Olearius-Anwälte attackieren Kronzeugen
Olearius-Anwälte attackieren Kronzeugen
Ex-Partner von Hanno Berger der Falschaussage bezichtigt – Statt Hamburger Meeting in London beim Friseur?
Die Verteidigung des Warburg-Mitinhabers und Ex-Bankchefs Christian Olearius versucht, die Glaubwürdigkeit eines Kronzeugen zu erschüttern. Ein detailreich geschildertes Schlüssel-Treffen könne Anfang 2007 nicht so stattgefunden haben.
ak Bonn
Im Cum-ex-Prozess gegen Christian Olearius haben die Verteidiger des Mitinhabers der Hamburger Privatbank M.M. Warburg die Glaubwürdigkeit eines Kronzeugen vehement infrage gestellt. In einem Statement am Dienstag warf Rechtsanwalt Rudolf Hübner dem früheren Kanzleipartner S. des bereits verurteilten Steueranwalts Hanno Berger wahrheitswidrige Aussagen vor.
Stein des Anstoßes ist ein Treffen in den Räumen der Warburg-Bank in Hamburg, bei dem Berger zusammen mit seinem Partner S. dem Bankchef Christian Olearius sowie dessen Generalbevollmächtigten S. die Cum-ex-Strategien detailliert vorgestellt haben soll. In seiner Aussage hatte S. das Meeting sehr ausschmückend geschildert, Ölgemälde und Teeservice im Besprechungssaal sowie die Sitzordnung beschrieben und es auf vermutlich Anfang 2007 verortet.
Viel Theatralik
Das jedoch könne nicht sein, betonte die Olearius-Verteidigung am Dienstag, die den teilweise blumigen Ausführungen ihre eigene Theatralik entgegensetzte. Mit schneidender Stimme geißelte Hübner in einem langen Vortrag nach seiner Ansicht vorliegende Ermittlungsfehler der Staatsanwaltschaft, sein Kollege Bernd Schünemann zitierte gar Goethes Faust.
Denn laut den übereinstimmenden Terminkalendern von Berger, Olearius und dessen rechter Hand S. käme für das Meeting allenfalls der 16. Februar 2007 infrage, an dem es Anfang dieses Jahres zu einem Treffen im Hause Warburg gekommen sein könne. An diesem Tag jedoch habe Kronzeuge S. nachweislich zur fraglichen Uhrzeit in London beim Friseur gesessen, um sich für den Juristenball in Wien am nächsten Tag stylen zu lassen.
„Das geschilderte Treffen hat nicht stattgefunden”, folgern die Olearius-Anwälte daraus. S. habe zudem ein erhebliches Eigeninteresse, seinen damaligen Kunden wissentliche Beteiligung an Cum-ex-Geschäften zuzuschreiben. Denn es gehe auch um Haftungsfragen: S. habe an Cum-ex-Geschäften mit einem Steuerschaden von rund 1 Mrd. Euro mitgewirkt. Dadurch habe er ein Interesse, möglichst viele Geschäftspartner in Mithaftung zu nehmen. Dass bislang die Justiz keine Taterträge bei S. eingezogen habe, sei zudem „krass rechtswidrig”.
Mitten in der Beweisaufnahme
Der Anwalt S. ist einer der Kronzeugen der Kölner Staatsanwaltschaft. Er hatte bereits umfangreich im ersten Strafprozess in Sachen Cum-ex im Jahr 2019 ausgesagt und war zudem auch bei einer Reihe weiterer Verfahren als Zeuge aufgetreten. Zum neunten Mal, so S. am Dienstag, sei er bereits am Landgericht Bonn. S. hatte nach eigenen Angaben zusammen mit Berger zahlreiche Cum-ex-Geschäfte eingefädelt, Fondskonstrukte rechtlich konzipiert und Verträge aufgesetzt. 2016 hatte er sich von Berger losgesagt und bei der Staatsanwaltschaft Köln ausgesagt.
Die Verteidiger des einst renommierten Bankers und Hamburger Mäzens Christian Olearius folgen mit dem Frontalangriff auf S. ihrer Linie, Olearius als Opfer darzustellen, der von den Organisatoren der Cum-ex-Trades Berger, S. und dem international gesuchten ehemaligen Aktienhändler Paul Mora über das Wesen der Geschäfte getäuscht worden sei. Olearius steht seit September 2023 vor Gericht in Bonn. Ihm wird Steuerhinterziehung durch Cum-ex-Geschäfte zwischen 2007 und 2011 vorgeworfen, die zu einem Schaden für den Fiskus von rund 280 Mill. Euro geführt haben. Der Prozess, der bislang 24 Verhandlungstage erlebt hat, steckt mitten in der Beweisaufnahme.
Die Staatsanwaltschaft ging am Dienstag nicht auf den Vortrag der Olearius-Anwälte ein. Sie hat am 8. April noch die Gelegenheit, S. ins Gebet zu nehmen.
Ein Berater von S. sagte zu den Statements der Verteidigung: „Es handelt sich um Nebelkerzen und Ablenkungsmanöver seitens der Verteidigung.” Es sei rechtskräftig festgestellt worden, dass das Meeting stattgefunden hat. S. habe nie ein konkretes Datum genannt.