Ob Smart Home oder Online-Start-up - der Weg in die Zukunft ist digital
Von Klaus Neuhaus, Vorstandsvorsitzender, NRW.BankDie Digitalisierung verändert wie wir leben, kommunizieren, arbeiten, konsumieren, Wissen erwerben und weitergeben oder unsere Nahrung und andere Waren produzieren. Digitale Dienste, Prozesse und Steuerungen erobern alle wirtschaftlichen, sozialen und privaten Bereiche. Diese Entwicklung zu gestalten ist eine der größten Herausforderungen und zugleich Chance unserer Zeit.Die Industrie steht dabei vor einem großen Strukturwandel hin zur Industrie 4.0. Denn mit der Digitalisierung lassen sich Lieferketten noch besser synchronisieren, Prozesse können ausgewertet und auf diese Weise noch effizienter und ressourcenschonender gestaltet werden. Zudem lassen sich neue Geschäftsmodelle entwickeln. All das schafft Wachstum, Beschäftigung und globale Wettbewerbsfähigkeit. Laut einer 2015 veröffentlichten Studie von Roland Berger könnte die digitale Wende 425 Mrd. Euro zusätzliche Wertschöpfung bis 2025 allein in Deutschland bringen.Als Industrieland Nummer 1 in der Bundesrepublik steht Nordrhein-Westfalen (NRW) an vorderster Stelle, diesen Wandel mitzugestalten. Der Handlungsbedarf ist groß, doch nur die Hälfte der deutschen Unternehmen hat laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers eine digitale Strategie. Um international nicht den Anschluss zu verlieren, bedarf es innovativer Geschäftsmodelle sowie Experten und Partner, die die Digitalisierung vorantreiben und umsetzen können.Die Chancen stehen hierfür gut. NRW bringt die besten Voraussetzungen für das digitale Zeitalter mit. Zum einen bietet Nordrhein-Westfalen mit seiner einmaligen Dichte industrieller Global Player und international erfolgreicher mittelständischer Hidden Champions einen guten Nährboden für Innovationen. Zum anderen bilden starke Hochschulen hoch qualifizierten Nachwuchs an Ingenieuren und Programmierern aus. In Gründerzentren wie dem “Life Science Inkubator” in Bonn können sich Forscher, Wissenschaftler und junge Start-ups mit professioneller Unterstützung ausprobieren und ihre erste Idee zur Marktreife bringen.Die Digitalisierung betrifft heute alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche und umfasst deutlich mehr als soziale Netzwerke, Online-Banking oder den Einkauf per Tablet. Der Landmaschinenhersteller Claas aus dem westfälischen Harsewinkel bringt beispielsweise die Digitalisierung hinaus aufs Feld. Mittlerweile stellt der europäische Marktführer von Mähdreschern auch Software her, die im Zusammenspiel mit digitalen Komponenten wie automatischen Lenksystemen oder Kameras den gesamten landwirtschaftlichen Produktionsprozess optimiert.So zieht ein Mähdrescher inzwischen mit satellitengestütztem Lenksystem bis auf zwei Zentimeter genaue, parallele Bahnen über das Feld. Eine Software sammelt Daten beim Ernteprozess und hilft damit später bei der Aussaat oder dem Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Der Landwirt spritzt heute nur noch an den Stellen, wo es wirklich nötig ist, verbraucht weniger Düngemittel und schont die Umwelt. Als Förderbank hat die NRW.Bank das Unternehmen im Rahmen seiner Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit unterstützt.Digitale Systeme gewinnen auch mit Blick auf den demografischen Wandel an Bedeutung. Das smarte Haus ermöglicht es älteren Menschen, länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben zu können. Automatische Erinnerungen an regelmäßige Messungen von Blutdruck, Puls oder Blutzucker sind inzwischen genauso Alltag wie das Übertragen von gespeicherten Informationen an den Arzt oder Pflegedienst, der bei Bedarf weitere Schritte einleiten kann. Darüber hinaus eröffnen sich mit der Digitalisierung neue Verfahren bei Operationen oder der Diagnostik, die die Medizin- und Pharmabranche voranbringen.Auch Menschen mit Handicap profitieren von digitalen Services. In