Notenbank fürchtet Brexit

Britische Aufsicht stuft möglichen EU-Austritt als kurzfristig größtes Risiko ein

Notenbank fürchtet Brexit

Die Bank of England sorgt für einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens vor. Sie warnt vor einer Schwächung der Währung und höheren Kreditkosten – und aktiviert erstmals den antizyklischen Kapitalpuffer, den Banken einhalten müssen.gho London – Die britische Notenbank sieht im Referendum Ende Juni über einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) ein Risiko für die Finanzbranche. “Das EU-Referendum ist das größte Risiko für die Finanzstabilität in der kurzen Frist”, sagte Andrew Bailey, einer der Vizedirektoren der Bank of England. Im Falle einer Zustimmung kann es laut dem finanzpolitischen Ausschuss der Notenbank zu einer Phase der Unsicherheit und damit zu erhöhtem Risiko kommen. Der Ausblick für die Finanzstabilität hat sich demnach seit November verschlechtert. Die Unsicherheit hat sich laut Notenbank bereits in einem schwächeren Außenwert des Pfund und am Derivatemarkt gezeigt. Wenn es zu einem Austritt kommen sollte, könnte sich die Risikoprämie erhöhen, die Investoren verlangen, um britische Vermögenswerte zu halten. Dadurch würde das Pfund laut Prognose weiter unter Druck kommen. Die Kreditkosten für britische Schuldner würden sich verteuern.Großbritannien weist ein erhebliches Defizit in der Leistungsbilanz auf. Um dieses zu finanzieren, ist das Land auf einen Zustrom von Anlagegeld und Direktinvestitionen angewiesen. Diese könnten im Falle eines Brexits spärlicher fließen. Außerdem wäre durch einen Austritt auch der Rest der EU wirtschaftlich betroffen, so die Prognose. Trotz widriger Aussichten hat der Ausschuss Vertrauen in die britischen Banken: In einem Stresstest vor zwei Jahren waren ähnliche Bedingungen wie unter einem möglichen Brexit angenommen worden. Das Bankensystem hatte sich damals in der Simulation als widerstandsfähig erwiesen. Zudem haben die Institute ihre Kapitalbasis weiter gestärkt. Die Bank of England hat bereits Anfang März mitgeteilt, zusätzliche Geldmittel in der Zeit des Referendums bereitzustellen. Puffer wird aufgestocktDie Notenbank setzte am Dienstag auch um, was vor wenigen Monaten angedeutet worden war: Sie hob den antizyklischen Kapitalpuffersatz von 0 % auf 0,5 % der risikogewichteten Aktiva an. Die Änderung tritt zum 29. März 2017 in Kraft. Die Puffer gelten für britische Banken und Bausparkassen sowie für Töchter anderer Institute aus der EU, die auf der Insel Kredite vergeben. Der Puffersatz könnte sich später schrittweise auf einen Prozentpunkt erhöhen, sofern sich die Lage nicht bessert.Die Kapitalanforderungen für den Großteil der Banken sollen aber nicht erhöht werden, weil im Gegenzug andere Erfordernisse wegfallen. Das System insgesamt wird laut Notenbank aber transparenter. Die Aufsichtsbehörde Prudential Regulation Authority, die Teil der Notenbank ist und von Bailey geführt wird, kündigte eine Verschärfung der Anforderungen bei der Hypothekarvergabe für Privatpersonen an, die Wohnimmobilien weitervermieten. Zudem stellte die Bank of England die Elemente des nächsten Stresstests vor, der Ende des Jahres veröffentlicht werden soll. Im Krisenszenario soll die weltweite Wirtschaft ähnlich wie zur Zeit der Finanzkrise schrumpfen.