten PBB sind die USA.

Die Essener RAG-Stiftung soll mit ihrem Vermögen die Folgekosten des Steinkohlebergbaus abfedern helfen. Sie ist unter anderem Großaktionär beim Spezialchemiekonzern Evonik. Zuletzt hatte die Stiftung ihre Investitionen in den Signa-Konzern des Tiroler Investors René Benko komplett abschreiben müssen. Kerngesellschaften der Signa waren in die Insolvenz geschlittert. Zur Gruppe gehört unter anderem die Kaufhauskette Galeria.

Kapitalaufschläge möglich

Unterdessen droht die Europäische Zentralbank (EZB) Insidern zufolge Banken mit problematischen Gewerbeimmobilien-Krediten mit höheren Kapitalanforderungen. Dies gelte für den Fall, dass Institute die Risiken in diesem Geschäft nicht ausreichend im Griff hätten, hieß es am Freitag unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Die EZB beaufsichtigt 113 Banken in der Eurozone. In dieser Funktion lege sie nun mehr Gewicht auf die Risiken bei Gewerbeimmobilien, hieß es weiter.

Unter den Banken in der Europäischen Union sind Institute aus Deutschland, wie die PBB, und Frankreich besonders stark in Gewerbeimmobilien engagiert, geht aus Daten der europäischen Bankenaufsicht (EBA) hervor.

Warnung vor Ausfällen in Europa

Die Nervosität im US-Bankensektor in Bezug auf Gewerbeimmobilien, die Akteure wie New York Community Bancorp erschüttert, wird nach Einschätzung des Fondsmanagers Jonathan Golan von der Hedgefondsgesellschaft Man Group in London nicht auf die andere Seite des Atlantiks beschränkt bleiben. Zahlungsausfälle könnten auch in Europa drohen.

"Es gibt Teile des Marktes, die unserer Meinung nach in großen Schwierigkeiten stecken”, sagte Golan. Der Portfoliomanager überflügelte mit seinem Investment-Grade-Anleihefonds laut Bloomberg-Daten im vergangenen Jahr 99% der Vergleichsgruppe. "Es gibt mehr Banken, die unter die Lupe genommen werden, mehr Banken, die Verluste erleiden, und möglicherweise werden auf beiden Seiten des Atlantiks einige Banken in den Default geraten.”

Mit dem Kurssturz bei der New York Community Bancorp sind auch die Aktien der PBB und der japanischen Aozora Bank abgerutscht. "In Deutschland und Skandinavien sehen wir Engagement im Gewerbeimmobiliensegment als Prozentsatz des materiellen Eigenkapitals im Bereich von 400, 500, 600, 700%”, sagte Golan. “Wenn jede dieser Banken für jeden Dollar, den sie an Gewerbeimmobilien verleiht, eine Abschreibung von 15 Cent vornimmt – was ich nicht als Basisfall ansehe, aber als ein völlig vernünftiges Szenario –, sind diese Banken nicht nur nicht mehr Investment Grade, sondern auch insolvent.”

Erste Anzeichen

Es gab erste Anzeichen für eine mögliche Ansteckung auf breiterer Ebene: Anleihen deutscher Banken, die sich auf den Immobiliensektor spezialisiert haben, brachen diese Woche ein. Zuvor hatten Analysten von Morgan Stanley Kunden empfohlen, vorrangige Anleihen der PBB zu verkaufen. Die Pfandbriefbank hatte am Mittwoch mitgeteilt, angesichts des “anhaltend herausfordernden Marktumfelds” die Risikovorsorge im vierten Quartal 2023 weiter erhöht zu haben.

Auch Aareal stärker gefährdet

Bloomberg Intelligence ist der Ansicht, dass US-Gewerbeimmobilienkredite mit einem Anteil von 1% oder weniger an der Bilanzsumme keine wesentliche Bedrohung für europäische Großbanken wie die Deutsche Bank, HSBC und BNP Paribas darstellen, weist aber auf Risiken bei einigen Banken hin. “Die Aareal Bank mit einem Engagement von 16% und die Pfandbriefbank mit 10% sind stärker gefährdet, wobei die gerade angehobene Risikovorsorge der PBB für 2023 zeigt, dass die Schwäche des Immobilienmarktes noch nicht vollständig berücksichtigt ist”, hieß es in der Analyse.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.