Neue Wege für die Vermögensverwaltung

Robo-Advisors sind inzwischen vollwertige digitale Wealth-Management-Plattformen

Neue Wege für die Vermögensverwaltung

Prof. Dr. Dirk BraunDeutschland-Leiter von investifyProf. Dr. Rüdiger von NitzschVerwaltungsratsmitglied der investify S.A. in LuxemburgExperten haben 2018 bereits zum “Jahr der Digitalisierung” ausgerufen, und die Anlagebranche zieht in großen Teilen mit: In den USA verwalten die beiden größten digitalen Vermögensverwalter bereits ein Volumen von ca. 6 Mrd. Euro, und in Großbritannien erlebten Plattformen in den vergangenen Jahren einen immensen Zuwachs. Auch Deutschland ist im Aufbruch – die digitale Vermögensberatung hierzulande hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche Entwicklung vollzogen: Beschränkte sich die Dienstleistung der ersten Generation der Robo-Advisors noch auf das einmalige Erstellen eines Portfolios, gibt es inzwischen auch vollwertige digitale Wealth-Management-Plattformen. Diese zeichnen sich durch individuelle und flexible Anlageoptionen aus, die dem traditionellen Angebot einer Filialbank gleichberechtigt gegenüberstehen.Denn Anleger können bei modernen digitalen Vermögensverwaltern nicht nur über die Schwerpunkte ihres Portfolios entscheiden. Es ist ihnen auch möglich, darüber zu bestimmen, inwiefern und wie weit sie selbst die Verteilung ihres Vermögens festlegen oder ob sie die Verantwortung ganz in die Hände des Vermögensverwalters geben möchten. Dazu bieten Plattformen der dritten Generation neben Themeninvestments aus verschiedenen Sektoren wie etwa Gold, alternde Bevölkerung oder Umwelt zudem Basisanlagen an, welche aus ETF-Portfolios bestehen und einer standardisierten Vermögensverwaltung ähneln. Darüber, wie oft der Kunde über die Entwicklung seines Portfolios informiert werden möchte, hat er die alleinige Entscheidungsgewalt. Bedürfnisse, Wertvorstellungen und Aversionen werden so direkt in seiner persönlichen Anlage widergespiegelt.Betrachtet man die Zukunft der Vermögensverwaltung, bieten digitale Vermögensverwalter außerdem einen entscheidenden Vorteil gegenüber klassischen Anlageberatern: Für die optimale Portfolio-Allokation brauchen selbst geschulte Berater unterstützende Tools, welche in die Plattformen von Anfang an integriert sind. Digitale Vermögensverwaltungen können zudem historische Kundendaten wie Transaktionen bei einem Online-Broker auswerten und auf Muster im Anlageverhalten untersuchen: Investiert der Kunde immer wieder in die gleichen Themen? Oder begeht er regelmäßig Anlagefehler? Hieraus lassen sich individuelle Empfehlungen für das Portfolio generieren.Doch der technische Vorteil geht einher mit der größten Hürde, die digitale Anlageplattformen überwinden müssen: Denn Vertrauen kann naturgemäß zu Menschen leichter aufgebaut werden als zu Maschinen. Um den Kunden das nötige Gefühl von Sicherheit zu geben, müssen reine Online-Anbieter dieses emotionale Gefälle durch eine höhere Transparenz und hohe Informationsdichte ausgleichen. An erster Stelle sollte daher das Ziel stehen, dem Kunden ein Verständnis für die fachlichen Zusammenhänge und dadurch ein Vertrauen in die digitalen Anbieter zu schaffen.Im Laufe der Zeit hat sich die digitale Vermögensverwaltung von der Generierung standardisierter Portfolios damit zu einer gleichberechtigten Option zur klassischen Beratung entwickelt: Die Anbieter der aktuellen Generation ermöglichen individuelle Portfolios, mit denen sich die Anleger identifizieren können. Wenn es den Plattformen gelingt, offene Fragen und Unsicherheiten auf ein Minimum zu reduzieren, können die digitalen Vermögensverwalter mit ihren Möglichkeiten die Branche auf Dauer revolutionieren und einen höheren Kundennutzen hinsichtlich der Analyse und Verwertung der Daten schaffen.