Payment-Riesen in schwierigem Konsumumfeld
Payment-Riesen in schwierigem Konsumumfeld
Banker erwarten niedrigere Transaktionsaktivität von US-Verbrauchern – Verschärfter Wettbewerb für Visa und Mastercard
xaw New York
Ende Juli bricht bei Visa-Aktionären ungewöhnliche Unruhe aus. Die Aktie des US-Zahlungsdienstleister rutscht nach der Zahlenvorlage zum dritten Geschäftsquartal 2024 binnen eines Tages um 4,2% ab und damit so stark wie seit Mitte 2022 nicht mehr. Auch Konkurrentin Mastercard geriet vorübergehend in den Abwärtssog.
Kursvolatilität sind Anleger von Payment-Giganten eigentlich nicht gewöhnt. Doch in die bislang optimistische Anlegerstimmung, die beiden Konzernen über die vergangenen 15 Jahre eine robuste Outperformance gegenüber dem S&P 500 eingebracht hat, mischen sich nun Sorgen um das langfristige Wachstum.
Analysten zweifeln
So sehen Analysten der US-Investmentbank William Blair, die für Visa grundsätzlich bullish eingestellt sind, für den Titel derzeit wenige Kurstreiber. Damit bestehe ein Kontrast zu anderen Tech-Werten, die ihre Erlöse und Gewinne in den kommenden Jahren infolge ihrer großvolumigen Investitionen in künstliche Intelligenz deutlich stärker ankurbeln könnten. Mit Blick auf den Zahlungsriesen sorgt sich die japanische Investmentbank Mizuho um das Wachstum der Transaktionsvolumina auf dem Netzwerk, das im dritten Geschäftsquartal mit 7% schwächer ausfiel als in den Jahresvierteln zuvor.
Zwar blieb die Erlösentwicklung mit einem Zuwachs um 10% gegenüber dem Vorjahr auf 8,9 Mrd. Dollar nur minimal hinter den Konsensprognosen zurück. Doch fürchtet Mizuho, dass der bestätigte Ausblick des Finanzdienstleisters für das laufende Quartal nun deutlich zu optimistisch ausfällt und damit eine umso größere Enttäuschung drohen könnte.
Verbraucher schnallen Gürtel enger
Rivalin Mastercard sendete kurze Zeit nach der Visa-Zahlenvorlage optimistischere Signale: Nach einem stärker als erwartet ausgefallenen Erlös- und Gewinnwachstum im zweiten Quartal rechnet der Anbieter für das Gesamtjahr 2024 nun ein Umsatzplus im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Die Formulierung ist damit gegenüber der vorherigen Prognose optimistischer geworden CEO Michael Miebach verwies dabei auf „anhaltend gesunde Konsumausgaben“.
Doch gerade diesbezüglich herrscht an den Finanzmärkten wachsender Pessimismus. So weckte der schwächer als erwartet ausgefallene US-Arbeitsmarktbericht für Juli Sorgen davor, dass der amerikanischen Wirtschaft nach der restriktiven Geldpolitik der vergangenen zweieinhalb Jahre die lange antizipierte weiche Landung doch nicht gelingt.
Gedämpfte Ausgabefreude
Unternehmen aus dem Reise- und Freizeitsektor wie der Freizeitparkbetreiber Disney oder die Hotelkette Hilton, die in Kooperation mit großen Banken auch Kreditkarten auf Basis der Zahlungsnetzwerke der Payment-Größen auflegen, haben im Zuge der laufenden Berichtssaison eine gedämpfte Verbrauchernachfrage als Begründung für schwächere Resultate angeführt.
Zahlreiche US-Airlines haben zudem Kürzungen der Ticketpreise angekündigt, mittels derer sie ihre Maschinen für den Rest des Sommers gefüllt bekommen wollen. Auch große Einzelhändler wie Walmart und Target greifen angesichts einer niedrigeren Ausgabenbereitschaft wieder verstärkt zu Discounts, während Fast-Food-Anbieter um McDonald's die Nachfrage mit günstigen Menü-Deals zu stützen suchen.
Großbanken wegen Kapitalvorgaben unter Druck
Für Mastercard und Visa gilt die Entwicklung als besorgniserregend, weil sich die amerikanische Konsumwirtschaft stark auf die Kreditkarten stützt, die auf ihren Netzwerken basieren. Insgesamt haben sich die Kartensalden bei den größten US-Banken seit 2018 um rund 250 Mrd. Dollar ausgeweitet. Zugleich sind die Ausfallraten laut der Fed von Philadelphia um 60 Basispunkte gestiegen.
Die führenden Finanzinstitute des Landes, die zuletzt Kredite im Milliardenwert abschreiben mussten, stehen auch infolge anstehender Verschärfungen von Kapitalvorgaben unter Druck, sensitive Positionen aus der Bilanz zu nehmen. Branchenverbände warnen seit Monaten davor, dass die Kreditvergabe in den USA infolge der Umsetzung des globalen Bankenpakets Basel III ab dem kommenden Jahr deutlich restriktiver werden könnte.
Milliardendeal im Fokus
Zudem müssen sich Mastercard und Visa auf verschärfte Konkurrenz vorbereiten. Denn Discover Financial, neben der auf eine zahlungskräftigere Kundschaft ausgerichteten American Express einer der wenigen echten Wettbewerber der beiden Marktführer, steht vor einem einschneidenden Deal. So kündigte der Kreditkartenanbieter Capital One Ende Februar die 35 Mrd. Dollar schwere Übernahme der Rivalin an. Dadurch sichert sich das Unternehmen nicht nur einen Zugang zu einer größeren Zahl an Kartenkunden mit hohen Bonitätsscores, sondern auch einen Zugriff auf ein eigenes Zahlungsnetzwerk als strategisch wertvolle Finanzinfrastruktur.
Kunden fürchten infolge des Mergers höhere Gebühren und suchen diesen mit einer angestrebten Sammelklage zu blockieren. Doch Capital One pocht auf die eigene Position, den Wettbewerb am Payment-Markt durch den Deal stärken zu können, und verfolgt seit Monaten eine Kampagne, um Regulatoren und US-Gemeinden, deren Vertreter sich vor einem Stellenabbau sorgen, von den Plänen zu überzeugen.
Akquisition naht
Vertreter der nach Bilanzsumme bisher neuntgrößten US-Bank äußerten zuletzt öffentlich Hoffnungen, bis Ende des Jahres eine Freigabe der Akquisition erwirken zu können. Dann will Capital One einige ihrer Karten auf das Discover-Netzwerk umstellen und für andere weiterhin Mastercard und Visa nutzen. Als entscheidender gilt aber, dass der Deal den Dienstleister in die Lage versetzen würde, direkt mit Händlern über Interchange-Gebühren und andere Konditionen zu verhandeln. Damit droht Mastercard und Visa zusätzlicher Druck.