GASTBEITRAG

Prävention gehört zur Einlagensicherung

Börsen-Zeitung, 7.3.2015 Der Deutsche Bundestag berät derzeit über das Umsetzungsgesetz zur Europäischen Einlagensicherungsrichtlinie (DGSD-Umsetzungsgesetz). Der Gesetzentwurf sieht viele Verbesserungen für den Kunden im Entschädigungsfall vor und...

Prävention gehört zur Einlagensicherung

Der Deutsche Bundestag berät derzeit über das Umsetzungsgesetz zur Europäischen Einlagensicherungsrichtlinie (DGSD-Umsetzungsgesetz). Der Gesetzentwurf sieht viele Verbesserungen für den Kunden im Entschädigungsfall vor und wird von den Banken grundsätzlich begrüßt. Allerdings ist unverständlich, warum in Deutschland die Rolle der gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen auch weiterhin nur auf ihre Entschädigungsfunktion beschränkt bleiben soll.Die Aufgabe der Entschädigungseinrichtung der privaten Banken (EdB) besteht bislang darin, die Einlagen der Kunden im Insolvenzfall bis zu einer Höhe von 100 000 Euro zu entschädigen. Nach der Einlagensicherungsrichtlinie soll das Mandat der Einlagensicherungssysteme aber über die reine Auszahlungsfunktion hinausgehen. Die Einlagensicherungssysteme sollen die Möglichkeit erhalten, auch bereits vor Eintritt eines Entschädigungsfalles notwendige Maßnahmen durchführen zu können. Darauf haben die deutschen Berichterstatter im Europäischen Parlament fraktionsübergreifend erfolgreich hingewirkt. Unterstützt wurden sie seinerzeit durch die Bundesregierung. Risiken früh begrenzenIn Betracht kommen etwa risikosteuernde Auflagen, mit denen sich das Einlagengeschäft einer Bank bei drohender Schieflage begrenzen lässt. Kreditinstitute neigen üblicherweise dazu, im drohenden Insolvenzfall ihre Liquidität zu erhöhen und verstärkt Kundeneinlagen anzunehmen. Dadurch aber würde bei einem Ausfall des Instituts nicht nur die Zahl der betroffenen Kunden, sondern auch das Entschädigungsvolumen beträchtlich ansteigen.Reichen Auflagen nicht aus, müssten weitergehende Maßnahmen ergriffen werden, um den unkontrollierten Ausfall eines Kreditinstituts zu verhindern. So könnte das Einlagensicherungssystem Teile eines insolvenzbedrohten Instituts auf eine Brückenbank übertragen. Für den Kunden hätte dies den Vorteil, dass seine Geschäftsbeziehung erhalten bliebe, die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Abwicklung aber gesenkt und weitere damit verbundene Negativeffekte vermieden werden könnten. Um es klar zu sagen: Ziel einer solchen Brückenlösung wäre nicht, das Institut am Leben zu erhalten, sondern es geordnet abzuwickeln. Mit marktwirtschaftlichen Prinzipien stünde eine solche Maßnahme also durchaus in Einklang. Vorbild Europa und USASolche präventiven Eingriffsrechte sind nicht neu, stehen sie doch den Einlagensicherungssystemen anderer europäischer Länder sowie dem immer wieder zitierten Role Model der US-amerikanischen Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) seit langem zur Verfügung. Auch der deutsche Gesetzgeber erkennt den Nutzen an, indem er den Institutssicherungen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken solche Vorfeldinterventionen ausdrücklich erlaubt.Abweichend davon will der nun vorliegende Gesetzentwurf der gesetzlichen Sicherungseinrichtung der privaten Banken ein solches Eingriffsrecht nicht zugestehen. Diese Beschränkung des Mandats der gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen begründet der Gesetzgeber vor allem mit beihilferechtlichen Bedenken. Dabei legt die Richtlinie klar fest, dass Maßnahmen der Einlagensicherungssysteme “stets mit den Bestimmungen über staatliche Beihilfen im Einklang” zu stehen haben. Die konkreten Maßnahmen müssen lediglich beihilferechtskonform ausgestaltet sein.Auch Kompetenzschwierigkeiten zwischen dem Einlagensicherungssystem, der Finanzaufsicht BaFin und der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) werden durch die Einlagensicherungsrichtlinie wirksam ausgeschlossen. So dürfen alternative Maßnahmen durch ein Einlagensicherungssystem nur dann ergriffen werden, wenn die Abwicklungsbehörde selbst bislang nicht aktiv geworden ist. Für die institutsbezogenen Sicherungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken wurde diese Anforderung in den Gesetzentwurf übernommen. EU-Recht optimal nutzenDas Gesetz sollte an dieser Stelle nicht mit zweierlei Maß messen. Der jetzt vorliegende Entwurf ist im Interesse der Finanzmarktstabilität und der Kunden entsprechend zu ergänzen, um die in der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeiten optimal zu nutzen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch und sollten aufgegriffen werden.—-Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken