Preiskämpfe durch Markteintritt von Buffett
Die Allianz will den verschärften Wettbewerb im deutschen Industrieversicherungsmarkt mit einem ausgebauten Serviceangebot und innovativen Produkten angehen. Der hiesige Markt wird aufgemischt, denn eine Gesellschaft des US-Investors Warren Buffett startet ihr Geschäft – ein Thema für den Branchenkongress GVW Symposium.mic München – Der Allianz-Industrieversicherer AGCS erwartet in Deutschland mehr Preiskämpfe, weil im Frühsommer die Gesellschaft Berkshire Hathaway Specialty Insurance des US-Investors Warren Buffett das Versicherungsgeschäft in Deutschland gestartet hat. “Jeder neue Konkurrent verschärft am Ende auch den Wettbewerb”, sagte Christopher Lohmann, der die AGCS-Aktivitäten in Zentral- und Osteuropa leitet, vor Beginn des Branchenkongresses GVW Symposium vom 7. bis 9. September in München.Im umkämpften Industrieversicherungsmarkt differenziere sich die AGCS als Führungsversicherer mit einem ausgebauten Serviceangebot. Zweitens biete sie innovative Produkte beispielsweise für den Schutz vor Cyberangriffen oder Terrorakten. So könne die Allianz mancherorts Preise und Konditionen durchsetzen, die ein reiner Anbieter von Kapazität nicht erzielen könne. Keine neuen CaptivesDer Preisdruck im deutschsprachigen Raum sei über das gesamte Buch hinweg nicht dramatisch, betonte Lohmann. Er liege bei 1 % bis 2 % jährlich. Zudem seien die Vehikel für alternatives Kapital, das über den Kapitalmarkt eingesammelt werde, im zweiten Quartal nicht wesentlich gewachsen. In der Vergangenheit hatten diese zusätzlichen Kapazitäten den Wettbewerb verschärft.Allerdings sagte Lohmann: “Ich bin überzeugt, dass Versicherungsschutz im Moment günstig einzukaufen ist.” Einige Anzeichen sprächen dafür, dass dies auch Makler und Kunden so beurteilten. Beispielsweise sehe man im Moment keine Captive-Gründungen – große Konzerne verzichten also darauf, ihre Versicherungsrisiken intern abzudecken. Stattdessen wählten Unternehmen längere Laufzeiten ihrer Policen, um sich Konditionen zu sichern. Statt jedes Jahr neu zu verhandeln, würden nun verstärkt Zwei- oder Dreijahresverträge nachgefragt. Zudem würden in einzelnen Branchen wie der Managerhaftpflicht zusätzliche Kapazitäten aufgelegt.Angesichts des Preisniveaus müsse die Allianz in einigen Fällen korrigierend eingreifen und aus Profitabilitätsgründen auf Abschlüsse verzichten, sagte Lohmann: “Das Gegensteuern machen wir sehr konsequent über das gesamte Buch hinweg.” Der Prozess sei aber Routine. Einzelne Sparten möchte der AGCS-Manager nicht herausheben. Einen Rückzug aus kompletten Linien gebe es nicht.Lohmann ist überzeugt, dass die Kunden nicht alle Anbieter über den Kamm der Preis-Konditionen scheren: “Eine Differenzierung ist möglich.” Entscheidend seien guter Service mit herausragendem Personal, ein internationales Netzwerk sowie ein solides Underwriting. Das Resultat seien gewachsene Kundenbeziehungen: “Dies führt zu einer Stabilität im Portfolio.” Trotz des intensiven Wettbewerbs habe es die AGCS in Deutschland/Zentraleuropa im laufenden Jahr geschafft, von jedem Euro, den zum Jahresbeginn im Bestand lag, 94 Cent in den Büchern zu halten. Schon in den vergangenen Jahren habe der Industrieversicherer diese Rate immer über 90 Cent pro Euro gehalten: “Die hohe Erneuerungsrate bei Bestandskunden ist die Basis für das Wachstum, das wir in den letzten Jahren hingelegt haben.” Einstieg in die Filmbranche2015 zeigte die AGCS mit Bruttoprämieneinnahmen von fast 1,4 Mrd. Euro in der Region ein solides Wachstum, sagte Lohmann: “Ich bin auch im ersten Halbjahr 2016 sehr zufrieden.” Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote liege ebenfalls im Plan: “Die Combined Ratio ist gut unter 100 %.” Keine Selbstverständlichkeit, schließlich war die AGCS beispielsweise durch Schadenereignisse wie die Flut in Deutschland getroffen worden. Die gesamte AGCS landete wegen der erhöhten Naturkatastrophenbelastung in den ersten sechs Monaten bei einer Schaden-Kosten-Quote von 102,9 %. Die Beitragseinnahmen sanken um 3,5 %.Zusätzliches Wachstumspotenzial verspricht Lohmann sich durch den Einstieg in die Absicherung der Filmbranche und von Veranstaltungen: “Wir versuchen, die langjährige Erfahrung unserer US-Gesellschaft Fireman’s Fund in der Versicherung von Filmen und Veranstaltungen nach Europa zu bringen.” Es gebe eine lebendige Filmindustrie in Deutschland, aber auch in Ungarn und Tschechien. Die US-Expertise lasse sich zwar nicht unverändert auf Europa übertragen, schließlich sei beispielsweise Filmförderung in den USA unbekannt. Mit zwei erfahrenen Underwritern, die im Oktober ihre Tätigkeit aufnähmen, werde die Allianz jedoch das Geschäft Schritt für Schritt aufbauen: “Ich verspreche mir einiges davon, das hat ein klares Wachstumspotenzial.” Die Allianz gehe mit substanziellen Summen in den Markt: “Wir haben eine Nettokapazität von über 150 Mill. Euro.” Wie in den Vereinigten Staaten werde die AGCS mit der Firma Film Finances kooperieren, die Garantien für die Fertigstellung von Filmen bietet und ein Büro in Deutschland betreibt.In der Cyberversicherung, die die Allianz als einer der ersten Anbieter mitentwickelte, hat die AGCS laut Lohmann weltweit bereits einen zweistelligen Millionenbetrag in die Bücher geschrieben. Als Ergebnis mittlerweile dreijähriger Erfahrung in dem Geschäft habe man gerade die Produktbedingungen überarbeitet, die Zahl der Partnerunternehmen erweitert und Schadenabwicklungsprozesse genauer definiert.Ein Riesenthema sei die Absicherung gegen das Terrorrisiko: “Bedingt durch das Umfeld läuft das im Moment sehr stark.” Es gebe viele Anfragen zu Terror-Ausfallversicherungen von Veranstaltungen jeder Art. Kunden seien Konzertveranstalter, aber auch andere Firmen. Die AGCS habe sich den Markt erschlossen durch das Anheuern von Christof Bentele (London) und Björn Reußwig (Frankfurt). Die Schlussfolgerung von Lohmann: “Neue Geschäftsfelder zu besetzen, läuft über das Know-how.”