einem innovativen Appartementhaus des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe in Bochum-Weitmar leben mehrfachbehinderte Bewohner in ihrer ersten eigenen Wohnung. Die soziale Wohnraumförderung der NRW.Bank sicherte die Finanzierung – und nun lässt sich voll vernetzt vom Licht bis zum Fernseher alles über eine angepasste Steuereinheit bedienen, digitale Fußtaster ermöglichen eine bessere Kommunikation, und per USB-Hub können weitere digitale Helferlein integriert werden.Ohne Auf- und Ausbau des Know-hows der digitalen Technologien ist eine solche Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft nicht möglich. Auch der Bildungsmarkt steht vor großen Herausforderungen. E-Learning-Plattformen ermöglichen den Zugriff auf Informationen und das gemeinsame Arbeiten an Projekten über die Cloud. All die, die studieren oder sich weiterbilden, profitieren von dieser Art der Kommunikation, weil sie unabhängiger von Lernorten sind, die Lehreinrichtungen sparen Kosten und können bei freien Kapazitäten kurzfristig neue Teilnehmer zulassen.Die schönste digitale Idee ist jedoch nichts wert, wenn die Infrastruktur an Datennetzen nicht ausreicht, denn die zunehmende Digitalisierung ist gleichbedeutend mit ständig steigenden Datenmengen. Ihrem Ausbau kommt daher Priorität zu. Nordrhein-Westfalen liegt beim Breitbandausbau an der Spitze aller Flächenländer. Bis 2018 werden die noch fehlenden ländlichen Kommunen an das Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen. Dabei geht es nicht nur um die unterirdische Ver-legung von Glasfaserkabeln, sondern auch um den Datentransfer über schnelle Funkverbindungen.Dieser rasche Ausbau der Datennetze ist nur möglich, wenn er auch finanziert werden kann. Daher stehen schon seit 2011 Mittel über das Förderprogramm NRW.Bank.Breitband zur Verfügung, mit denen bis zu 100% des Kapitalbedarfs eines Projekts gedeckt werden können.Die digitale Wende aktiv mitzugestalten ist eine der großen aktuellen Herausforderungen auch für Förderbanken. Sie sind gefragt, den Weg in eine digitale Zukunft mit vielfältigen Förderprogrammen zu ebnen. Schließlich müssen die erforderlichen Investitionen in die IT, EDV-Sicherheit, Maschinen und Fachkräfte finanziert werden. Die NRW.Bank unterstützt Unternehmen mit Angeboten, die über klassische Förderdarlehen bis hin zu Eigenkapitalfinanzierungen reichen.Insbesondere bei Start-ups übersteigt der Startkapitalbedarf eines Gründungsvorhabens häufig die verfügbaren eigenen Mittel des Gründers. Aufgrund des hohen Geschäftsrisikos und fehlender besicherungsfähiger Aktiva können diese Unternehmen nicht in ausreichendem Umfang Fremdkapital akquirieren, da ihr wesentliches Kapital vor allem in einer neuen Marktidee besteht, deren Erfolgschancen nur schwer abzuschätzen sind. Förderprogramme, die NRW.Bank.Seed.Fonds.Initiative und Venture-Capital-Finanzierungen aus dem NRW.Bank.Kreativwirtschaftsfonds und dem NRW.Bank.Venture Fonds können eine Lösung sein.Die Arbeit von Förderbanken geht jedoch über das bloße Bereitstellen von Kapital hinaus. Auch die Beratung von potenziellen Gründern gehört dazu. Institutionen wie die win Business Angels Initiative der NRW.Bank vermitteln Investoren, die nicht nur mit Geld, sondern auch mit ihren Kenntnissen und ihrem Netzwerk das Unternehmen zum Erfolg führen. Und auch das NRW.Bank.Venture Center berät technologieorientierte Gründungswillige und Start-ups rund um das Thema der Beteiligungsfinanzierung. Ziel ist es, für eine Ausgründung interessante Forschungsprojekte zu identifizieren und diese langfristig auf dem Weg zur Ausgründung zu begleiten.Es stehen also vielfältige Förderangebote bereit, damit neue digitale Geschäftsideen umgesetzt werden können, eine Netzinfrastruktur bereitgestellt und digitale Services im Alltag helfen können. Damit in Nordrhein-Westfalen zukunftsweisende Innovationen angestoßen werden und der digitale Wandel in NRW vollzogen wird.