Politische Risiken: Belastungsprobe für Covered Bonds?

Internationale Verflechtung erhöht Störanfälligkeit - Pfandbrief stellt seine Qualitäten erneut unter Beweis

Politische Risiken: Belastungsprobe für Covered Bonds?

Fragt man Anleger derzeit nach den größten Herausforderungen für die Covered-Bond-Märkte, stehen nicht etwa die Sorgen um die Lage auf den Immobilienmärkten oder die Profitabilität der Banken im Mittelpunkt der Antworten. Viel mehr treiben die Investoren die geringe Marktliquidität und vor allem die steigenden politischen Unsicherheiten um.So hat die Europäische Zentralbank (EZB) – zum Leidwesen der Investoren – seit Oktober 2014 im Rahmen des Covered-Bond-Ankaufprogramms (CBPP3) Papiere im Volumen von über 250 Mrd. Euro angekauft. Dies entspricht etwa einem Fünftel des gesamten ankaufsfähigen EUR-Marktes per Ende 2016. Die Folgen sind dramatisch: Das Angebot am Sekundärmarkt ist praktisch zusammengebrochen, wichtige Investorengruppen, wie etwa Versicherungen, haben sich vom Markt zurückgezogen, und die Renditen fielen auf historische Tiefststände.Mittlerweile sind die Spreads kaum mehr geeignet, um unterschiedliche Kredit- und Länderrisiken der einzelnen Covered Bonds aufzuzeigen. So verringerten sich die Abstände der Risikoprämien zwischen portugiesischen, spanischen beziehungsweise italienischen Covered Bonds und den Pfandbriefen von Anfang September 2014 bis Mitte April 2018 jeweils um etwa 70, 50 beziehungsweise 45 Basispunkte.Auch während politischer Turbulenzen in den letzten vier Jahren wie etwa der Brexit-Abstimmung und der Ablehnung des italienischen Verfassungsreferendums im Jahr 2016 erhöhten sich die Spreads von EUR-Covered-Bonds nur sehr moderat. Viel stärker wirkten sich dagegen rückläufige Ankäufe der EZB auf den Sekundärmarkt aus. Bei Pfandbriefen zogen die Renditen in Phasen genereller Spreadausweitungen jedoch weniger deutlich an als bei Covered Bonds aus den Peripherieländern.Worauf müssen sich Anleger und Emittenten nun einstellen, wenn das EZB-Ankaufprogramm Ende 2018 ausläuft? Immerhin haben die politischen Risiken zuletzt nicht nur in Europa, sondern auch weltweit wieder zugenommen. So dürften Diskussionen über die Auswirkungen des Handelskonflikts mit den USA, den Brexit oder die Zukunft der Europäischen Union weiterhin das Geschehen auf den Finanzmärkten bestimmen. Hält in diesen bewegten Zeiten der Nimbus des Pfandbriefs oder wird auch der deutsche Exportschlager in Zukunft anfälliger für politische Kapriolen? Erster Hinweis aus ItalienEinen ersten Hinweis gibt die Reaktion des Kapitalmarkts auf den Regierungswechsel in Italien Ende Mai dieses Jahres. Zu diesem Zeit-punkt ließen Sorgen über die Steuer- und Wirtschaftspläne der neuen populistischen Regierung in Rom die Risikoaufschläge italienischer Staatsanleihen innerhalb weniger Tage um mehr als 100 Basispunkte steigen. Die sich ausweitende Nervosität griff auch auf italienische Bankanleihen und, wenn auch in geringerem Maße, auf Covered Bonds über. Selbst bei Staatsanleihen anderer EU-Länder sowie Bonds ausländischer Banken forderten die Investoren plötzlich höhere Risikoprämien.Der Grund für dieses Phänomen liegt einerseits in der starken Verflechtung des italienischen Staates mit dem ohnehin schon von notleidenden Krediten geplagten Bankensektor: So stemmen Italiens Banken nach wie vor einen großen Anteil der Staatsfinanzierung. Ende 2017 hielten die Kreditinstitute Staatsanleihen im Umfang von rund 295 Mrd. Euro. Dies entsprach nach Berechnungen der Ratingagentur S & P 8,5 % der aggregierten Bilanzsumme. Ferner gibt es vielfältige wechselseitige Abhängigkeiten zwischen der italienischen Wirtschaft und den Volkswirtschaften anderer EU-Staaten. Bonitätsrisiken überschaubarDie Ratingagenturen weisen daher zu Recht auf die Bedeutung einer stabilen Wirtschaft und die Notwendigkeit weiterer struktureller Reformen und einer sinkenden Staatsverschuldung hin, um Bonitätsnoten des Landes nicht zu gefährden. Bei Moody’s steht das Staatenrating Italiens von “Baa2” seit Ende Mai unter Beobachtung. Stuft die Agentur die Bonitätsnote herab, besteht dann das Risiko, dass auch einige Bankenratings nach unten gezogen werden, da die-se an das Staatenrating gekoppelt sind. In diesem Fall würden auch die Covered-Bond-Ratings in Mitleidenschaft gezogen. Immerhin: Nach einer Herabstufung der Bonität Italiens um ein oder zwei Ratingstufen würden die Covered Bonds mit “Aa3” oder “A1” immer noch über sehr gute Noten verfügen.Dass sich die Risikoprämien italienischer Covered Bonds im Mai wesentlich geringer als die ungedeckter Bankanleihen erhöhten, dürfte zum einen an der guten Qualität der unzähligen besichernden Wohnimmobilienkredite liegen. Die NPL-Quoten (Non-performing Loans) der Deckungsmassen lagen Ende Mai mit maximal 3,6 % (UBI Banca) zuletzt deutlich unter denen der gesamten Kreditbücher. Zum anderen zeigt sich, dass die strukturellen Qualitätsmerkmale wie Doppelbesicherung, Insolvenzferne, Deckungs- und Liquiditätsanforderung das Produkt gut abschirmen.Auf deutsche Pfandbriefe wirkte sich die unübersichtliche Situation in Italien dagegen kaum aus. Damit hat sich der Pfandbrief erneut als krisenerprobter Dauerbrenner erwiesen. Es gibt gute Gründe dafür, dass dies auch künftig so bleiben wird: So nimmt das deutsche Pfandbriefgesetz weltweit nach wie vor eine Vorbildfunktion ein. Nicht von ungefähr orientiert sich der europäische Richtlinienentwurf zur Harmonisierung struktureller Merkmale von Covered Bonds an diesem erstklassigen Produkt. Zudem zeichnet sich der Pfandbrief durch die Größe des Marktes, seine hohe systemische Bedeutung und seine makellose Kredithistorie aus. Mit Stolz darf er daher nächstes Jahr seinen 250. Geburtstag feiern. Auch künftig wird er sich als zuverlässiges Refinanzierungsinstrument und krisenfeste Anlageklasse erweisen.—-Hans-Dieter Kemler, Vorstandsmitglied der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen