Nicht auch noch eine Brexit-Rechnung für Broker!
Kaum zu glauben, dass seit der Einführung von Mifid II schon wieder fast ein Jahr vergangen ist. Als wäre die Anpassung an diesen neuen Regulierungsrahmen nicht schon genug, hält der Brexit für Banken und Broker jetzt noch einmal neue Herausforderungen bereit. Vor allem im operativen Bereich droht eine Vielzahl von Änderungen. Jetzt, wo die meisten ihre neuen Mifid-II-konformen Research-Verträge fast fertig haben, könnte es sein, dass sie dank Brexit noch einmal von vorn anfangen müssen.Allem Getöse zum Trotz verlässt Großbritannien unserer Einschätzung nach die Europäische Union (EU) am 29. März 2019 geordnet im Rahmen eines Austrittsvertrags. Deshalb sollten alle Broker mit Sitz in Europa ihre Research-Verträge, die sie gerade erst an Mifid II angepasst haben, noch einmal im Hinblick auf die Anforderungen des britischen Brexit-Deals überprüfen. Gebührenstrukturen, steuerliche Auswirkungen, Budgets und Fakturierungspraktiken müssen alle auf den Prüfstand. Dabei dürften jede Menge Vertragsänderungen, neue Prozesse und Abläufe erforderlich werden. Doch Brexit-bedingte Bürokratie ist für europäische und britische Research-Häuser nur ein kleiner Teil eines deutlich größeren Problems.Wie wird sich die Geschäftsbeziehung zwischen britischen Research-Dienstleistern und Kunden in der EU verändern, wenn Großbritannien nicht mehr dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört? Seit der Einführung von Mifid II hat sich die Zahl der formalen Kontrahenten-Research-Verträge verzehnfacht. Wenn Großbritannien nach dem 29. März 2019 nicht zu 100 % die gleichen Research-Regeln und Steuersätze anwendet, wird es erheblich schwieriger, Research-Leistungen korrekt abzurechnen oder auf Käuferseite die Ausgaben exakt zu kalkulieren. Finanzmarktschwergewichte wie LCH (London Clearing House) haben bereits deutlich gemacht, dass die aktuell von der britischen Premierministerin geplante Gleichwertigkeit der Regulierung für Finanzdienstleistungen zu kurz greift und einen operativen Alptraum verursachen wird. Erbitterter PreiskriegAls wäre die Vorbereitung auf den Brexit nicht schon schwer genug, hat die Branche immer noch mit den Folgen der neuen Entflechtungsregelungen nach Mifid II zu kämpfen. Die Kunden mussten ihre Research-Anbieter überprüfen und in vielen Fällen die Kosten senken. Das hat unter den Brokern einen erbitterten Preiskrieg entfacht. Darunter leiden in der Regel vor allem mittelgroße Broker, während große Research-Häuser und kleine Spezialanbieter besser damit zurechtkommen. Aktuelle Untersuchungen von Greenwich Associates legen hingegen nahe, dass die spezialisierten Research-Anbieter von den aktuellen Änderungen nicht wirklich profitieren, das heißt: Die Gewinner sind vor allem die größeren Investmentbanken.Für die Anbieter von Research-Dienstleistungen, die noch mit der Anpassung an die Mifid-II-Marktstruktur beschäftigt sind, wird der Brexit-bedingte Bürokratieaufwand also wie gesagt nur ein kleiner Teil eines deutlich größeren Problems sein. Kaum haben die Broker ihre Abläufe auf Mifid II eingestellt, bringt der Brexit neue Unsicherheit. Wie LCH bereits deutlich gemacht hat: Research-Anbieter müssen sich auf alle Eventualitäten einstellen, ganz gleich ob der Austrittsvertrag letztlich Bestand haben wird oder nicht. Momentan lässt sich schwer abschätzen, wie groß die Abrechnungsschwierigkeiten bei jedem einzelnen Research-Vertrag sein werden. Aber wenn die Transparenzanforderungen nach Mifid II uneingeschränkt gelten und der Brexit tatsächlich kommt, sollten Broker wohl die nötigen Grundlagen schaffen, um alle Research-Vertragsprozesse souverän managen zu können.—-Daniel Carpenter, Head of Regulation bei Meritsoft