Öffentliche auf Schrumpfkurs

Versicherer-Gruppe verliert Marktanteile - Zeitnah gemeinsames Betriebsrentenprodukt - Stürme belasten

Öffentliche auf Schrumpfkurs

Beitragseinnahmen und Ergebnis der öffentlichen Versicherer sind zuletzt zurückgegangen. Der Ergebnisdruck hält infolge der Stürme im Januar an, wie aus dem aktuellen Jahrbuch hervorgeht. In Sachen Digitalisierung und betriebliche Altersvorsorge arbeiten die Versicherer eng mit den Sparkassen zusammen.Von Antje Kullrich, DüsseldorfDie öffentlichen Versicherer in Deutschland haben angesichts eines drastischen Schrumpfkurses in der Lebensversicherung Marktanteile verloren. Da mehrere Gruppen, allen voran die Provinzial Nordwest, ihr Einmalbeitragsgeschäft 2017 stark zurückschnitten, kommt die aus elf Unternehmen bestehende Gruppe nur noch auf 10,7 % der Beitragseinnahmen in der Assekuranz, wie aus dem aktuellen Jahrbuch der Öffentlichen hervorgeht. Im Jahr zuvor waren es noch 11,1%.Ergebnisseitig verspüren die Öffentlichen anhaltenden Druck. Bereits im vergangenen Jahr ging das Ergebnis vor Steuern in der Gruppe um rund 10 % zurück. Im laufenden Jahr lasten die Winterstürme “Friederike” und “Burglind” auf den Erträgen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft geht in seiner aktuellen Hochrechnung von einem Anstieg der Schaden-Kosten-Quote in der Wohngebäudeversicherung von 100 auf 109 % aus, im gesamten Sach-Privatkundengeschäft von 91 auf 98 %. “Es ist daher anzunehmen, dass die öffentlichen Versicherer, die insbesondere in der Wohngebäudeversicherung Marktführer sind, von dieser Entwicklung ebenfalls betroffen sein werden”, sagte der Verbandschef der öffentlichen Versicherer Hermann Kasten im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Im Hauptberuf ist Kasten Chef der VGH Versicherungen in Hannover. Auch in der Kraftfahrtversicherung halte der harte Preiswettbewerb nach wie vor an, beklagte er.In der Lebensversicherung haben die öffentlichen Versicherer mit steigenden Kostenquoten zu kämpfen, was auch am starken Rückgang des Geschäfts liegen dürfte. Die Verwaltungskostenquote zog um 0,2 Prozentpunkte auf 1,8 % an. Teurer SparkassenvertriebAls teuer stellt sich der Vertrieb über die Sparkassen heraus, über deren Schalter gut zwei Drittel der Policen in der Lebensversicherung verkauft werden: Die Abschlusskostenquote stieg um 0,3 Prozentpunkte auf fast 5,3 % und liegt damit weit über dem Branchendurchschnitt von 4,7 %. In der Lebensversicherung verlor die Gruppe nicht nur im Einmalbeitragsgeschäft mit privaten Kunden, sondern auch in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV): Das Neugeschäft ging, bezogen auf die Stückzahl, im vergangenen Jahr um 7 % zurück, während die Einbußen branchenweit mit 3 % moderater ausfielen. Pilot mit Beacon-TechnikDas bAV-Geschäft wollen die Öffentlichen jedoch durch ein gemeinsames Produkt für das Sozialpartnermodell wieder ankurbeln. Unter Federführung der S-PensionsManagement arbeiteten die Versicherer, die Deka-Bank, der zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörende Berater Heubeck und die Sparkassen selbst intensiv an Lösungen. “Das Produktkonzept ist sehr weit fortgeschritten, so dass wir den Sozialpartnern zügig und zeitnah Angebote machen können”, sagte Kasten. Es liefen bereits Gespräche mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden.Die Digitalisierung nimmt nach Ansicht von Kasten Fahrt auf, was sich auch an zahlreichen Kooperationen mit Start-ups ablesen lässt. Hoffnungen setzen Versicherer und Sparkassen auf Beacon-Technologie, eine Weiterentwicklung der Bluetooth-Technik. In einem Pilotprojekt bekamen Sparkassenkunden am Flughafen Köln/Bonn via Smartphone den Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung vorgeschlagen. Ziel sei es, Kunden im richtigen Moment situativ geeignete Produkte anzubieten, erläuterte Kasten. Bislang würden über die Sparkassen-App vier situative Versicherungsprodukte offeriert. “Weitere Produkte sind bereits geplant.”Die ersten Erfahrungen bezeichnete Kasten als positiv: Über einen Zeitraum von 15 Wochen seien knapp 1 600 Nachrichten an Sparkassen-Kunden am Flughafen Köln/Bonn verschickt worden. 6,3 % der Angesprochenen hätten reagiert, fast alle hätten letztendlich auch einen Vertrag abgeschlossen.