Sven Gräbedünkel

Oddo BHF will Anlageprozess vereinfachen

Um der Assekuranz das Angebot fondsgebundener Versicherungen zu erleichtern, hat Oddo BHF eine neue Plattform geschaffen. Die Software soll bisher auftretende Medienbrüche verhindern.

Oddo BHF will Anlageprozess vereinfachen

Von Thomas List, Frankfurt

Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen sind in Zeiten niedriger Zinsen das Produkt der Wahl. Für die Fondstransaktionen und die Verwahrung der Anteile bedienen sich die meisten Versicherer einer Bank. Ein großer und etablierter Player auf diesem Markt ist die Oddo BHF. Die französisch-deutsche Bankengruppe administriert, verwaltet und verwahrt auf einer „Institutional Fund Platform“ für eine zweistellige Anzahl an Kunden aus Deutschland, aber auch dem Ausland wie zum Beispiel Liechtenstein und Luxemburg, ein Volumen von knapp 24 Mrd. Euro.

Für den gesamten Ablauf vom Beitragseingang über die Anteilstransaktion durch die Bank bis zur Verbuchung beim Versicherer hat das Team um Sven Gräbedünkel, Leiter der Plattform bei Oddo BHF, eine Software entwickelt, die diesen Prozess mit Hilfe einer Cloud vollständig digitalisiert. „Mit unserer ‚Firstcloud IFP‘, die wir zu­sam­men mit dem Softwareunternehmen Fact Informationssysteme & Consulting in Neuss entwickelt haben, sind wir First Mover“, sagt Gräbedünkel im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Es gibt heute noch keinen digitalen Kapitalanlageprozess für fondsgebundene Versicherungen von Front-to-Back und zurück mit Einbindung des Treuhänders außer unserem.“ Die neue Lö­sung spare dem Kunden, also den Versicherern erheblich Kosten und Zeit. Gleichzeitig biete sie ein hohes Maß an Sicherheit, dass sie auch langfristig funktioniert. „Die Basissoftware ‚First‘, auf der wir aufbauen, ist schon seit vielen Jahren am Markt etabliert.“

Der klassische Prozess

Bisher läuft es bei den meisten Versicherern aber noch ganz anders. Der klassische Prozess bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung (FLV) beginnt nach dem Vertragsabschluss mit dem meist monatlichen Einzug des Beitrags beim Versicherten. Der Versicherer teilt dann den Beitrag in einen Sparanteil und eine Todesfallabsicherung auf. Aus der Höhe des Sparanteils wird die Zahl der zu kaufenden Fondsanteile errechnet. „Diese Information wird mit Faxen, Mails etc., also vielen Medienbrüchen, im Versicherungsunternehmen verarbeitet – und muss auch noch vom Treuhänder freigegeben werden –, bis schließlich eine fertige Orderdatei mit der genauen Zahl der zu kaufenden oder verkaufenden Fondsanteile generiert wird.“ Diese werde dann per Fax oder Mail an die Bank transferiert. „Die Bank führt dann die Aufträge aus und informiert den Versicherer wiederum via Fax und Mail. Dieser Prozess hat sich seit Jahren fast gar nicht verändert.“

Bisher handelte es sich meist um Fonds etablierter Anbieter wie DWS, Fidelity oder Franklin Templeton. Aber der Trend gehe stark in Richtung Policen mit ETFs, hat Gräbedünkel beobachtet. „Bei einigen unserer Kunden sind solche ETF-Produkte diejenigen mit den stärksten Zuwächsen im Absatz, weil Kunden genau diese Produkte nachfragen.“ Dieser Trend werde sich fortsetzen, zeigt sich der Banker überzeugt. Die Abläufe sind aber bei klassischen Fonds und ETFs unterschiedlich. „Bei klassischen Fonds wendet man sich an die Depotbank, bei ETFs hingegen an den Market-Maker, um Fondsanteile zu kaufen.“

Steigernde Komplexität

Die verschiedenen Prozesse und damit die steigende Komplexität bei der Verwaltung von fondsgebundenen Versicherungen sollte ein Grund sein, die bankinternen Abläufe zu überprüfen. Dabei wäre ein Vergleich mit anderen Vorgehensweisen sinnvoll. Allerdings kennen die meisten Versicherer die Abläufe bei ihren Wettbewerbern nicht. „Wir können da aufgrund unserer langjährigen Erfahrung helfen und erläutern, wie andere Versicherer das machen.“

Gräbedünkel beschreibt den Ausgangspunkt der Softwareentwicklung: „Wir haben uns zu Anfang ge­fragt: Was müssen wir tun, damit die Lösung für den Kunden schnell nutzbar wird? Die Antwort war klar: Es muss eine cloudbasierte Lösung sein, die sich einfach anwenden lässt.“ Der Versicherer müsse die entsprechende Software-Applikation nicht implementieren, könne es aber tun. „Gesteuert wird das über Schnittstellen-Dateien, die aus der Passivseite in die Plattform hochgeladen werden.“ Der Zugriff sei daher von überall möglich. „Das hat sich mit Ausbruch der Pandemie als weiterer Vorteil herausgestellt.“

Besonders wichtig ist Gräbedünkel die Einbindung des Treuhänders. „Nur so ist der Prozess wirklich vollständig digital.“ Der Treuhänder be­komme keine Faxe oder Mails mehr, sondern könne im System durch seine digitale Unterschrift die Order freigeben. Ohne Medienbruch geht die Order dann an die Bank.

Seit Frühjahr 2021 live

„Firstcloud IFP“ ist seit Frühjahr 2021 live. „Wir sind gerade dabei, den ersten Kunden, die Volkswohl Bund Versicherungen in Dortmund, zu migrieren.“ Mit weiteren Versicherern gebe es Gespräche. „Wir wollen jetzt diese Lösung in den Markt bringen und möglichst viele Versicherer überzeugen.“

Zur Bezahlung sagte Gräbedünkel; „Wir geben 100% der Bestandsprovision, die wir als Bank von den Fondsanbietern vereinnahmen, an unsere Versicherungskunden weiter.“ Dafür stelle die Bankengruppe ein Serviceentgelt in Rechnung, das sich am Volumen bemisst, das ein Versicherer über die Plattform abwickelt. „Denn je größer das Volumen, umso größer für uns der Aufwand.“

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