Neue Infrastrukturanlage gewinnt an Fahrt
Infrastrukturfonds gewinnen an Fahrt
DWS und KGAL haben ein neues Fondsmodell lanciert, doch im Vertrieb gibt es noch Hürden
Von Thomas List, Frankfurt
Es gibt erst zwei, aber weitere sollen bald folgen: die offenen Infrastruktur-Sondervermögen. Dieses neue Fondsvehikel wurde im Rahmen des im August 2021 in Kraft getretenen Fondsstandortgesetzes in das Kapitalanlagegesetzbuch aufgenommen. Damit können Privatanleger mit kleinen Beträgen ab 25 Euro in Infrastruktur, insbesondere erneuerbare Energien, investieren.
Es dauerte allerdings zwei Jahre, bis der erste entsprechende Fonds aufgelegt wurde. Als Erste kam die DWS mit dem „Infrastruktur Europa“ im April 2023 an den Markt, allerdings nur für die Kunden der Deutschen Bank. Inzwischen wird der Fonds nach Angaben der DWS auch über die Postbank vertrieben. Weitere Vertriebspartner sollen folgen.
Wirtschaft transformieren
Ziel des DWS-Fonds ist es, sich an einer Transformation der Wirtschaft zu beteiligen. Der „DWS Infrastruktur Europa“ will in Energie (Erzeugung, Transport, Speicherung), Telekommunikation (etwa Glasfaserprojekte, Datencenter), Transport (Schiene, Straße) und soziale Infrastruktur (Schulen, Universitäten, Krankenhäuser) investieren. Rund 50% der Investments sollen im Bereich Energie liegen. Im August 2023 wurde ein erstes Engagement in den Solarpark Klettwitz Süd in Brandenburg eingegangen. Weitere Vorhaben befinden sich nach Angaben der DWS vom Jahresanfang in der Pipeline. Das Fondsvermögen erreicht derzeit 221 Mill. Euro.
Der „DWS Infrastruktur Europa“ steht neben privaten Sparern auch institutionellen Investoren offen. Sie „schätzen an unserem Fonds insbesondere die Möglichkeit, Anteile nach einer Mindesthaltefrist von zwei Jahren wieder zurückgeben zu können“, sagt Peter Brodehser, Partner Infrastructure Investments und Fondsmanager des „DWS Infrastruktur Europa“. „Hierdurch werden grundsätzlich illiquide Assets wieder in Teilen liquide gemacht.“
Großes Portfolio
Als Zweiter kam der Assetmanager KGAL mit einem solchen Infrastrukturfonds auf den Markt. Matthias Weber, Head of Sales Retail Business bei KGAL, hatte den Auftrag, erneuerbare Energien dem breiten Publikum zugänglich zu machen. „Wir haben lange nach einem passenden Vehikel gesucht“, sagt Weber. „Das offenen Infrastruktur-Sondervermögen ist analog zum offenen Immobilienfonds. Das kennt jeder.“ Die Mindesthalte- und Rückgabefristen wertet KGAL positiv.
Umgesetzt wurde das dann über Universal-Investment als Kapitalverwaltungsgesellschaft, die KGAL fungiert als Assetmanager. Das Genehmigungsverfahren bei der BaFin stellte sich als relativ aufwändig heraus, weil es einige Unterschiede zum offenen Immobilienfonds gibt. Das betraf laut Weber den neu zu programmierenden Orderweg und die Abwicklungsplattform insgesamt.
Eigentlich wollte die Gesellschaft im April des zurückliegenden Jahres so weit sein. Doch erst am 25. Oktober lag die Genehmigung der Finanzaufsicht BaFin vor. Im November floss erstmals Geld in den „KGAL Klimasubstanz“. Seit Mitte Dezember wiederum ist der Fonds auf einer großen Abwicklungsplattform gelistet und kann von Sparkassen verkauft werden. Daher ist vor Weihnachten erst ein fünfstelliger Betrag in den Fonds geflossen.
Ankaufspipeline vorhanden
Ein Sondervermögen kann bis zu 80% seiner Mittel in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren. Diese können zum Beispiel Kindergärten, Mautstraßen und Immobilien abdecken. Die KGAL will sich auf erneuerbare Energien wie Onshore-Windparks und Fotovoltaik (FV) konzentrieren.
Zur Auflegung im November hieß es, der Fonds habe sich eine Ankaufspipeline aus Wind- und Solarparks in Deutschland und Polen gesichert. Der erste Ankauf ist laut Weber für die kommenden Wochen geplant. Das Fondsvolumen soll mehrere hundert Millionen Euro betragen. „Für 2024 haben wir uns als Minimum 100 Mill. Euro an Mittelzuflüssen vorgenommen.“ Nach Bestandsassets in der Anlaufphase können dann auch Projektentwicklungen (Ready-to-build) beigemischt werden. „Wir streben 70% Bestand und 30% Projektentwicklungen an.“
Ein offenes Infrastruktur-Sondervermögen kann maximal 80% des Fondsvermögens in Projektgesellschaften investieren. 10% beträgt die Mindestliquidität. Die restlichen 10% will Weber in der Anfangsphase des Fonds ebenfalls liquide halten. „Wenn der Fonds gewisse Größe erreicht hat, legen wir die 10% entweder in Wertpapiere mit ESG-Bezug oder passende Immobilien an.“
Abstimmung fehlt noch
Größte Herausforderung ist für Weber, den Fonds zum Kunden zu bringen. „Für die freien Vermittler gibt es noch keine Abwicklungsplattform, auf der der Fonds gelistet ist.“ Er rechnet für Ende Februar 2024 mit der technischen Anbindung an eine Plattform. Auch die Genossenschaftsbanken könnten das Produkt noch nicht verkaufen. Weber konzentriert sich daher im Moment auf Sparkassen und Großbanken. „Die Programmierung insbesondere des Orderroutings wird sich teilweise bis Ende dieses Jahres hinziehen.“
Stolperstein sind die Rückgabe- und Kündigungsfristen. Bei den offenen Immobilienfonds gibt es eine Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft, nach der diese Fristen bei den depotführenden Stellen vorgehalten werden. Es herrscht weitgehend Konsens, dass dies auch analog für das offene Infrastruktur-Sondervermögen gilt. Für einen rechtssicheren Abwicklungsprozess muss die Verbändeerklärung aber formal um das Infrastruktur-Sondervermögen erweitert werden. Wie zu hören ist, läuft dazu eine Abstimmung zwischen den Verbänden. Wann diese abgeschlossen sein wird, ist offen.
Das offene Infrastruktur-Sondervermögen wurde 2021 im Rahmen des Fondsstandortgesetzes eingeführt und ähnelt dem offenen Immobilienfonds. Die ersten beiden Infrastrukturfonds wurden von DWS und KGAL aber erst im April und November 2023 aufgelegt. Weitere Fondsangebote sollen in Kürze folgen.
Wertberichtigt Seite 2