NRW-Justizminister grätscht Cum-ex-Chefermittlerin rein
Streit um Kölner
Cum-ex-Ermittler
ak/dpa Düsseldorf
Es ist eine äußerst umstrittene Entscheidung: NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hat am Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags bestätigt, die Cum-ex-Abteilung der Kölner Staatsanwalt umstrukturieren zu wollen. Die Hauptabteilung H, die von Chefermittlerin Anne Brorhilker geführt wird, soll aufgeteilt werden.
Limbach wehrte sich gegen den Vorwurf, Brorhilker damit entmachten zu wollen. Es gehe um Entlastung, sagte er. „Es ist für einen zu viel. Es geht darum, die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen und zu vermeiden, dass die Taten verjähren. Das ist meine Sorge.“ Deswegen habe er dem Vorschlag des Chefs der Kölner Staatsanwaltschaft am vergangenen Freitag zugestimmt, die Hauptabteilung, die sich um die 120 Cum-ex-Ermittlungsverfahren mit 1.700 Beschuldigten kümmert, in zwei Hauptabteilungen aufzuteilen und einen zweiten Leiter zu benennen.
Limbach räumte ein, dass sich der zuständige Kölner Generalstaatsanwalt gegen die Umstrukturierung ausgesprochen habe. Dieser habe Zweifel an der erhofften Wirkung und schließe eine Schwächung der Arbeit nicht aus. Auch Limbachs Parteifreund Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, kritisierte die Pläne in einem Statement scharf: Der Justizminister habe der Aufklärung von Cum-ex einen schweren Schlag versetzt.
Gerhard Schick, Finanzwende„Ein Knüppel zwischen die Beine der ermittelnden Staatsanwälte“
„Die Staatsanwältin Anne Brorhilker hat deutschlandweit viele Banker und Anwälte, die an einem der größten Steuerdiebstähle der Geschichte beteiligt waren, das Fürchten gelehrt. Dass sie jetzt viele Fälle an einen in Materie und Rechtsgebiet unerfahrenen Juristen abgeben soll, ist ein Knüppel zwischen die Beine der ermittelnden Staatsanwälte. Konflikte und Verzögerungen sind hier vorprogrammiert.“ Laut Medienberichten soll ein Jurist aus dem Düsseldorfer Justizministerium, der bislang das Referat für Jugendstrafrecht leitete, die neue Hauptabteilung leiten. Schick befürchtet, dass jetzt diejenigen wieder die Oberhand bekommen, die viele Verfahren gegen Geldbuße einstellen wollen.
Der ebenfalls skeptische Generalstaatsanwalt hatte laut Limbach lieber abwarten und die Situation beobachten wollen. Er sei jedoch anderer Ansicht, sagte Limbach. „Am Ende schadet es dem Ansehen des Rechtsstaats gerade dann, wenn die Verfahren wegen der langen Laufzeit zu nur noch geringen Strafen führen oder in die Verjährung laufen. Dieser Gefahr dürfen wir uns auf keinen Fall aussetzen.“
Limbach hatte Mitte August im Rechtsausschuss des Landtags die Kölner Staatsanwaltschaft scharf kritisiert. Dabei ging es um die zögerliche Herausgabe von Cum-ex-Unterlagen an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg. Das Justizministerium sei teilweise zu spät oder gar nicht informiert worden.
Am Mittwoch führte der NRW-Justizminister aus, dass sein Haus erst auf mehrfache Nachfrage erfahren habe, dass in Köln dazu Unterlagen im Umfang von 100.000 Kartons lagern. Inzwischen sei auch das Email-Postfach des ehemaligen Ersten Bürgermeisters von Hamburg freigegeben worden, sagte Limbach. Dabei handelt es sich um die damaligen Emails von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Der Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft hatte mitten im Streit um die Akten seinen Job quittiert und angekündigt, in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Seit dem 1. August gibt es einen neuen Leiter.