IM GESPRÄCH: GUNTER DUNKEL

"Positive Erwartungen überwiegen"

Der VÖB-Präsident über Nutzen und Grenzen der geplanten europäischen Kapitalmarktunion

"Positive Erwartungen überwiegen"

Das Vorhaben einer europäischen Kapitalmarktunion trifft beim Spitzenverband der deutschen Landes- und Förderbanken auf Sympathie. “Was unsere Erwartungen an die Kapitalmarktunion angeht, so überwiegen die positiven Erwartungen”, unterstreicht der Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Gunter Dunkel, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.fed Brüssel – Der Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Gunter Dunkel, zeigt sich zuversichtlich, dass die geplante Kapitalmarktunion allen zum Vorteil gereicht, “wenn wir das intelligent genug anstellen”. EU-Kommissar Jonathan Hill bereitet gerade in enger Abstimmung mit allen Betroffenen – Banken, Versicherer, Fonds, Investoren, Verbraucherschützern – einen Aktionsplan vor. Der Brite möchte diesen Maßnahmenkatalog im September präsentieren. Ziel ist es, Alternativen zum Bankkredit attraktiver und einfacher zu gestalten. Die Überlegungen reichen von Standards für Verbriefungen über Vorgaben für Privatplatzierungen bis zu Regeln für Börsenprospekte.Sollte es beispielsweise gelingen, Börsenprospekte europaweit konsequent gleich zu gestalten, würde nicht nur den Investoren das Leben erleichtert, meint Dunkel, der im Hauptberuf Vorstandschef der Nord/LB ist. Auch wäre es von Vorteil, wenn man ein Produkt für mittelständische Unternehmen wie zum Beispiel den deutschen Schuldschein in ganz Europa platzieren könne und ihn damit für europaweit tätige Investoren öffne.Andererseits müsse selbstverständlich darauf geachtet werden, dass die Kapitalmarktunion nicht unnötig bürokratisch gestaltet werde. “Unsere Erfahrungen mit europäischer Standardisierung sind schließlich oft nicht positiv gewesen”, mahnt der VÖB-Präsident. Er gibt aber zugleich zu bedenken, dass man “nicht individuelle Manufaktur haben und gleichzeitig von der Standardisierung profitieren” könne. Dem Bundesverband sei die Klarstellung wichtig gewesen, dass Kapitalmarkt und Kreditfinanzierung “komplementär sind, nicht alternativ”. Er gehe davon aus, “dass das nicht nur ein Lippenbekenntnis zur Befriedung des deutschen Mittelstands war, sondern dass dies ernst gemeint ist”.Hoffnungen auf rasche Erfolgsmeldungen dämpft Dunkel. Er bezweifele, dass die Kapitalmarktunion kurzfristig – also etwa in einem halben Zyklus – spürbare Erleichterungen beim Zugang zu Finanzierungen schaffe. “Die Kapitalmarktunion ist kein schneller Heilsbringer”, stellt der Landesbanker klar. Er halte sie aber für nützlich, weil sie neue Quellen für Investition und Risikotragfähigkeit erschließe – “und wir in der alten Welt ja nur Bankbilanzen zu Verfügung haben”.Auch bremst er übertriebene Erwartungen, was die Zielgruppe angeht. “Die Kapitalmarktunion wird gewiss nicht jedem kleinen Mittelständler nützlich sein – jenen nicht, die ein Risikofaktor sind und auch jenen nicht, die noch ganz am Anfang stehen”. Vielmehr sei sie etwas für diejenigen, die schon weiter fortgeschritten sind und ihr Wachstum finanzieren wollen. Kaffee und Milch trennenVon einem anderen Vorhaben der EU-Finanzmarktregulierer, nämlich den geplanten Vorgaben für eine Bankenstrukturreform, ist Dunkel überhaupt nicht begeistert. “Wir haben von Anfang an die Frage gestellt, ob der Trennbankenansatz sinnvoll ist”, sagt der VÖB-Präsident und ergänzt: “Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass dies kein Schritt ist, der nachhaltig zu mehr Sicherheit im Bankensystem führt.” Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, von sehr großen Banken zu verlangen, den Eigenhandel und gegebenenfalls andere riskante Geschäfte auszugliedern. Dunkel verweist auf die großen Probleme, die damit einhergehen: “Es wird schwierig, die Milch wieder vom Kaffee zu trennen.”Der VÖB werde sich dafür stark machen, die Regeln weiter auf eine kleine Anzahl von Banken zu beschränken. “Zudem werden wir uns dafür einsetzen, dass die herausgelösten Einheiten möglichst überschaubar und klein bleiben.”Was schließlich die Diskussion über Europas Aufsichtsbehörden angeht, meint Dunkel: “Institutionen neigen immer dazu, ihre Grenzen auszutesten.” Es dürfe freilich nicht sein, dass technische Standards dazu genutzt werden, um durchzusetzen, “was man immer schon mal politisch durchsetzen wollte”. Beifall für Hills EvaluierungDer VÖB-Präsident begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung von EU-Kommissar Hill, die Auswirkungen der EU-Vorgaben noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen. Das werde häufig missverstanden als Deregulierungsansatz. “Das halte ich für falsch.” Vielmehr sei Hill bereit, eine Forderung der Kreditwirtschaft aufzugreifen, genau hinzuschauen und die Wechselwirkungen der Regulierung zu evaluieren. Das sei allein schon deshalb wichtig, weil sich die EU-Regulierung als “zu kleinteilig” erweise. “Ist es”, fragt Dunkel rhetorisch, “wirklich notwendig, Banken 150 technische Standards vorzulegen, um ein Ziel zu erreichen?”