Polybius sucht frische Mittel für Bankgründung

Per ICO sollen 25 Mill. Dollar zusammenkommen

Polybius sucht frische Mittel für Bankgründung

Von Björn Godenrath, FrankfurtBislang ist das estnische Start-up Polybius noch eine Stiftung ohne Anschubfinanzierung, will sich nach erfolgreicher Finanzierung über ein Initial Coin Offering (ICO) aber zu einem rein digitalen Geldinstitut mit Lizenz der Europäischen Zentralbank (EZB) mausern. Ein solcher Zulassungsprozess kann bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen, aber Polybius hatte sich 2016 entschlossen, sich auf diese Reise zu begeben, und hat dafür eine Reihe Verbündeter gewonnen. Schweizer Partner helfenNeben drei Firmen aus dem Blockchain-Umfeld (Cryptopay, Hashcoins und Ambisafe) ist das vor allem die Beratungsgesellschaft EY mit einem Team aus der Schweiz – dort sind viele Krypto-Firmen ansässig, locken die lokalen Aufseher doch mit erleichterten Regeln für kapitalmarktorientierte Blockchain-Aktivitäten. EY-Partner Daniel Haudenschild sowie Valdemar Scherer und Sven Möller wollen Polybius jedenfalls zur Seite stehen beim Aufbau operativer Banking-Strukturen inklusive technologischer und juristischer Aspekte. Bei Polybius heißt es auf Nachfrage, dass die Registrierung der Bank dann aber in Estland erfolgen solle und nicht, wie von manchen Branchenexperten erwartet, in der Schweiz.Die Berater von EY waren im März auf einer Blockchain-Konferenz in Kiew auf das Start-up aufmerksam geworden und sind davon überzeugt, dass Polybius wunderbar in die entstehende Finanzwelt passt, die durch EU-Gesetzgebung entsteht – von einer neuen Datenschutzverordnung (GDPR) über eine Zahlungsverkehrsrichtlinie (PSD2) sowie eine Richtlinie zur elektronischen Identifizierung und Datenspeicherung (eIDAS) ist so einiges dabei, was in den kommenden Jahren umzusetzen ist und mitunter Fintechs gegenüber den traditionellen Instituten begünstigt. Da ist es natürlich interessant für die Consultants, selbst ganz vorn dabei zu sein, wenn ein Start-up sich den Markt als rein digitale Bank erschließt.In die von der Regulatorik und den Möglichkeiten der Blockchain geschlagene Bresche will Polybius springen, vor allem mit Payment-Funktionen und Service für (verschlüsselte) digitale Identitäten – so steht es jedenfalls im White Paper, quasi dem Verkaufsprospekt für das Initial Coin Offering (ICO). Dieses soll ab dem 31. Mai stattfinden und 25 Mill. Dollar einbringen. Das Management begibt sich auch ein wenig auf Roadshow und ist am 1. Juni auf der Konferenz “Blockchain Expo” in Berlin präsent. Dort finden die Manager mit der Krypto-Community das Publikum, das im Crowdsale des ICO an der Zeichnung von Anteilen interessiert sein könnte. Darüber hinaus könnten auch einzelne Business Angels und CEOs größerer Firmen aus privatem Kapital investieren, vermutet man bei Polybius. Traditionelle Venture-Capital-Firmen würden ICOs bislang meiden.Emittiert werden Polybius-Token (PLBT) auf Basis von Ethereum, die Gelder werden dann bei der Polybius-Stiftung eingebucht. Für 1 Token müssen 10 Dollar eingezahlt werden. 5 % der Token verbleiben bei den Gründern, der “Streubesitz” beträgt 93 %. Zukünftige Gewinne sollen zu 20 % an die Token Holder ausgeschüttet werden.Gemäß der im White Paper festgehaltenen Roadmap soll zunächst eine Genehmigung als “Payment Institution” beschafft werden, um operativ loslegen zu können, bevor das Kernprodukt “Digital Pass” zur Verfügung steht – innerhalb von drei bis sechs Monaten sollten die bereits laufende Technologieentwicklung abgeschlossen und die notwendigen Lizenzen beschafft sein, sagt CTO Nikolay Pavlovskiy. Die geplante Mittelverwendung aus dem ICO ist im White Paper aufgeschlüsselt: 1,5 Mill. Dollar sind für den Aufbau als “Authorized Payment Institution” vorgesehen, wozu auch eine Swift-Mitgliedschaft gehört. Drei bis neun Monate soll es dauern, bis man die Lizenz als Payment Institution hat. Weitere 1,5 Mill. Dollar sind für den Ausbau zur “Electronic Money Institution” reserviert, wo dann schon die Kreditvergabe starten soll. Mit der nächsten Ausbaustufe “Commercial Bank” wäre die Banklizenz vorhanden, was dann ein Kreditkarten- sowie das Depositengeschäft möglich machen würde. Marktplatz geplantMit 4 Mill. Dollar soll der Aufbau des “Digital Pass” subventioniert werden – über ihre Partner will Polybius vom Start weg Zugang zu rund 500 000 potenziellen Kunden haben. Das Gros der Gelder soll aber mit 15 Dollar in den Aufbau einer Plattform für den Mittelstand (“SME Financial Marketplace”) gehen. Dort soll dann Venture Capital fließen für Blockchain-Firmen – und das ICO als erstes Beispiel für diesen Marktplatz herhalten. Darüber hinaus soll die Plattform den Austausch von Informationen für Investoren ermöglichen. Dem Tableau des Executive Team lässt sich entnehmen, dass die meisten Polybius-Mitarbeiter inklusive der beiden Gründer Ivan Turygin und Sergei Potapenko zur Hashcoin-Mannschaft gehören und Polybius damit mehr oder weniger eine Ausgründung dieser in Tallinn ansässigen Gesellschaft ist, die Ausrüstung für das Bitcoin-Mining bereitstellt. Gutes TimingMit ihrem Token Sale kommen die Esten jedenfalls zur rechten Zeit, erfreuen sich ICOs doch immer stärkerer Nachfrage. Allerdings bestehen bei einigen Rechtsexperten Bedenken gegen diese bislang unregulierte Form der Finanzierung, gibt es doch noch keine validierte Governance für den kompletten Zyklus solcher Investments. ICO-Investoren gehen hohe Risiken ein. Denn sollten die Projekte nicht die erhofften Einnahmen bringen oder die Betreiber nicht wie versprochen ausschütten, sind für die Gelder wohl schwer Haftungsansprüche geltend zu machen.