Nicht "grün" oder "öko", sondern Gebot der Vernunft

Eine gute Unternehmensstrategie verfolgt nachhaltige Ziele - Jeder Einzelne muss sein Handeln hinterfragen

Nicht "grün" oder "öko", sondern Gebot der Vernunft

Finanzen und Glaube – wie geht das zusammen? Auf den ersten Blick ist es kein Wunder, dass man zu diesem Thema einen Vertreter der Evangelischen Bank zu Wort kommen lässt. Aber auch wir Kirchenbanken sind zuallererst einmal Finanzinstitute, die den gleichen Marktbedingungen unterliegen wie ihre Wettbewerber und die eben auch Gewinn erzielen müssen, um zukunftsfähig zu bleiben. Und doch unterscheiden wir uns von zahlreichen Marktteilnehmern. Wir betreiben ein nachhaltiges, werteorientiertes Banking. Unser nachhaltiges Profil und unsere klare Orientierung an christlichen Werten sind wesentliche strategische Säulen unseres Geschäftsmodells. Die Bewahrung der Schöpfung ist für uns nicht nur eine dahingesagte Phrase, die sich für eine Kirchenbank ziemt, sondern Richtschnur unseres Handelns. Christliche Werte im FokusDer christliche Glaube sieht die Welt als Gottes gute Schöpfung. Wir Menschen haben den Auftrag, die Welt zu gestalten und die Schöpfung zu bewahren. Als Manager und evangelischer Christ heißt das für mich persönlich, an christlichen Werten orientiert zu handeln – und das jeden Tag.Wenn man die Entwicklungen in der Finanzwirtschaft beobachtet, so muss die Frage erlaubt sein: Folgen nicht einige Unternehmen zu strikt einem falschen Glauben, nämlich dem an die Eigenkapitalrendite, dem sogenannten Shareholder Value? Denn wie können zum Beispiel Quartalsberichte Aufschluss über den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens liefern? Die Zeiten der kurzfristigen Ausrichtung von Unternehmen und das Postulat der Wertsteigerung sind vorbei. Shareholder Value kann nie eine Strategie an sich sein, sondern nur das Ergebnis einer guten Strategie. Und die sollte sich an nachhaltigen Zielen orientieren.Es ist sicherlich eine Herausforderung, langfristige ökologische und soziale Ansprüche mit kurzfristigen finanziellen Anforderungen in Balance zu bringen. Viele sehen hier einen klassischen Zielkonflikt. Das Problem hierbei ist das Ziel der kurzfristigen Gewinnmaximierung.Hiervon distanzieren wir uns ausdrücklich als Kirchenbank. Für uns ist ein erfolgreiches Management ganzheitlich ausgerichtet, das heißt, alle Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Sozialethik – müssen integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein. Nachhaltigkeit darf nicht nur “nebenherlaufen”, sondern muss in allen Bereichen eines Unternehmens gelebt werden. Unter den BestenDass uns dies in der Evangelischen Bank gelingt, bestätigt das Ratingergebnis der Münchener Ratingagentur oekom research mit “B+”. Mit dem “Prime-Status” wurden wir im oekom Corporate Rating im Juni 2017 unter den Besten der gesamten Finanzbranche eingestuft. Deutschlandweit konnte bislang nur ein weiteres nachhaltig ausgerichtetes Finanzinstitut den entsprechenden Status erlangen.Leitend ist für uns immer schon aus christlicher Überzeugung ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit dem uns anvertrauten Geld im Kontext einer verantwortlichen Unternehmenskultur. Auch als Kirchenbank müssen wir für unsere Mitglieder und Kunden Renditen erwirtschaften, dabei kann es aber niemals um maximalen Gewinn gehen. Kirchliches Geld soll den Menschen und besonderen sozialen Zwecken dienen, es darf kein Selbstzweck sein.Die Frage, wie unsere Finanzwelt nachhaltig, verantwortungsvoll, zukunftsfest und fair gestaltet werden kann, treibt heute viele Menschen um – auch jenseits des innerkirchlichen Diskurses. Für uns ist sehr deutlich erkennbar, dass die aufgeführten Kriterien privaten wie institutionellen Kunden der Bank immer wichtiger werden. Aber auch bei einem breiteren Publikum finden “Green Finance” und die Berücksichtigung von guter Unternehmensführung und sozialen Aspekten immer größere Resonanz.Sicher, es bleibt noch viel zu tun. Wir als Evangelische Bank gehen den eingeschlagenen Weg aber unbeirrt und konsequent weiter. Fest steht, dass Nachhaltigkeitsaspekte in der Finanzwirtschaft inzwischen zu einem wichtigen Querschnittsthema avanciert sind. Und für die Evangelische Bank lässt sich sagen: nicht etwa aus dem Grund, um Reputationsrisiken zu vermeiden und Imagepflege zu betreiben. Nein, es geht uns um die Sache selbst. Kein “Gutmenschentum”Als größte deutsche Kirchenbank mit Kunden in Kirche, Diakonie sowie Gesundheits- und Sozialwirtschaft agieren wir sehr bewusst vor dem Hintergrund eines christlichen Werteverständnisses. Verantwortung, Solidarität und Wertschätzung sind für uns ebenso leitend wie die Bewahrung der Schöpfung und ein