Daniel Franke

“Primäres Ziel einer Anlage völlig vernachlässigt“

Die Stiftung Warentest hat Robo-Advisor geprüft und ignoriert für ihre Bewertungen Renditeaspekte. Das sorgt bei Experten wie Daniel Franke, Betreiber von Brokervergleich.de, für Verwunderung.

“Primäres Ziel einer Anlage völlig vernachlässigt“

Björn Godenrath.

Herr Franke, die Stiftung Warentest hat einen Robo-Advisor-Test durchgeführt, mit dem Sie nicht ganz glücklich sind. Wo liegt denn da aus Ihrer Sicht das Problem?

Überspitzt formuliert liegt das Problem darin, dass mehr Wert auf den Beipackzettel als auf die Wirkung gelegt wurde. Wenn das größte Gewicht auf die Produkt- und Kosteninformation anstatt auf die Performance für den Kunden gelegt wird, dann stimmt etwas nicht.

Das heißt, hier wurden nur Kosten geprüft, ohne diesen die Ertragschancen gegenüberzustellen?

So sieht es aus. Wir halten den Verzicht auf eine entsprechende Rendite-Bewertung für den essenziellen Fehler des Tests. Damit wird das primäre Ziel einer Anlage völlig vernachlässigt.

Die Spanne der Fondskosten reicht von 0,59% bis 2,49%. Gibt es denn Robos, die Ihren Daten zufolge Kosten am oberen Ende der Spanne mit Performance wettmachen?

Ja, Fidelity Wealth Expert und Vividam zum Beispiel. Beide haben laufende Kosten von mehr als einem Prozent pro Jahr, liegen aber bei der Performance nach Kosten und Gebühren auf Platz 2 bzw. 4 aller 25 von uns verglichenen Robo-Advisor in der seit Mai 2020 laufenden Testphase.

Es wurden Anbieter mit „Mangelhaft“ bewertet, weil man mit den Angaben im Beipackzettel nicht zufrieden war. Wird die Priips-Verordnung damit nicht absurd übergewichtet?

Natürlich. Die Produkt- und Kosteninformation ist ohne Frage eine dringend notwendige und relevante Information, aber Anleger dürften in erster Linie daran interessiert sein, welche Rendite der Anbieter nach Abzug von Kosten und Gebühren für sie erwirtschaftet.

Der Fidelity Wealth Expert und Vividam zeigen in Ihrem Performance-Test auf Brokervergleich.de eine Top-Performance nach Abzug aller Kosten und Ge­bühren. Bei der Stiftung Warentest werden sie herabgestuft wegen angeblicher Mängel im Portfoliomanagement. Wie soll ich mich als Anleger da orientieren?

Ganz ehrlich? Eher an der Performance, denn bemängelt wird primär das Fehlen eines „echten Sicherheitsbausteins“, was auch immer sich die Stiftung Warentest darunter vorstellt. In ihrem eigenen Magazin legt sie Anlegern ihre Pantoffel-Portfolios ans Herz, die aus 75 bis 0% risikofreiem (Tagesgeld, Staatsanleihen) und 25 bis 100% risikobehaftetem Anteil (Aktien) bestehen. Gerade jüngere Anleger mit entsprechend langem Anlagehorizont wären da bei 0% risikolosem und 100% risikobehaftetem Anteil gut aufgehoben und hätten ebenfalls keinen „Sicherheitsbaustein“ im Depot, der eben auch immer Rendite kostet.

Nachhaltige Anlagen werden verstärkt nachgefragt. Geht das in der Regel mit höheren Kosten einher?

In der Regel ja, aber es gibt Ausnahmen. Einige Anbieter wie Vividam haben sich diesem Thema voll und ganz verschrieben und rufen dafür eben auch etwas höhere Gebühren auf, wobei – wie bereits erwähnt – auch die Rendite nach Abzug der Gebühren stimmt. Andere Anbieter wie Growney oder Quirion bieten nachhaltige Strategien beziehungsweise Portfolios zu denselben niedrigen Kosten an, die bei ihren „normalen“ Strategien anfallen.

Wo einige Robos Probleme hatten, war das Steuern durch turbulente Marktphasen mit schnellen Umschichtungen. Versprechen die sogenannten Robos der zweiten Generation beim Auslesen der Marktsignale da ein verbessertes Rebalancing der Portfolien?

Das hoffen wir doch sehr. Bei einem der prominentesten Robo-Advisor hat der verwendete Value-at-Risk-Ansatz ja total versagt mit entsprechendem Ergebnis bei der Performance. Wir haben dazu eine Auswertung veröffentlicht, wie die von uns betrachteten Robo-Advisor durch den Corona-Crash und die anschließende Erholung gekommen sind, und bis auf zwei Anbieter sind alle wieder im Plus.

Der Kontenvergleich als EU-Vorgabe ist nun auch bei der Stiftung Warentest gelandet, nachdem die Verbraucherschützer Check24 mit Klagen mürbe gemacht haben. Ist das eine gute Wahl? Oder sollte das dauerhaft bei der BaFin landen?

Das ist ein ganz spezielles Thema. Wir betreiben ja als Finanzredaktion auch eigene Vergleiche und sehen es kritisch, wenn einem einzigen Anbieter hier ein Marktvorteil geschaffen wird. Was der Öffentlichkeit nicht immer bekannt ist: Die Banken und Sparkassen sollen der Stiftung Warentest die für den Kontenvergleich erforderlichen Informationen per Schnittstelle zur Verfügung stellen, und die Kosten dafür im geschätzt niedrig einstelligen Millionenbereich pro Jahr müssen sie selber tragen. Alle Finanzredaktionen außer der Stiftung Warentest müssen sich die Informationen nach wie vor aus Tausenden PDFs zusammensuchen oder an jede Bank einzeln herantreten. Das ist das Gegenteil von gleichem Zugang zu Informationen und dürfte noch für einigen Unmut in der Branche sorgen. Fair und vor allem dem Ruf nach mehr Digitalisierung gerecht werdend wäre es, wenn die Banken ihre Produktinformationen über einheitliche Schnittstellen allen Interessenten zur Verfügung stellen würden.

Das Interview führte