MIFID-KONGRESS DER BÖRSE STUTTGART

"Privatanleger sind die Trottel"

Der Schutz der Sparer geht vielen zu weit - Bankberater fürchten Haftung

"Privatanleger sind die Trottel"

bl Stuttgart – Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht. Das gilt auch für den Anlegerschutz, der sich nach übereinstimmender Meinung der Teilnehmer einer Diskussionsrunde zum Thema “Politik und Anlegerschutz” im Rahmen des 8. Mifid-Kongresses der Börse Stuttgart durch staatliche Regulierungsmaßnahmen nicht verbessert hat.In seiner launigen Keynote wies Professor Dr. Hans-Peter Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, darauf hin, dass die Schaffung von mehr Transparenz, die Vereinheitlichung der Regulierung oder eine umfangreichere Haftung nicht immer besser seien. Umfangreiche Bestimmungen, etwa im Rahmen der seit Mifid I vorgeschriebenen Beratungsprotokolle für Anleger, hätten dazu geführt, dass viele Bankberater gar nicht mehr zu Wertpapierkäufen rieten und Anleger davor zurückscheuten. Bankberater fürchteten auch die umfangreichen Haftungsrisiken.In der anschließenden Diskussion wies Christoph Bruns, Vorstand des Aktienfondsspezialisten Loys, darauf hin, dass die Regulierung zu einer “desaströsen Vermögenssituation” in Deutschland beigetragen habe. Es gehe viel Volksvermögen verloren.Selbst Markus Rösler, Landtagsabgeordneter der Grünen in Stuttgart, räumte ein, dass sich die Situation der Sparer nicht verbessert habe und die Ziele des Anlegerschutzes nicht erreicht worden seien. Volker Wissing, Vorsitzender der FDP in Rheinland-Pfalz, sieht den mündigen Verbraucher sogar entmündigt, weil er sich beraten lassen müsse, selbst wenn er das gar nicht wolle.Einigkeit in der Diskussionsrunde herrschte darüber, dass “Bildung der beste Anlegerschutz” sei, wie es Christoph Boschan, Geschäftsführer der Börse Stuttgart Holding, formulierte. Um das Wissen der Deutschen um Finanz- und Anlagethemen sei es schlecht bestellt, so alle Anwesenden. Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg hat das Thema in den Lehrplan aufgenommen. Dass es so schlecht um die deutsche Anlegerkultur stehe, sei ein enormer Nachteil für die deutsche Wirtschaft, fand Bruns.Burghof beklagte einen schleichenden Übergang einer fürsorglichen in eine bevormundende Sozialpolitik. Selbst wenn sich zeige, dass Maßnahmen negativ seien, könne das Rad nicht mehr zurückgedreht werden. Als Beispiel nannte er die Finanztransaktionssteuer, die vor allem Privatanleger belaste und damit ihre Altersvorsorge gefährde. Sogar die FDP stimmte damals der Steuer zu, an der Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) festhält. Die Privatsparer, welche die Finanzkrise nicht ausgelöst hatten und vor Auswüchsen geschützt werden sollten, zögen den Kürzeren, fanden die meisten Diskussionsteilnehmer. “Die Privatanleger sind die Trottel”, hieß es.