Notenbank-Ergebnis weckt Begehrlichkeiten

UBS-Chefökonom legt SNB Verteilungsplan nahe

Notenbank-Ergebnis weckt Begehrlichkeiten

dz Zürich – 54 Milliarden – der jüngste Jahresgewinn der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bricht alle Rekorde. Das Ergebnis entspricht der Wirtschaftsleistung, welche die rund 3,5 Millionen Einwohner der baltischen Länder Estland und Lettland im Jahr 2016 erarbeitet haben. Auch für die ungleich reichere Schweiz sind 54 Mrd. sfr eine ungeheure Summe. Umso mehr mag es erstaunen, dass sich das Land nicht längst über die Verteilung der Gewinne zerreißt.Die spärlichen parlamentarischen Anfragen weist die Regierung (Bundesrat) mit den immer gleichen Argumenten der Nationalbank zurück. So erging es im November auch dem sozialdemokratischen Abgeordneten Carlo Sommaruga aus Genf. Dieser wollte von der Regierung wissen, ob es für die überschüssigen Reserven keine bessere Verwendung gäbe, als das Kapital in der Nationalbank zu horten. Aus den hohen Devisenreserven dürfe nicht gefolgert werden, dass diese teilweise “überflüssig” seien und für andere Zwecke außerhalb der Geldpolitik eingesetzt werden könnten, musste sich Sommaruga belehren lassen. Die SNB müsse handlungsfähig bleiben, um gegebenenfalls in einem veränderten geldpolitischen Umfeld die Bilanzexpansion rückgängig machen zu können. Deshalb müsse sie vollen Zugriff auf ihre Devisenreserven haben, stellte der Bundesrat klar.Die Sozialdemokraten sind mit ihrer Kritik und mit ihren Vorschlägen für die Schaffung eines Staatsfonds in der Minderheit. Doch aufgeben wollen sie nicht. Ihre Abgeordnete Susanne Leutenegger-Oberholzer sieht viele Möglichkeiten, wie sich das Nationalbank-Geld besser einsetzen ließe: zum Beispiel zur Finanzierung der überbordenden Krankenkassenprämien oder Stützung der staatlichen Altersversicherungen. Politischer Druck wächstDieser politische Druck wird zunehmen, je offenkundiger die großen finanziellen Löcher im Vorsorge-, Sozial- und Gesundheitssystem werden, prophezeit UBS-Chefökonom Daniel Kalt. Nach seiner Auffassung wäre es fatal, wenn sich das Parlament dereinst dazu verleiten ließe, die Reserven kurzfristig so zu verteilen, dass sie nur einer Generation zugutekämen. Notwendig sei vielmehr ein langfristig angelegter Plan, wie die Reserven sinnvoll eingesetzt werden könnten. Eine Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sich die Nationalbank selber auf eine solche Diskussion einlasse. Die Nationalbank sollte sich auf eine Quote festlegen, welche die Grenze zwischen überschüssigem und fehlendem Eigenkapital definiert. So könne sie potenziell für die Volkswirtschaft schädlichen politischen Begehrlichkeiten den Wind aus den Segeln nehmen, argumentiert Kalt.Der Waadtländer Wirtschaftsprofessor und Nationalbank-Kenner Philippe Bacchetta (Uni Lausanne) meint, dass die SNB kaum um eine Verteilungsdebatte herumkommen werde. Die Ausschüttung von 2 Mrd. sfr scheine gering, gemessen an einem Gewinn von 54 Mrd. sfr. Es sei an der Zeit, nun auch Gespräche über eine höhere Ausschüttung zu führen.