partnerschaftliches, respektvolles Miteinander mit unseren Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern.Nachhaltigkeit ist unserer Überzeugung nach keineswegs Ausdruck von “Gutmenschentum” oder naiver Weltverbesserei. Sie ist vielmehr Ausdruck eines zeitgemäßen und professionellen Geschäftsgebarens mit ethischem Kompass. Nachhaltigkeit ist ein Gebot der Stunde, das eine über ideologische Lager hinausreichende Bedeutung besitzt. Bewusst Zeichen setzenWir setzen bewusst Zeichen, damit der Stellenwert der Nachhaltigkeit in der Finanzwelt weiterhin an Bedeutung gewinnt. Jeder Einzelne ist aufgerufen, den eigenen Umgang mit seinen Rücklagen zu hinterfragen: Wohin fließt das investierte Geld? Dienen meine Geldanlagen Menschen beziehungsweise einem guten Leben? Stiftet mein Geld Sinn? Oder wirken die Geldanlagen im schlimmsten Fall kontraproduktiv – etwa mit Blick auf die Lebensbedingungen anderer in unserer Gesellschaft oder hinsichtlich der Zukunft nachfolgender Generationen? Ein hoher AnspruchEinige Aspekte nachhaltiger Finanzwirtschaft möchte ich an dieser Stelle akzentuieren. Ehrlicherweise muss man eingestehen, dass es sich um einen hohen Anspruch handelt, der sich in der Praxis nicht immer vollumfänglich einlösen lässt. Noch nicht. Damit sich das ändert, müssen wir Argumente austauschen und die Debatte mit unseren Mitstreitern vorantreiben. In diesem Prozess sind wir bereits weit vorangekommen.Wenn man nach dem heutigen Stellenwert nachhaltiger Investments fragt und nachhakt, ob die genannten Kriterien wirklich allen Kunden wichtig sind, muss man realistisch sagen: bei weitem noch nicht. Aber wir sind mit unseren Netzwerkpartnern, allen voran den Kirchen, den Pensionskassen und den Versorgungswerken, auf einem guten Weg. Das Interesse an derartigen Produkten ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen.Immer mehr kirchliche Institutionen, Leitungsgremien und Geschäftspartner erarbeiten mit unserer Unterstützung und auf Basis unserer Expertise Nachhaltigkeitsrichtlinien für ihre Geldanlage und verschärfen Ausschlusskriterien. Das bietet Orientierung in einem fairen und nachhaltigen Anlageuniversum und schafft zugleich Sicherheit. Der unter Mitarbeit der Evangelischen Bank im Jahr 2016 bereits in 3. Auflage erschienene EKD-Text 113 “Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche” belegt das ebenso wie unser überarbeiteter Nachhaltigkeitsfilter.Und um einem sorgsam gepflegten Vorurteil entgegenzuwirken: Geldanlage mit Sinn und Rendite schließen sich keineswegs aus. Maximaler Profit und faires, nachhaltiges Banking aber sehr wohl. Aus unserer werteorientierten Sicht als Kirchenbank muss Geld den Menschen dienen und unserer Mitwelt, nicht dem Mammon. Zeit und Pioniere notwendigIn jüngerer Zeit ist mit Blick auf Nachhaltigkeit verstärkt von Green beziehungsweise Social Impact Investment die Rede. Gemeint sind damit Geldanlagen und Investitionen, die den sozialen Wandel etwa in den Entwicklungsländern aktiv vorantreiben oder zu mehr Nachhaltigkeit beitragen – etwa durch Investitionen in erneuerbare Energie. Das ist eine gute Sache. Allerdings sind die sozialen oder ökologischen Auswirkungen nicht immer sofort klar zu belegen. Das darf uns aber nicht daran hindern, das anspruchsvolle Ziel einer fairen, nachhaltigen und an Werten orientierten Finanzbranche aus dem Blick zu verlieren. Der Transformationsprozess braucht Zeit – und er braucht Pioniere. Die Evangelische Bank ist stolz, mit ihren kirchlich-diakonischen Netzwerkpartnern dazuzugehören. Schöpfung bewahrenNachhaltigkeit ist heute ein reichlich strapazierter Begriff. Nicht selten wirkt er wie bis zur Unkenntlichkeit glattgewaschen, das “Greenwashing” von Unternehmen steht zu Recht in der Kritik. Andere wiederum halten Nachhaltigkeit gar für die säkulare Religion des 21. Jahrhunderts. Ich plädiere dafür, den Anspruch ruhig etwas niedriger zu hängen, aber in der Sache nicht lockerzulassen. Als Kirchenbank geht es uns mit unseren Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern um die Sache selbst. Denn für uns Christen entspricht Nachhaltigkeit im Wesentlichen dem biblischen Gebot der Bewahrung der Schöpfung.Das klingt reichlich herausfordernd. Nachhaltigkeit allein rettet nicht die Welt. Aber sie hilft als Kriterium und Zielvorgabe mit, unsere Erde ein Stück besser zu machen. Im Kern geht es um mehr als die Zukunft der Finanzwirtschaft. Angesichts von Klimawandel und Raubbau an der Natur geht es um unsere künftigen Lebensgrundlagen – und damit um unser aller Zukunft. Sich das klarzumachen ist nicht “grün” oder “öko”, sondern ein Gebot der Vernunft und Einsicht des gesunden Menschenverstandes.—Thomas Katzenmayer, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Bank eG