Nur für robuste Nerven
Die Anlageklasse Kryptowährungen ist noch unreif. Im Vergleich zu Ucits-Fonds fehlt es an massentauglich regulierten Produkten. Bis sich daran etwas ändert, dürfte es auch noch dauern. Von Dietegen MüllerZu den derzeit schwankungsreichsten Anlagemöglichkeiten zählen sogenannte Kryptowährungen, deren bekannteste Vertreter Bitcoin und Ethereum sind. Obwohl diese “Zahlungs-Token” in den meisten Ländern nicht als gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel gelten und eher als Hort für Fluchtgeld oder zur Verschleierung krimineller Geschäfte geeignet zu sein scheinen, haben Kryptowährungen in den Augen einiger Vermögensverwalter ihren Reiz, da sie unkorrelierte Renditen versprechen. Attraktiv wirkt auch, dass Kryptowährungen als eine Art Alternative zu Zentralbankgeld gehandelt werden. Empirisch betrachtet sind Bitcoin & Co. als Diversifikationsinstrument nur bedingt geeignet: Während des Kursrutsches an den globalen Aktienmärkten im vierten Quartal 2018 ist auch der Bitcoin-Kurs stark unter Druck geraten und hat sich fast halbiert. Die ausgeprägte Volatilität ist ungeeignet, Bitcoin & Co. zu einem “safe-haven asset” zu machen. Risikofreude wurde aber bisher belohnt: Wer Anfang 2015 Bitcoin gekauft hat, steigerte den Einsatz trotz aller Schwankungen um rund 3 200 %, während der US-Aktienmarkt zeitgleich nur knapp 45 % zugelegt hat. Die Aussicht auf hohe Gewinne schafft trotz der zwischenzeitlichen Einbrüche weiterhin eine gewisse Nachfrage nach Krypto-Anlagen, wie auch durch die von der Börse Stuttgart beziehungsweise von Euwax betriebene Kryptowährungs-Handelsplattform Bison bestätigt wird (vgl. Interview). Dass im Segment der Kryptowährungen nicht nur heiße Luft im Spiel ist, belegen die Initiativen des US-Fondsgiganten Fidelity oder der Börsenbetreiber CME und Intercontinental Exchange (ICE). Während Fidelity eine Verwahrlösung anbietet, hat CME einen Bitcoin-Future aufgelegt, und ICE wird über ihre Tochter Bakkt ab September ebenfalls einen Bitcoin-Future anbieten, der allerdings im Unterschied zum CME-Kontrakt auch eine physische Lieferung in Bitcoin ermöglicht. Für Anleger in Europa ist die Zahl der Produkte auf Kryptowährungen bisher aber überschaubar. Im Retail-Markt sind bislang keine börsengehandelten Produkte zugelassen, die von der Regulierung her mit den üblichen Anlagefonds (Ucits) mithalten könnten. Bereits lange im Markt sind die Tracker von XBT Provider, einem schwedischen Anbieter, der nicht nur auf Bitcoin, sondern auch auf Ethereum und Litecoin sowie Ripple (XRP) Zertifikate anbietet. Dabei wird der Preis synthetisch nachgebildet, das heißt physisch oder über Derivate, und der Investor geht ein Gegenparteirisiko mit Coinshares (Jersey) ein, dem Garanten für die Zahlungsverpflichtung. XBT Provider gehört Global Advisors, die laut eigenen Angaben auch den ersten regulierten Crypto-Hedgefonds aufgelegt hat. In Frankreich hat der Smart-Beta-Pionier Tobam ebenfalls einen Krypto-Fonds ausstehend, in Deutschland wird über Postera ein Kryptofonds vertrieben, der eine Zulassung aus Liechtenstein mitbringt. Anders als bei den Bitcoin- und Ethereum-Zertifikaten sind diese Fonds aber nur für qualifizierte Anleger zugänglich.Für den Retail-Anleger einfacher erreichbar und auch weniger verschachtelt sind die Bitcoin- und Ripple-Zertifikate der Schweizer Privatbank Vontobel, die wie die XBT-Papiere in Deutschland handelbar sind. Hier ist die Gegenpartei Vontobel, es gibt auch Knock-out-Produkte. Bei den zeitlich oder beim Kursniveau begrenzten Papieren will der Einsatz gut überlegt sein. Angesichts der großen Kursschwankungen haben etwa die Short Mini Futures auf Bitcoin bereits im April ihr Stop-Loss-Level erreicht und sind verfallen. Beim Crypto Basket Index des Schweizer Anbieters Amun wiederum besteht die Möglichkeit, gleich auf einen ganzen Korb an Kryptowährungen zu setzen. Allerdings handelt es sich um ein kaum reguliertes Investment und ist nicht mit Ucits-Fonds vergleichbar. Wie bei den Zertifikaten von XBT Provider und Vontobel handelt es sich um eine Schuldverschreibung mit Gegenparteirisiko. Nach wie vor fehlt es im Bereich der Krypto-Assets aber an massentauglich regulierten Produkten. In Deutschland dürfte im Bereich der Schuldverschreibungen nun etwas Fahrt aufkommen, da eine Gesetzesänderung die Dematerialisierung von Anleihen und damit deren “Digitalisierung” möglich machen soll. Aktienseitig ist hier aber vorerst nichts zu erwarten. Mehr Musik dürfte in den Krypto-Asset-Bereich kommen, wenn durch eine Digitalisierung oder “Tokenisierung” auch andere, bisher wenig liquide oder für Private bislang nicht zugängliche Vermögenswerte erschlossen werden (vgl. Interview). Zu wenig vertrauenswürdigIm Kryptowährungsmarkt dürften die USA den Taktgeber spielen, sofern ihr nicht die EU zuvor kommt. Denn die verschiedenen US-Regulatoren haben offenbar Mühe, wie sie mit der neuen Anlageklasse umgehen sollen. Nach wie vor gibt es keine Zulassung für Bitcoin-ETFs. Ein Problem für die Aufsicht ist, dass die Preisbildung an Kryptobörsen bislang als zu wenig vertrauenswürdig eingestuft wird und sie in den Kriterien Anlegerschutz und Transparenz der Preisbildung durchfallen. Dessen sollten sich Anleger, die auf Kryptoprodukte setzen, ebenfalls bewusst sein. Hinzu kommt, dass die Durchsetzung von Ansprüchen, etwa, wenn eine “Geldbörse” für Bitcoin gehackt worden ist, im Ausland schwieriger ist als unter deutscher Regulierung. Zahlreiche Fälle von Sicherheitslücken bei Wallet-Anbietern zeigen, dass auch diese Gefahr ernst zu nehmen ist.