Bargeldlos

Pandemie zerzaust Zahlungsverkehr

In Europa haben bargeldlose Zahlungen im Pandemiejahr 2020 zwar zugenommen, aber deutlich weniger als zuvor, wie eine Studie von Deutsche Bank Research festhält.

Pandemie zerzaust Zahlungsverkehr

kb Frankfurt

Der unbare Zahlungsverkehr hat in Europa im Pandemiejahr 2020 auf 101 Milliarden Transaktionen zugenommen. Allerdings fiel der Anstieg mit einem Plus von 3,7% mager aus, wie eine Studie von Deutsche Bank Research festhält. Mehr als die Hälfte des Anstiegs (55%) sei auf die dynamische Entwicklung in Deutschland entfallen, das für etwa ein Viertel (26,2%) des Zahlungsverkehrs im Euroraum steht, gefolgt von Frankreich mit 24,2%. Für das zu Ende gehende Jahr liegen neuere und vergleichbare Zahlen für Europa noch nicht vor.

Einbruch bei Kartenzahlungen

Die Research-Einheit der Deutschen Bank führt den geringen Anstieg im Euroraum auf den Einbruch des Wachstums bei Kartenzahlungen zurück, die etwa die Hälfte aller Transaktionen im Euroraum ausmachten. Nach jahrelang zweistelligem Wachstum von Kartenzahlungen sei es 2020 auf nur noch 2,5% eingebrochen. Grund dafür seien die Einschränkungen des privaten, geschäftlichen und öffentlichen Lebens, die aber auf national sehr unterschiedliche Zahlungspräferenzen und Bezahlangebote getroffen seien. Einerseits dürfte die Pandemie an der Ladenkasse (Point of Sale, POS) die traditionellen Unterschiede in der Nutzung von Bar- bzw. Kartenzahlung verringert haben, schreibt die Autorin der Studie, Heike Mai. In einigen der sehr bargeldaffinen Länder hätten die Käufer in einem solchen Ausmaß von Bar- zu Kartenzahlungen gewechselt, dass Letztere trotz Lockdowns kräftig zunahmen. Dies sei vor allem in Deutschland und Spanien, aber auch in Griechenland und Österreich der Fall gewesen. In Italien seien stationäre Kartenzahlungen nur geringfügig zurückgegangen, während dagegen in den Niederlanden, wo Barzahlungen im Geschäft schon vor der Pandemie selten waren, sich Ladenschließungen direkt in einem deutlichen Rückgang der Kartenzahlungen am POS niedergeschlagen hätten. In Frankreich sei dies ähnlich gewesen.

Andererseits, so Mai, hätten sich in der Pandemie beim Online-Handel die nationalen Unterschiede vergrößert. Während Kunden laut Umfragen in einigen Ländern Online-Käufe am liebsten per Karte bezahlt hätten (z.B. in Frankreich, Italien, Spanien), seien in anderen Ländern (z.B. Deutschland, Niederlande) Überweisungen (Kauf auf Rechnung) und insbesondere Internetbezahlverfahren (z.B. Paypal) die bevorzugten Zahlungsinstrumente gewesen.

Deutschland weist der Studie zufolge eine Sondersituation auf. Hier sei an den Ladenkassen sehr viel häufiger mit Karte bezahlt worden als vor der Pandemie (+21%), und auch der Kartenumsatz (+6,8%) sei gestiegen, wobei Kunden öfter Debitkarten angesichts der Kontaktlosfunktion genutzt und seltener bar gezahlt hätten. Kartenzahlungen mit Unterschrift (elektronisches Lastschriftverfahren, ELV) seien dagegen um die Hälfte eingebrochen, und auch Kreditkarten, die eher zum Bezahlen im Gastgewerbe genutzt würden, das besonders stark von den Lockdowns betroffen war, hätten Marktanteile im stationären Handel verloren. Im Euroraum ohne Deutschland sei 2020 an der Ladenkasse seltener mit Karte gezahlt worden (−2,8%, Umsatz −5,3%) angesichts der lockdownbedingt stark gesunkenen Kartennutzung in den zwei großen (Karten-)Märkten Frankreich und Niederlande.

Bei den Online-Zahlungen hätten in Deutschland die (bereits dominierenden) Internetbezahlverfahren vom häufigeren Online-Shopping profitiert, und zwar vor allem die E-Geld-Zahlungen. Diese seien 2020 um mindestens 360 Millionen auf etwa 1,5 Milliarden Transaktionen (+31%) gestiegen. Demgegenüber sei das Wachstum der Kartenzahlungen, die eher für touristische Zwecke genutzt würden, beim Online-Shopping um die Hälfte auf 9,6% eingebrochen, der Umsatz nahm sogar um 10% ab. Im Euroraum (ohne Deutschland) hingegen legte die Zahl der Kartenzahlungen beim Online-Shopping ähnlich wie im Vorjahr kräftig zu, um 18%, ebenso der Umsatz (+14%). Allerdings hätten die Online-Zuwächse den starken Rückgang der stationären Kartenzahlungen im Euroraum nicht ganz ausgleichen können. Für die Zeit nach der Pandemie rechnet Mai im gesamten Euroraum mit einer kräftigen Zunahme der unbaren Zahlungen, denn der Wechsel vieler Konsumenten von der gewohnten Barzahlung zur Karte dürfte dauerhaft sein.

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