LEITARTIKEL

Noch eine Chance

Die Nord/LB muss nicht abgewickelt werden. Da die EU-Kommission dem von den Altträgern und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vereinbarten Konzept zur dringend erforderlichen Kapitalstärkung und zum Umbau des von der Schifffahrtskrise...

Noch eine Chance

Die Nord/LB muss nicht abgewickelt werden. Da die EU-Kommission dem von den Altträgern und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vereinbarten Konzept zur dringend erforderlichen Kapitalstärkung und zum Umbau des von der Schifffahrtskrise schwer getroffenen Instituts aus Hannover nun zugestimmt hat, bleibt eine weitere Bereinigung auf Ebene der Landesbanken aus.Die Option einer Beteiligung privater Akteure hatten die bisherigen Eigentümer Anfang des Jahres verworfen. Anders als im Fall der ebenfalls von maritimen Turbulenzen gebeutelten HSH Nordbank, die Hamburg und Schleswig-Holstein 2018 nach ultimativer Aufforderung durch die Wettbewerbsbehörde veräußerten, befindet sich die Nord/LB auch künftig mehrheitlich im Landesbesitz. Doch mehr denn je stellt sich die Frage, ob diese Bank, die in der Vergangenheit mit notorisch dünner Kapitaldecke operierte, auf Dauer aus eigener Kraft am Markt bestehen kann.Für die Sparkassengruppe, vor allem aber für Niedersachsen, das die zum Jahresabschluss vorgesehene Kapitalstärkung von 3,6 Mrd. Euro überwiegend trägt, steht viel auf dem Spiel. Das Land muss darauf hoffen, dass sich der Geschäftsplan der Nord/LB, die bis 2024 kräftig schrumpfen und sich regional fokussierter sowie risikoärmer aufstellen soll, als so robust erweist, wie er in der Darstellung die EU-Kommission offenbar überzeugte. Das Milliarden-Investment soll sich aus Dividenden tragen, die von der Landesbank nach Rückkehr in die Gewinnzone vom Geschäftsjahr 2022 an erwartet werden. Beschränkender Faktor dabei ist jedoch nicht nur, dass durch die Ausschüttung von Gewinnen die nun angestrebte Kernkapitalquote von 14 % nicht in Gefahr geraten darf. Die Nord/LB muss erst einmal beweisen, dass sie dauerhaft ausreichend profitabel ist – und Erwartungen nicht rasch wieder von der Realität überholt werden.Zwar gibt die angeschlagene Landesbank die Problemsparte Shipping nun vollständig auf. Doch in Anbetracht einer zementierten Null- und Negativzinslandschaft in Europa, der abflauenden Konjunktur in Deutschland und des beinharten Wettbewerbs in einzelnen Geschäftsfeldern sollte gerade in Hannover vermeintlich profitables Neugeschäft nicht schnell wieder zu einer Häufung von Wertberichtigungen führen. Wie schwer sich derzeit Prognosen einhalten lassen, die gerade einmal zwölf Monate alt sind, zeigt ausgerechnet die frühere HSH Nordbank. Der nun als Hamburg Commercial Bank firmierende und vor allem in Nischen tätige Spezialfinanzierer bremst sein Neugeschäft und muss noch mehr Personal abbauen als Ende 2018 erwartet, damit er seine Renditeziele noch erreichen kann.Dass Ausrichtung und Geschäftsplan der Nord/LB aufgehen, ist für Niedersachsen auch deshalb wichtig, weil das Land Risiken mit Milliardengarantien abschirmt. Zwar verweist der Landesfinanzminister und Aufsichtsratsvorsitzende Reinhold Hilbers darauf, dass im Zuge der Kapitalstärkung kein Steuergeld fließe. Aus dem Schneider sind die Steuerzahler damit aber nicht. Das mit der europäischen Bankenunion verbundene Versprechen, dass es Bankenrettungen in Zukunft nicht mehr durch Steuergelder geben soll, ist mit der neuen Lösung für die Nord/LB noch nicht erfüllt.Die Landesbank, die eine marktübliche Vergütung der Garantien leisten muss, will 2024 eine Eigenkapitalrendite von 8 % erreichen. Solche Niveaus hält man in anderen deutschen Großbanken derzeit für Traumvorstellungen. Zwar hat auch die Nord/LB neben Effizienzsteigerungen durch Senkung der Kostenbasis die Möglichkeit, durch die Trennung von Geschäftsbereichen Kapital freizusetzen. Aber die Idee etwa, nun eine Ertragsperle wie den Gewerbeimmobilienfinanzierer Deutsche Hypo zu verkaufen, bereitet den maßgeblich Beteiligten doch hörbar Unbehagen.Bei der Genehmigung einer Umstrukturierungsbeihilfe von 3,3 Mrd. Euro zur Deckung der Nord/LB-Kapitalanforderungen stellte die EU-Kommission 2012 fest, dass die Bank am Ende der Umstrukturierung eine angemessene Eigenkapitalrendite erzielen werde. Es kam anders. Darauf, dass auch aktuelle Einschätzungen bald Schall und Rauch sein könnten, stellen sich die involvierten Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im Staatsvertrag mit der Erweiterung und Konkretisierung der Möglichkeiten für einen Rechtsformwechsel und Zusammenschluss richtigerweise ein. Die Nord/LB erhält mit der Kapitalstärkung noch eine Bewährungschance. ——Von Carsten SteevensErwartungen im Zuge der neuen Nord/LB-Kapitalstärkung könnten bald wieder Schall und Rauch sein. Darauf stellen sich die Träger richtigerweise ein.——