Praet wirbt für Bankenunion

EZB-Direktoriumsmitglied beklagt Mangel an Harmonisierung nationaler Aufsichtssysteme

Praet wirbt für Bankenunion

bn Frankfurt – EZB-Direktoriumsmitglied Peter Praet hat die Geldpolitik der Notenbank verteidigt und für die Idee einer Bankenunion geworben. Eine stärker integrierte Finanzmarktunion sei eine der höchsten Prioritäten in Europa, erklärte er am Freitag in einer Rede an der Bocconi-Universität in Mailand laut Redetext. Eine einheitliche Aufsicht, die noch vor wenigen Monaten als für die absehbare Zukunft außer Reichweite betrachtet worden sei, befinde sich inzwischen bereits im Aufbau.Die Krisenmaßnahmen der Notenbank haben seinen Angaben zufolge eine sich selbst verstärkende zerstörerische Dynamik im Bankensektor verhindert. Bis vor Kurzem hätten Banken den Prozess der Enthebelung größtenteils durch Aufnahme von Eigenkapital, eine Umwandlung hybrider Papiere, durch Kapitalzufuhren oder eine Thesaurierung von Gewinnen bewältigt, führte Praet aus. Mit Intensivierung der Staatsschuldenkrise aber habe sich der Druck auf Institute erhöht, sich durch Verkäufe von Aktiva, vor allem solcher mit höheren Risikogewichten, anzupassen. Dabei berge das Deleveraging bei aller Notwendigkeit die Gefahr eines abrupten und ungeordneten Verlaufs. Dies wiederum könne die Bereitstellung von Kredit an den Nichtfinanzsektor gefährden und den Übertragungsmechanismus der Geldpolitik gefährden. Der Mix an Maßnahmen von Banken auf der Aktiv- und Passivseite ihrer Bilanz sei dabei aus der Perspektive des Gemeinwohls nicht immer optimal. Angesichts der Abneigung von Aktionären gegenüber einer Verwässerung von Kapital etwa dürften Banken im Zweifel Asset-Verkäufen und einer Kürzung der Kreditvergabe den Vorzug geben. Aufsichtsbehörden kommt Praet zufolge in dieser Situation die Aufgabe zu, den Prozess in Richtung von Maßnahmen zu steuern, die sich besser vertragen mit dem ökonomischen Wohlergehen, etwa durch eine Anhebung der Kapitalanforderungen im Zuge von Basel III oder durch Bail-in-Maßnahmen, die Gläubiger dazu zwingen, Teile ihrer Forderungen in Eigenkapital zu tauschen oder Abschreibungen zu akzeptieren. Besondere HerausforderungenMangels Befugnissen, etwa eine Abwicklung zu erzwingen, oder infolge von Anreizen, die zu einer Verzögerung von Maßnahmen verleiten, sehen sich Behörden laut Praet dabei indes verschiedenen Beschränkungen gegenüber. So nähmen Bail-in-Maßnahmen wegen der Komplexität großer Bankengruppen und verschiedener rechtlicher Probleme einige Zeit in Anspruch. Europa sei dabei vor besondere Herausforderungen gestellt, da es ihm an einer Harmonisierung nationaler Systeme fehle. Dies erschwere die Auflösung grenzüberschreitender Bankengruppen erheblich.Geldpolitische Maßnahmen könnten zwar den Druck auf Banken lindern, Risiken abrupt abzubauen, allerdings könne die Schaffung üppiger Liquidität Nebeneffekte haben, die sorgsam beobachtet werden müssten, räumte Praet ein. So sei das Risiko zu nennen, dass Anreize zu notwendigen Anpassungen verzerrt würden, indem Dauerkredite und “Zombie”-Banken begünstigt würden. Dies wiederum würde eine anhaltende Quelle von Unsicherheit schaffen, was das Exposure von Banken gegenüber notleidenden Krediten sowie implizite Verpflichtungen von Regierungen angehe, und letztlich die wirtschaftliche Dynamik bremsen. Zudem bänden umfangreiche, der Schaffung von Liquidität dienende Wertpapierpensionsgeschäfte zunehmend Assets im Bankensektor in Form von Sicherheiten, die nicht mehr für andere Arten von Geschäften zur Verfügung stünden. Dies wiederum erschwere Banken die Emission unbesicherter Schuldverschreibungen und daher potenziell ihren Zugang zu privaten Refinanzierungsquellen.