Priips und Mifid bedeuten Mammutaufgaben

Umsetzung stellt Finanzbranche vor Herausforderungen - Datenvolumen steigt um ein Vielfaches - Abstimmung und gemeinsame Standards helfen

Priips und Mifid bedeuten Mammutaufgaben

Seit dem 1. Januar 2018 greift eine der größten regulatorischen Veränderungen der jüngsten Zeit: Die EU-Verordnung 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte – besser bekannt unter dem Kurznamen Priips-Verordnung. Sie sieht vor, dass Kleinanleger für verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte (im Englischen: Packaged Retail and Insurancebased Investment Products, kurz: Priips) einheitliche Basisinformationsblätter (im Englischen: Key Information Documents, KIDs) zur Verfügung gestellt bekommen. Vergleichbarkeit als ZielDie Basisinformationsblätter sind immer auszuhändigen, wenn der Kunde auf das betreffende Produkt aufmerksam gemacht wird beziehungsweise wenn ihm die Möglichkeit eröffnet wird, dieses zu kaufen. Sie enthalten auf drei Seiten Informationen zu den Anlagerisiken, Wertentwicklungs-Szenarien und der Kostenstruktur. Damit soll die direkte Vergleichbarkeit von Finanzprodukten ermöglicht und für den Anleger eine höhere Transparenz – insbesondere hinsichtlich der Kosten und Risiken – geschaffen werden.Im ersten Schritt waren die Emittenten strukturierter Produkte – also die Hersteller – gefordert, diese Key Information Documents zu produzieren beziehungsweise von spezialisierten Dienstleistern erstellen zu lassen und in der jeweils aktuellsten Version elektronisch (als PDF-Dokument) frei zugänglich zur Verfügung zu stellen. Neben der Verpflichtung, insbesondere die Kosten und Risiken tagesaktuell neu zu berechnen, müssen diese Dokumente auch für die jeweiligen Vertriebsländer in der jeweiligen Sprache zur Verfügung gestellt werden.Weiterhin besteht für den Hersteller sowie für die Vertriebsstelle (zum Beispiel die beratende Bank) die Verpflichtung der Archivierung jedes ausgehändigten Key Information Documents für einen Zeitraum von zehn Jahren. Milliarden von DokumentenBei über zwei Millionen strukturierter Finanzprodukte, die in Deutschland zum Handel zugelassen sind, müssen somit Milliarden von Dokumenten produziert, verwaltet, ausgehändigt und archiviert werden. Und damit nicht genug: Nach aktuellem Stand sieht die Verordnung vor, dass auch für Publikumsfonds ab dem 1. Januar 2020 diese Dokumente anstelle der seit 2011 auf Grundlage der EU-Richtlinie für Kleinanlegerfonds (OGAW) gültigen Wesentlichen Anlegerinformationen (WAI) an den Kunden ausgehändigt werden müssen.Neben der technischen Herausforderung für die Fondsgesellschaften, Assetmanager und Versicherungen besteht laut Einschätzung des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) aktuell noch Nachbesserungsbedarf bei den Vorschriften zu den Inhalten dieser Dokumente. Der deutsche Fondsverband setzt sich daher für Korrekturen an der Priips-Verordnung ein und schlägt vor, den Starttermin für das erforderliche Key Information Document für Fonds um 24 Monate zu verschieben – das würde bedeuten auf Januar 2022. Job gut gemachtUngeachtet dessen kann man heute, im vierten Kalenderquartal nach Inkrafttreten der Priips-Verordnung, konstatieren, dass die beteiligten Unternehmen der Finanzbranche auf europäischer Ebene ihren Job gut gemacht haben. Nach zeitweise massiven Problemen bei der rechtzeitigen und vollumfänglichen Bereitstellung der regulatorischen Dokumente für alle Transaktionen in Priips-relevanten Finanzprodukten zu Beginn des Jahres ist heute bei der Mehrheit der Vertriebsstellen eine nahezu vollständige Verfügbarkeit von Key Information Documents gegeben.Ermöglicht wurde dies insbesondere durch die Bereitschaft der Hersteller, Vertriebsstellen, Verbände und Dienstleister, sich in Arbeitsgruppen und Gremien zu den konkreten Umsetzungsschritten und Notwendigkeiten abzustimmen und gemeinsam Standards zu setzen. Besonders vor dem Hintergrund der ebenfalls seit 2018 geltenden, novellierten EU-Marktrichtlinie (Mifid II) durchaus eine Mammutaufgabe, die für die Finanzinstitute auch erhebliche Investitionen in Personal und Technik nach sich zogen.Im Zuge von Mifid II und Priips ist das zu verarbeitende Datenvolumen um ein Vielfaches gestiegen. Im Beratungsprozess beziehungsweise vor jeder Transaktion ist nun beispielsweise zu prüfen, ob das Finanzinstrument auch für den Anleger geeignet ist. Bei der Product Governance werden also verschiedene Parameter abgeglichen, bevor eine Transaktion überhaupt stattfinden kann. Die relevanten Daten müssen demnach konsistent zwischen allen Emittenten und Vertriebsstellen ausgetauscht werden – und das mindestens auf täglicher Basis.Die fortschreitende Digitalisierung der Prozesse im Wertpapiergeschäft sowie das Commitment der Marktteilnehmer zu Standards für den Daten- und Dokumentenaustausch sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung regulatorischer Vorgaben.Eine zentrale Rolle bei der Standardisierung der für das Wertpapiergeschäft erforderlichen Daten und Dokumente spielt WM Datenservice, ein Profitcenter der WM Gruppe, zu der auch die Börsen-Zeitung gehört. WM Datenservice verfügt als Vergabestelle der internationalen Wertpapierkennnummer (ISIN) für in Deutschland zum Handel zugelassenen Finanzinstrumente über die entsprechenden technischen Anbindungen zu den Marktteilnehmern und beschafft, aggregiert und verteilt die relevanten Wertpapierstammdaten sowie die zugehörigen Dokumente. Zentrale PlattformZur Unterstützung bei der Umsetzung der Priips-Verordnung hat WM Datenservice eine zentrale Plattform entwickelt, über die nahezu alle beratungsrelevanten regulatorischen Dokumente für die Finanzmärkte Deutschland und Österreich als PDF-Dokument zum Download verfügbar sind. Neben den oben genannten Key Information Documents sind über den WM European Documents Hub (EDH) auch die Wesentlichen Anlegerinformationen beziehungsweise KIDs für OGAW-Fonds sowie Zusatzdokumente (Rechenschaftsbericht, Halbjahresbericht) abrufbar. Durch die direkte Anbindung an die Hersteller der Finanzinstrumente ist die jederzeitige Aktualität der Dokumente sichergestellt. Der European Document Hub übernimmt darüber hinaus auch die Archivierung aller abgerufenen Dokumente für einen Zeitraum von zehn Jahren, wie in der EU-Verordnung gefordert.In Kombination mit den relevanten Mifid-II- und Priips-Daten, die ebenfalls standardisiert von WM Datenservice zur Verfügung gestellt werden, ist für die Kunden des WM Datenservice eine konsistente und zuverlässige Unterstützung des Wertpapiergeschäftes gewährleistet.—-Patrick Althausen, Leiter Verkauf und Verkaufsadministration beim WM Datenservice