Pandemie trifft Allianz mehrfach
Die Pandemie wird den operativen Gewinn der Allianz in der Schaden- und Unfallversicherung im laufenden Jahr um rund 1 Mrd. Euro senken. Treiber ist der Ausfall von Veranstaltungen und Krediten. Hinzu kommen Verluste infolge der Turbulenzen an den Kapitalmärkten. Beide Positionen addierten sich im ersten Quartal auf 700 Mill. Euro und sorgten dementsprechend für einen Gewinnrückgang. Die Solvenzquote sank überraschend stark.mic München – “Wir haben uns in einem schwierigen Umfeld ganz gut behauptet”: Mit diesen Worten kommentierte Allianz-Finanzvorstand Giulio Terzariol die Ergebnisse des ersten Quartals. Wie bereits anlässlich der Rücknahme der Jahresprognose mitgeteilt, sank das operative Ergebnis um 22 % auf 2,3 Mrd. Euro, obwohl der Umsatz bereinigt um Währungs- und Konsolidierungseffekte um 3,7 % auf 42,6 Mrd. Euro stieg (vgl. BZ vom 1. Mai). Terzariol betonte, der Gewinnrückgang sei durch Belastungen aus der Pandemie von 700 Mill. Euro verursacht: “Das zugrundeliegende Ergebnis ist eigentlich ganz solide gewesen.”Jenseits der Kapitalanlage erwartet Terzariol, der die Erwartungen sehr detailliert offenlegte, im Gesamtjahr 2020 Belastungen durch die Pandemie vor allem in der Schaden- und Unfallsparte. Deren operatives Ergebnis werde, gemessen am Prognosemittelwert von 5,6 Mrd. Euro, um 15 % bis 20 % niedriger als geplant ausfallen. Dies entspricht einem Betrag von 0,8 bis 1,1 Mrd. Euro. Damit ist das frühere Ziel, im Konzern einen operativen Jahresgewinn in der Spannbreite von 11,5 bis 12,5 Mrd. Euro abzuliefern, aus Sicht des Vorstands nicht erreichbar.Im ersten Quartal addierten sich die Belastungen auf 0,4 Mrd. Euro: jeweils 0,2 Mrd. Euro stammten aus der Versicherung gegen Veranstaltungsausfälle und Betriebsschließungen, 0,1 Mrd. Euro aus der Kredit- und Reiseversicherung. Positiv schlug sich in der Kfz-Versicherung mit 0,1 Mrd. Euro nieder, dass es weniger Unfälle gab (siehe Grafik).Zusätzlich muss die Allianz operativ im Gesamtjahr mit Abschreibungen auf Kapitalanlagen in der Lebensversicherung rechnen. Diese drückten das Ergebnis im Startquartal um 0,3 Mrd. Euro, obwohl die Beiträge um 2,4 % zulegten. Die weitere Belastung hängt von der Entwicklung der Kapitalmärkte ab. “Es kann sich alles ändern”Dies gilt auch für Abschreibungen auf die sonstigen Investments, die sich auf den Gewinn aus dem nicht-operativen Geschäft auswirken. Im ersten Quartal kosteten Abschreibungen auf Anleihen 0,2 Mrd. Euro, davon entfiel die Hälfte auf libanesische Bonds. Die Wertberichtigung auf Aktien schlug negativ mit 0,3 Mrd. Euro zu Buche. In der Quartalsberichterstattung fielen diese nicht-operativen Abschreibungen auf Aktien und Anleihen deswegen nicht ins Gewicht, weil der Verkauf des Anteils an der Allianz Popular einen Sondergewinn von 0,5 Mrd. Euro und damit in gleicher Höhe brachte.Im Jahresverlauf rechnet Terzariol in der Schaden- und Unfallversicherung mit weiteren Belastungen durch den Ausfall von Veranstaltungen, so dass sie sich im Gesamtjahr auf 400 Mill. Euro addieren werden. Für den Kreditversicherer Euler Hermes erwartet er für März bis Dezember ein ausgeglichenes Ergebnis, so dass der operative Gewinn knapp unter 100 Mill. Euro landen werde. Im ersten Quartal wurden 70 Mill. Euro erwirtschaftet. Im Vorjahr war ein operativer Gewinn in Höhe von 475 Mill. Euro hängengeblieben.Belastungen werde es auch bei Allianz Partners geben, weil die Bürger weltweit weniger reisten, sagte Terzariol. Dagegen erwartet er in der Betriebsunterbrechungsversicherung nicht deutlich mehr Verluste als bereits verbucht. Positiv wirke sich wie im ersten Quartal aus, dass in der Kfz-Versicherung die Combined Ratio besser sein werde.In der Spartenbetrachtung geht Terzariol nicht davon aus, dass in der Lebensversicherung der Rückgang des operativen Gewinns im ersten Quartal von 0,3 Mrd. Euro aufgeholt werden kann. Er erwartet jedoch eine Stabilisierung in den übrigen drei Quartalen. Die Allianz plant damit, dass das Segment in der Ziel-Bandbreite von 4,1 bis 4,7 Mrd. Euro bleibt. Das Asset Management werde etwas unter dem angepeilten Mittelwert von 2,7 Mrd. Euro landen, aber nicht deutlich darunter, sagte der Finanzvorstand. Er fügte allerdings warnend hinzu: “Es kann sich alles in einer Woche ändern.” Er habe in der Krise gelernt, dass man als Manager schon nach wenigen Tagen eine Behauptung bereuen könne.Im ersten Quartal entfiel die Hauptbelastung in der Sachsparte auf den Industrieversicherer AGCS (0,2 Mrd. Euro) und das Geschäft in Deutschland (0,1 Mrd. Euro). Ohne die Covid-19-Belastung wäre AGCS bei einer Combined Ratio von rund 100 % statt bei 117 % gelandet, und die Sachversicherung Deutschland hätte mit knapp 93 % statt mit 96,7 % abgeschnitten. In Deutschland brachte der Verkauf einer eigengenutzten Immobilie einen Sondergewinn von 150 Mill. Euro. Kapitalbasis schrumpftFür Irritation sorgte am Kapitalmarkt, dass die Solvency-II-Kapitalquote von 212 % auf 190 % absackte. Die Analysten hatten im Schnitt 198 % erwartet. Der Allianz-Aktienkurs sank bis zum Schluss des Xetra-Handels um 3,2 % auf 151,30 Euro.”190 % ist ein sehr gutes Niveau”, hielt Terzariol dagegen. Es ist aus seiner Sicht auch unproblematisch, sollte die Quote zeitweise unter den angepeilten Mindestwert von 180 % fallen. Erst ab 150 % werde der ausgesetzte Aktienrückkauf nicht wieder aufgenommen, sagte er Analysten. Er empfahl zudem eine andere Sichtweise auf die Zahlen: “Man sollte in Überschusskapital denken.” Die Eigenmittel lägen 37 Mrd. Euro über den Kapitalanforderungen.Allerdings sank das Eigenkapital um 6 % auf 69,4 Mrd. Euro. Treiber war der Rückgang der unrealisierten Gewinne von 17,7 Mrd. Euro auf 11,7 Mrd. Euro. Gegen Schwankungen ist die Allianz mittlerweile besser abgesichert. Man habe börsengehandelte Aktien im Wert von 5 Mrd. Euro verkauft, teilte der Versicherer mit. Dementsprechend schrumpft die Solvenzquote künftig nur um 12 Prozentpunkte, wenn der Aktienmarkt um 30 % zurückgeht. Ende Dezember hätte der Abschlag im gleichen Szenario 15 Punkte betragen.Entsprechend der Pandemie-Belastungen und zusätzlich durch höhere Schäden aus Naturkatastrophen wie Stürmen in Europa (mehr als 200 Mill. Euro) und in Australien (160 Mill. Euro) wurde der Rückgang des operativen Gewinns im Quartal von der Sachsparte (-29 %) und der Lebensversicherung (-25 %) dominiert. Dagegen erhöhte die Sparte Asset Management das Ergebnis um 19 %. Dies gelang, obwohl das für Dritte verwaltete Vermögen von Ende Dezember bis Ende März um 8 % auf 1,7 Bill. Euro sank und die Anleger Nettomittel von 46 Mrd. Euro abzogen. Der Nettomittelabfluss in einem Quartal war seit fünf Jahren nicht mehr so hoch gewesen.Terzariol erklärte die trotzdem zunehmende Profitabilität mit der höheren durchschnittlichen Assetbasis im Quartal. Die Nettomittelabflüsse habe es nur im März gegeben: “Im April haben wir eine Stabilisierung beobachtet.” Im zweiten Quartal seien 3 Mrd. Euro zugeflossen.