„Nötig ist eine Transformations-Taxonomie“
Im Gespräch: Kristina Jeromin
„Nötig ist eine Transformations-Taxonomie“
Die Geschäftsführerin des Green and Sustainable Finance Cluster über Bedingungen des nachhaltigen Umbaus
Das Potenzial der Finanzbranche im Rahmen einer nachhaltigen Transformation wird nur unzureichend gehoben, lautet die Einschätzung der Geschäftsführerin des Green and Sustainable Finance Cluster Germany.
Von Detlef Fechtner, Frankfurt
Die Politik muss nach Meinung der Geschäftsführerin des Green and Sustainable Finance Cluster Germany, Kristina Jeromin, die Möglichkeit schaffen, dass Finanzierungen genau dann taxonomiekonform sind, wenn sie dazu beitragen, ein Unternehmen nachhaltig zu entwickeln. „Wir brauchen also keine statische Festlegung, was konform ist und was nicht, nötig ist vielmehr eine Transformations-Taxonomie“, sagt sie im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Jeromin ist sowohl Geschäftsführerin des Clusters als auch Mitglied des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung. Einige Jahre lang war sie Head of Group Sustainability der Deutschen Börse.
Die nachhaltige Umgestaltung der Wirtschaft könne nur gelingen, wenn es verbindliche Transfomationspfade gebe. Sie „verwandeln Ziele in planbare Rahmenbedingungen“. Zudem seien Kriterien erforderlich, um zu messen, welches Unternehmen auf diesen Transformationspfaden in welchem Tempo vorankomme. Jeromin verweist auf das Beispiel Gas: „Die Politik muss einen Horizont geben, wann Deutschland aus Gas rausgeht.“ Dabei reiche es nicht, bestimmte Energieträger per heute für nachhaltig oder nicht nachhaltig zu erklären. Notwendig seien vielmehr Kriterien, die den Übergang messbar machen. Sie sei überzeugt, sagt Jeromin, dass das Potenzial der Finanzbranche im Rahmen der nachhaltigen Transformation noch nicht ausreichend identifiziert, geschweige denn genutzt werde.
Das Green and Sustainable Finance Cluster ist ein Zusammenschluss von Finanzmarktakteuren, die, wie die Geschäftsführerin es formuliert, nicht unbedingt erst auf Regulierung und Politik warten wollten. „Im Cluster strukturieren wir zum Beispiel gerade den Dialog zwischen Kunden und Finanzinstituten.“ Eine Bank müsse verstehen, wo ein Privathaushalt bei der energetischen Sanierung seines Hauses stehe oder ein Unternehmen beim klimaschonenden Umbau seines Geschäfts. Aber gerade bei diesem gegenseitigen Verstehen gebe es noch Luft nach oben.
Die Taxonomie benachteilige kleine Firmen, merkt Jeromin kritisch an. Taxonomiekonform könnten derzeit nämlich nur Finanzierungen für Unternehmen sein, die nach der einschlägigen EU-Vorgabe (CSRD) berichtspflichtig sind. Alle Finanzierungen in nachhaltige Vorhaben von kleinen Mittelständlern fielen hier raus. Die finanzierende Bank dürfe diese Investments nicht in ihrer Green Asset Ratio berücksichtigen, wohl aber Investments in Gas und Atom. „Das kann doch nicht sein“, meint Jeromin.