IM INTERVIEW: VIRGINIE MAISONNEUVE

"Pimco bekennt sich zu Aktien"

Die neue Chefin für das Geschäft mit Dividendentiteln kündigt weitere Strategien und Fonds an

"Pimco bekennt sich zu Aktien"

Mit Aktien steht das Bondhaus Pimco noch am Anfang. Das ist auch Virginie Maisonneuve klar, die als neue Chefin dem weltweiten Geschäft mit Dividendentiteln Schub verleihen soll. Interne Ressourcen will sie künftig besser nutzen, so die Managerin, die gerade zu einem der sechs Stellvertreter von Pimco-Mitgründer Bill Gross ernannt wurde.- Frau Maisonneuve, Sie haben vor kurzem die Leitung des Aktiengeschäfts bei Pimco übernommen. Wie sehen Ihre Pläne aus?Die ersten Wochen habe ich vor allem dazu genutzt, möglichst viel Zeit mit meinem Aktienteam zu verbringen und zuzuhören. Wir haben ein Aktien-Investment-Komitee gegründet, in dem ich künftig regelmäßig mit den Teamleitern die Marktentwicklungen und aktuelle Ereignisse diskutieren werde. Neben solchen, eher strukturellen Dingen, habe ich mich natürlich in einem ersten Schritt mit den bestehenden Strategien befasst. Es ist wichtig, dass die bestehenden Produkte ihre jeweils eigene Identität behalten und die Performance erbringen, die Kunden von uns erwarten. Aber natürlich geht es mir in einem zweiten Schritt darum, unser Angebot auszudehnen. Es wird neue Strategien und neue Produkte geben.- Der Bond-Riese Pimco versucht bereits seit einigen Jahren auch bei Aktien einen Fuß in die Tür zu bekommen. Der durchschlagende Erfolg blieb bisher aus. Was wollen Sie ändern?Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel zum langfristigen Erfolg in mehreren Faktoren. Zunächst einmal werden wir die Aktienplattform weiter ausbauen mit dem Ziel, innerhalb eines robusten Risikorahmens Alpha für unsere Kunden zu erzielen. Um Fehlbewertungen an den globalen Aktienmärkten konsequent zu identifizieren, muss man sie aus der Perspektive verschiedener Strategien wie Value, Growth oder Long-Short analysieren. Wir haben mit unseren Deep-Value- und Dividenden-Strategien bereits starke Produkte in den defensiveren Bereichen sowie unsere Emerging-Markets- und Long-Short-Strategien.- Was werden Sie noch anpacken?Daneben möchte ich die internen Ressourcen und die umfassende Expertise des Unternehmens noch besser für unsere Aktienplattform nutzen. Gerade in den Bereichen Makroanalyse, Credit-Research oder Derivative und Rohstoffe sehe ich viele Ressourcen, die wir noch besser nutzen können.Und schließlich habe ich in meiner Position als stellvertretender CIO engen Kontakt und Austausch mit dem Investment-Komitee und den anderen stellvertretenden CIOs, den ich zum Nutzen meines Teams einsetzen kann.- Verstehe ich Sie richtig, das Pimco-Aktienteam hat bisher eher allein vor sich hin gearbeitet, Ressourcen nicht richtig genutzt?So würde ich das jetzt nicht bezeichnen. Natürlich gibt es einen intensiven Wissensaustausch zwischen den Teams. Auch wenn sich Anleihen und Aktien deutlich unterscheiden, gibt es auch Gemeinsamkeiten. Ich manage seit nahezu 27 Jahren Aktien und meine Linie war es dabei immer, mir als Stock Picker bestimmte Titel herauszusuchen. Allerdings erfolgte diese Suche immer innerhalb eines kohärenten makroökonomischen und thematischen Rahmens. Dazu können die Ressourcen des Unternehmens einen überaus wertvollen Beitrag leisten.- Wie viel Geld verwaltet Pimco inzwischen in Aktien?Mit Aktien stehen wir bei Pimco noch relativ am Anfang, zumindest gemessen am Anlagevolumen. Per Ende 2013 betrug das Anlagevermögen in Aktienstrategien 55 Mrd. Dollar. Das sind weniger als 3 % der gesamten Assets von 1,92 Bill. Dollar.