Preisentwicklung auf Europas Wohnimmobilienmärkten trotz Corona robust
Auf der Suche nach langfristig steigenden Assetpreisen geraten Wohnimmobilien zunehmend ins Blickfeld. Die Preisentwicklung für Wohnimmobilien in Europa war auch noch im zweiten Quartal 2020 aufwärts gerichtet, obwohl Corona bekämpfende Maßnahmen und erste Lockdowns zu beobachten waren. Sind vor diesem Hintergrund Wohnimmobilien auch langfristig ein lohnendes Investment in einer Krise?In der Europäischen Union (EU) lagen die Wohnimmobilienpreise im ersten Halbjahr um 4,9 % höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, ein Anstieg, der zuletzt 2007 übertroffen wurde (ausführliche Tabelle online verfügbar – siehe Hinweis am Textende). In Deutschland lag der Anstieg mit + 6,9 % nur im Kalenderjahr 2016 mit + 7,5 % höher. Luxemburg verzeichnete im ersten Halbjahr 2020 mit + 13,7 % die höchsten Wohnimmobilienpreissteigerungsraten in Europa.Die längerfristige Entwicklung seit 2000 verlief dagegen weit weniger dynamisch. Das gilt insbesondere für Deutschland und seine Nachbarstaaten, die bereits im Jahr 2000 Mitgliedstaaten der EU waren: Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und Österreich. Für die Analyse herangezogen wurden Daten des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat), die für diesen Zeitraum die Wohnimmobilienpreisentwicklung ausweisen. Im Gegensatz zu allen anderen EU-Mitgliedstaaten, für die vergleichbare Zahlen vorliegen, verzeichnete Deutschland zu Beginn des Jahrtausends bis zur Finanzkrise (2000 bis 2008) nahezu stagnierende Immobilienpreise (-2,4 % bzw. – 0,3 % p.a.). Die Wohnimmobilienpreise entwickelten sich von 2000 bis 2008 somit überall aufwärts, und zwar zwischen + 15 % in Österreich und + 115 % in Luxemburg. Deutschland sticht hervorIm Anschluss daran, von 2008 bis 2013 mit einer in vielen Ländern rückläufigen Preisentwicklung – auf EU-Ebene (- 1,2 % p.a.) – und in der aktuellen Periode, fällt auf, dass Deutschland insbesondere, d.h. seit 2013 im Vergleich zum EU-Durchschnitt (+ 3,8 % p.a.) sowie seinen Nachbarstaaten eine überdurchschnittlich starke Aufwärtsentwicklung verzeichnete (+ 5,6 % p.a.). Ähnlich positive Entwicklungen wiesen unter den Nachbarstaaten nur Luxemburg, Österreich und die Niederlande auf. Unterdurchschnittlich entwickelten sich die Wohnimmobilienpreise in Belgien (+ 2,4 % p.a.) und Frankreich (+ 1,2 % p.a.).Betrachtet man die Kontinuität der Preisentwicklung in den einzelnen Jahren, verzeichneten die Länder mit dem stärksten Wachstum der Immobilienpreise, Deutschland und Österreich, sogar nahezu unterbrechungsfreie Preisanstiege. Die letzten Jahre mit Preisrückgängen waren 2007 in Deutschland und 2004 in Österreich. Auch in der gesamten EU sind dies die beiden einzigen Länder, die zwischen 2008 und 2019 niemals Preisrückgänge zu verzeichnen hatten. Preisrückgang nur 2009Belgien und Luxemburg verzeichneten lediglich im Jahr 2009 einen Preisrückgang bei Wohnimmobilien, der aber schon nach einem Jahr kompensiert war und von einer kontinuierlichen Aufwärtsbewegung abgelöst wurde. In Dänemark und den Niederlanden zogen sich die Preisrückgänge über mehrere Jahre bis 2012 bzw. 2013 hin. Sie erreichten erst 2017 in Dänemark und 2018 in den Niederlanden ihr Niveau vor Beginn des Abschwungs.Eine besondere Entwicklung nahm Frankreich, wo sich die Wohnimmobilienpreise erst rasch bis 2011 wieder erholten, aber anschließend bis 2015 wieder zurückgingen, um erst 2018 einen neuen Höchststand zu erreichen. Ein Blick auf Deutschland und seine angrenzenden Staaten zeigt, dass dort seit 2008 überall die Wohnimmobilienpreise entweder permanent gestiegen sind oder zumindest bis 2019 neue Höchststände erreicht haben. In Griechenland, Italien und Spanien sowie Irland dagegen liegen die Wohnimmobilienpreise noch immer unter dem Stand von 2008, in Italien sogar auf dem niedrigsten Stand seit dem Abschwung, der dort vom Höchststand 2011 einsetzte.Eine Einbeziehung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zeigt, dass eine krisenhafte Entwicklung in der Gesamtwirtschaft, wie sie die Finanzkrise darstellte, auch in den meisten Staaten die Wohnimmobilienpreisentwicklung zumindest zeitweise negativ beeinflusste. Die bis jetzt vorliegenden Daten zur Wohnimmobilienpreisentwicklung im ersten Halbjahr 2020 zeigen weiterhin für Deutschland, Österreich und Luxemburg tendenziell bessere Entwicklungen als für Volkswirtschaften, die zeitweise in Stabilisierungsprogramme einbezogen waren.Die im ersten Halbjahr 2020 negative gesamtwirtschaftliche Entwicklung vieler Länder – mitbedingt durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie – hat sich noch nicht in einer negativen Entwicklung der Wohnimmobilienpreise niedergeschlagen. Es bleibt abzuwarten, ob eine preisdämpfende Wirkung später einsetzen wird, oder – als Folge sich abzeichnender Aufholprozesse und/oder der weiterhin niedrigen Zinsen – die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien tendenziell aufwärts gerichtet bleibt. Geringe AuswirkungenIn Deutschland, Luxemburg und Österreich waren im Gefolge der Finanzkrise geringe Auswirkungen auf die Wohnimmobilienmärkte zu verzeichnen. Dies stimmt zumindest dort optimistisch, falls nicht deren Wirtschaft doch noch stärker von der Pandemie und den Maßnahmen zur ihrer Bekämpfung betroffen sein wird. Die vom Autor geäußerten Ansichten sind seine eigene Meinung und stimmen nicht notwendigerweise mit den Ansichten der Europäischen Kommission überein. https:// www.boersen- zeitung.de/ index.php?li=135 Peter Parlasca, Senior Expert Real Estate Statistics – Eurostat/Luxemburg