Paydirekt kommt nicht in Schwung

Anbindung der Händler stockt - Sparkassen treiben Prozess voran - Strategisches Dilemma wegen Verlagerung auf Mobile Payment

Paydirekt kommt nicht in Schwung

Aller Anfang ist schwer: Die Paydirekt-Banken scheuen den offenen Preiskampf mit Paypal, die Händlergewinnung gestaltet sich mühsam. Das Engagement der Sparkassen hat aber gerade erst begonnen.Von Björn Godenrath, FrankfurtIn gut einer Woche jährt sich der mit dem Testbetrieb begonnene Marktstart von Paydirekt, dem Online-Bezahlverfahren der Deutschen Kreditwirtschaft. Das Zwischenfazit fällt mit dem nun bekannt gewordenen Status quo ernüchternd aus. Denn der erste Teil der Übung, eine relevante Marktposition in einem grundsätzlich gut versorgten Markt zu erreichen, gestaltete sich bei der Händlerakquise äußerst zäh. Daten der Paydirekt-Projektgesellschaft der Sparkassen (GIZS) zufolge, die vom szenekundigen Bargeldlosblog verbreitet werden, wurden zuletzt geringe Fortschritte erzielt beim sogenannten Onboarding der Händler.Dabei wurde vor drei Monaten begleitend zum Paydirekt-Eintritt der Sparkassen eine Task Force gegründet, um mit Aufbau der Händlerakzeptanz dann das Werben um den Nutzer so richtig zu eröffnen. Die Sparkassen haben dafür eine erste breitflächige Initiative gestartet und loben Einkaufsgeld im Umfang von 500 000 Euro aus. Noch allerdings sind die Einkaufsgelegenheiten rar gesät: Lediglich 140 Online-Händler haben Paydirekt in ihr Payment-Bouquet integriert, 550 000 Kunden sind freigeschaltet für Zahlvorgänge. Zum Vergleich: Paypal hat in Deutschland 17,2 Millionen Kunden, gut zwei Drittel der größten deutschen E-Commerce-Betreiber bieten Paypal als Zahlungsoption an.Um an diesem Kräfteverhältnis etwas zu ändern, müssten die für die Preissteuerung verantwortlichen Banken den Händlern einen Mehrwert bieten, und sei es auch nur eine hauchdünn bessere Marge. Bislang allerdings scheuen die Paydirekt-Banken den Preiskampf und sollen mit 1,6 % des Transaktionswertes plus Einmalgebühr sogar stärker hinlangen als Paypal, die von großen Händlern weniger als 1 % verlangt – allerdings besteht bei den Konditionen aufgrund der individuellen Verhandelbarkeit eine große Streuung. Paypal ist dafür bekannt, gut abzukassieren, weswegen so mancher Shop den Dienst boykottiert oder die Paypal-Gebühr gesondert berechnet. Verhandlungen laufenPaydirekt zielt derzeit vor allem auf die sogenannten Top-50-Händler, von denen man mindestens die Hälfte für sich gewinnen will. Das gestaltet sich schwierig, haben der jüngsten Bestandsaufnahme durch die GIZS zufolge doch die Wunschkunden Pearl, Globetrotter, Peter Hahn und Momox Paydirekt einen Korb erteilt. Mit DocMorris und Mindfactory sind lediglich zwei aus dem erlauchten Kreis neu hinzugestoßen, seitdem die Task Force versucht, Schwung reinzubringen. Mit drei Top-Händlern laufen derzeit Verhandlungen, bei 14 weiteren (darunter Ikea) will man am Ball bleiben. Metro hat das Onboarding zugesagt, die Deutsche Bank könnte Deichmann schnell aufschalten, meldet der BargeldlosblogGroßen Marken wie Rewe, Adidas und Karstadt wurden seitens der GIZS Angebote unterbreitet, die Vertriebsmannschaft der Sparkassen hat rund 270 Online-Händler unterhalb der Top-Schwelle Angebote (“Entgeltindikationen”) unterbreitet. Auch die Commerzbank dürfte einige Händler beisteuern können, die Genossenschaftsbanken haben schon vor geraumer Zeit flächendeckende Aktivitäten gestartet. Von den derzeit rund 140 Händlern wurde wohl rund ein Drittel über das Modell des Händler-Konzentrators gewonnen, bei dem ein PSP (Payment Service Provider) wie Payone oder Concardis mit einem Sammelangebot für die Aufschaltung sorgt. Das Gros, dessen Online-Umsätze auf 1,14 Mrd. Euro beziffert wird, kommt direkt über die Banken.Und da die Sparkassen (Paydirekt-Anteil: 42 %) ein Leck haben, hier die Hochrechnung der erwarteten Händlerentgelte auf Basis der bislang akquirierten Shopumsätze: Bei einem Marktanteil von 10 % am deutschen Online-Payment kämen die Sparkassen auf jährliche Einnahmen von 0,61 Mrd. Euro, besitzt man die Hälfte des Marktes, wären es im optimistischen Szenario 2,8 Mrd. Euro. In vier Jahren wollen die Sparkassen dieses Marktanteilsziel erreicht haben. Zum Vergleich: Konkurrent Sofortüberweisung hat rund 36 000 Händler an Bord und wickelt monatlich mehr als 5 Millionen Transaktionen ab.Bei Paydirekt werden die wöchentlichen Transaktionen noch in einstelligen Tausendereinheiten gemessen. Gut 140 000 Sparkassen-Kunden haben Paydirekt aktiviert, die Genossen melden 190 000 Konten, gut 200 000 steuern die Privatbanken bei. Dabei beschwört Paydirekt-Geschäftsführer Niklas Bartelt gerne das Potenzial von den mehr als 50 Millionen Online-fähigen Girokonten in Deutschland. Pool der EignerbankenDieses aufzubohren, wird angesichts der sich vollziehenden Marktveränderungen nicht einfacher. Denn die klassischen Internet-Bezahlverfahren müssen aufgerüstet werden für das Mobile Payment – das Einkaufsverhalten dürfte sich recht flott auf das Smartphone verlagern. Dafür muss Paydirekt schon 2017 Vorsorge betreiben, um dem Handel rechtzeitig eine marktadäquate strategische Lösung anbieten zu können.Die Hoffnung ist, dass aus dem Pool der Eignerbanken etwas Taugliches bereitgestellt werden kann – sich aus diesem Fundus bedienen zu können, war ja ein Impetus für die Gründung eines gemeinsamen Bezahlverfahrens. Dass nun der Geldbote, eine P2P-Lösung von Sparkassen und Genossen, ein heißer Kandidat bei Paydirekt für das Instant Payment von Handy zu Handy ist, passt ins Bild: Bei gleicher technologischer Eignung werden hauseigene Lösungen Fremdanbietern – von denen einige um Aufträge buhlen – vorgezogen.