- Wie sieht das Bild aus, wenn man allein auf das aktiv verwaltete Aktienvermögen schaut?Ein Großteil der bei uns verwalteten Aktieninvestments liegt in unseren sogenannten Stock-Plus-Strategien. Dabei wird Geld in einen Aktienindex investiert und um Alpha aus bestimmten aktiven Anleiheinvestments ergänzt. In solchen Strategien werden 43 Mrd. Dollar verwaltet. Das Vermögen in rein aktiven Aktienstrategien, davon haben wir mit Long/Short, Deep Value, Dividend und Emerging Markets derzeit vier, beläuft sich auf 12 Mrd. Dollar.- Werden wir schon bald neue Strategien und neue Fonds von Pimco im Aktienbereich sehen?Ja, ganz sicher. Eine der Strategien, die ich einführen möchte, ist eine Growth-at-Reasonable-Price-Strategie. Das ist eine Mischung aus Growth und Value, bei der es darum geht, Ineffizienzen bei der Marktbewertung von Wachstumswerten auszunutzen. Generell gehe ich davon aus, dass sich in den nächsten zwölf Monaten im Aktienbereich bei Pimco eine ganze Menge tun wird. Wir wollen aber etwas schaffen, was sich nachhaltig entwickelt. Man darf sich vor lauter Begeisterung für Neues nicht zu Dingen hinreißen lassen, die letztendlich doch nicht ins Konzept passen.- Und die bestehenden Angebote von Pimco passen Ihnen ins Konzept?Vielleicht ist das draußen nicht so bekannt, wie es sein sollte, aber wir haben ein sehr gutes Angebot. Die Strategien laufen, und daran werde ich auch nichts ändern. Im Gegenteil: Alle unsere Angebote setzen auf eine Fundamentalanalyse mit anschließendem Stock Picking. Das ist eine gute Basis für den Ausbau des Geschäfts und natürlich für gute Performance. Derzeit haben wir 53 reine Aktienexperten in Newport Beach, New York, London und Singapur. Mit neuen Strategien werden wir auch weitere Mitarbeiter brauchen.- Nach der Ankündigung, dass sich CEO Mohamed El-Erian zurückziehen wird, wurde die grundlegende Strategie von Pimco jüngst noch einmal bestätigt. Können Sie uns Details zu den Wachstumsplänen im Aktienbereich nennen?Natürlich haben wir intern Vorstellungen, wie sich das Geschäft entwickeln soll. Einen eher qualitativen Hinweis geben Ihnen dazu die jüngsten Personalentscheidungen bei Pimco.Erstmals wurde mit der Berufung von sechs neuen Deputy-CIOs, den Stellvertretern von Bill Gross, mit meiner Person eine Verantwortliche für die Aktienseite auf dieser Ebene ernannt. Damit bin ich zugleich im Investment-Komitee von Pimco vertreten. Das ist ein eindeutiges Zeichen, Pimco bekennt sich zu Aktien. Und das ist sicher auch zum Nutzen der bestehenden Plattform.- Andere große Asset Manager haben in der Vergangenheit neue Geschäftsbereiche hinzugekauft, um eine gewisse Größe zu erreichen, wie etwa BlackRock, die sich BGI einverleibt haben. Ist das kein Thema für Pimco?Bisher sind wir bei Pimco so vorgegangen, dass wir bestimmten Teams mit spezieller Expertise eine neue Heimat gegeben haben. Das war etwa bei Brad Kinkelaar der Fall, der zusammen mit zwei Kollegen von Thornburg Investment 2011 zu uns kam und heute das Dividend Team leitet. Wir brauchen keine großen Zukäufe, um zu wachsen. Das machen wir besser organisch und nutzen dabei das bestehende Netzwerk.- Warum muss ein Bond-Powerhaus wie Pimco überhaupt Aktien anbieten? Wäre es nicht vielleicht sogar besser bei dem zu bleiben, was man wirklich gut kann?Die Frage, die man sich hier stellen muss, ist doch: Was kann Pimco wirklich gut? Und ich würde das etwas breit gefächerter beantworten: Vermögen verwalten. Und in Aktien ist nun mal ein nicht unbedeutender Teil des weltweiten Vermögens angelegt. Ich glaube, auch mit Blick auf das Know-how, das in diesem Unternehmen versammelt ist, war der Schritt in Richtung Aktien nur eine logische Weiterentwicklung. Zuvor haben wir unser Angebot ja bereits um Alternatives, Rohstoffe und Asset-Allokation ergänzt. Wir wollen umfassende Lösungsansätze für unsere Kunden entwickeln. Und da gehören Aktien ganz einfach dazu.- Ihr Vorgänger bei Pimco, Neel Kashkari, war nicht nur für Aktien, sondern auch generell für strategische Themen zuständig. Er managte keinen eigenen Fonds. Wie wird das bei Ihnen aussehen?Ich will auf jeden Fall – mit meinen Kollegen zusammen – auch Anlagen managen! Seit 26 Jahren bin ich leidenschaftliche Aktienmanagerin und habe viele Strategien verwaltet, einschließlich globaler, europäischer oder Emerging-Markets-Strategien. Ich glaube es ist wichtig, dass ein echter Investor, also jemand aus der Praxis, das Aktiengeschäft leitet.- Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?Ich glaube fest an das Konzept von Führung durch Partnerschaft und hier sehe ich meine Rolle im Team. Als Anleger sehe ich die ganze Welt aus einer Growth-at-Reasonable-Price-Perspektive. Sie entspricht dem, wie ich seit vielen, vielen Jahren im Aktiengeschäft unterwegs bin. Wenn Sie so wollen ist mein Gehirn schon so verdrahtet, dass ich automatisch, wenn ich einen Aktienkurs sehe, analysiere, was mir dieser über die Markterwartungen bezüglich des künftigen Wachstums des Unternehmens sagt. Wenn meine eigene Auffassung und die Markterwartungen differieren, dann steige ich ein. So kann man meinen Investmentstil vereinfacht beschreiben. Ganz wichtig ist mir dabei aber der schon erwähnte makroökonomische und thematische Rahmen. Meine ganze Investorenkarriere orientiere ich mich an langfristigen Trends, die ich zu entdecken versuche. Neue Trends kommen alle zehn bis 15 Jahre, und diese beeinflussen die Ergebnisse von Unternehmen zum Teil erheblich.- Welches sind die Trends, die Sie im Moment sehen?Ganz klar ist das für mich schon eine längere Zeit der Klimawandel. Ich mache mir Gedanken, wie die Entwicklungen rund um den Klimawandel die Unternehmen, in die ich vielleicht investieren möchte, beeinflussen könnten. Eine starke Rolle spielt meines Erachtens aber auch die demografische Entwicklung und die neue Rolle der Schwellenländer.- Die nahezu 30 Jahre andauernde Zeit sinkender Zinsen scheint zum Ende zu kommen. Für Bond-Investoren wird es künftig schwieriger. Welche Erwartungen haben Sie an die Aktienseite?In den nächsten Jahren werden wir uns auf der Aktienseite vor allem mit zwei Faktoren weiter beschäftigen müssen. Das ist zum einen eine anhaltend hohe Volatilität. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Zusammenhang das Vorkrisen-Niveau über die nächsten Jahre nicht erreichen werden. Auslöser für die höhere Schwankungsanfälligkeit sind aber auch die langfristigen Trends, über die wir gerade gesprochen haben. Der zweite Faktor, der meines Erachtens deutlich für Aktien spricht, ist die demografische Entwicklung. Ich glaube, dass es künftig sehr viel mehr Aktieninvestoren in den Emerging Markets geben wird. Und auch in den alternden westlichen Ländern wird sich das Investmentverhalten ändern. Mit steigender Lebenserwartung werden die Anleger ihre Asset-Allokation überdenken müssen. Irgendwo muss das Einkommen ja herkommen, gerade bei niedrigen Zinsen.—-Das Interview führte Julia Roebke.