Privatbanken stellen Adaptionsfähigkeiten unter Beweis

Rolle des Großherzogtums als führendes Private-Banking-Zentrum in der Eurozone sichern - Trends zur richtigen Zeit aufgreifen

Privatbanken stellen Adaptionsfähigkeiten unter Beweis

Weltweit befindet sich das Bankgeschäft im Wandel. Die Ursachen sind vielfältig. Seit der Finanzkrise wurden erhebliche und grundlegende regulatorische Veränderungen eingeführt, auf europäischer sowie internationaler Ebene. Die Bankenaufsicht in der Eurozone wurde durch die Bankenunion neu definiert, genau wie die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und der Einlagensicherungsschutz. EU-weit wurde ein einheitliches Regelwerk, das “Single Rule Book”, das unter anderem Eigenkapitalanforderungen verschärft hat, eingesetzt.Auch im internationalen Steuerbereich wurden neue Regeln eingeführt. Der automatische Informationsaustausch auf EU- und OECDBasis auf alle Kapitaleinkommen ist Realität. Weitere Änderungen insbesondere in der Unternehmensbesteuerung, Stichwort BEPS (Base Erosion and Profit Shifting), stehen noch aus, sind aber beschlossene Sache. Die Zinspolitik und Sondermaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) stellen Banken mittel- und langfristig vor enorme Herausforderungen, die großen Einfluss auf die Tarifpolitik der Banken haben werden. Aber nicht nur rechtliche, steuerliche und monetäre Realitäten haben das Bankgeschäft verändert. Kunden wandeln sich auchAuch die Kunden wandeln sich. Sie werden anspruchsvoller und stellen neue Anforderungen an Banken, Finanzdienstleister und ihre Angestellten. Die Kunden und ihre Erwartungen werden besonders durch die sich rasant entwickelnde Digitalisierung beeinflusst. Der “neue” Kunde ist mobil, gut vernetzt und erwartet einen 24-Stunden-Service von höchster Qualität. Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf das Private Banking, und wie stellen sich Luxemburger Akteure darauf ein? Strategische NeuausrichtungDas Privatkundengeschäft ist ein Aushängeschild des Finanzplatzes Luxemburg und hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Privatbanken haben sich strategisch neu ausgerichtet, um langfristig Luxemburgs Rolle als führendes Private-Banking-Zentrum in der Eurozone zu sichern. Die von der Private Banking Group Luxemburg, einem Cluster der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL, entwickelte strategische Vision, bei der Dreh- und Angelpunkt der Dienst am Kunden ist, umfasst drei Dimensionen: Erstens, die Entwicklung exzellenter Dienstleistungen, die sich auf stetige Innovationen innerhalb zweckmäßiger Strukturen stützen und sich an den sich weiterentwickelnden Kundenbedürfnissen orientieren. Zweitens, der Fokus auf eine internationale Klientel mit hohem Kapital ((U)HNWI – Ultra High Net Worth Individuals) und grenzüberschreitenden Geschäftsinteressen. Drittens, einen Beitrag zur Entwicklung des internationalen Private-Banking-Geschäfts innerhalb der Bankengruppen zu leisten, denen luxemburgische Private-Banking-Häuser angehören. Erfolgreich positioniertDie strategische Ausrichtung und die Antizipation der vielfältigen Private-Banking-spezifischen Herausforderungen hat es Luxemburgs Privatbanken ermöglicht, sich erfolgreich zu positionieren. Heute sind die Banken des Großherzogtums, aufgrund ihrer langjährigen internationalen Expertise, maßgeblich am Wertangebot für internationale Kunden ihrer Gruppe beteiligt. Dank der Flexibilität, Servicequalität und der Erfahrungen aus der Investmentfonds-Industrie haben verschiedene Privatbanken Transaktions-Hubs in Luxemburg gegründet, um weltweit anderen Teilen ihrer Gruppe zuzuarbeiten.Durch den innovativen rechtlichen Rahmen haben Luxemburger Privatbanken anerkannte Vehikel entwickelt, welche ihre jeweilige Gruppe mit flexiblen und effizienten Lösungen in der Vermögensgestaltung versorgen. Vermögenden Privatkunden bieten zahlreiche Häuser ein Gesamtkonzept zur Strukturierung ihres Vermögens auf längere Sicht an, das sowohl finanzielle und gewerbliche Vermögenswerte als auch Lebensversicherungen und Immobilien berücksichtigt. Ziel ist es dabei, eine effiziente Vermögensanlage und -übertragung zu gewährleisten.Die Markterschließung, die sich traditionell auf die EU-Gründerländer konzentriert hat, legt heute ihren Fokus auf die Europäische Union und darüber hinaus, besonders den Mittleren Osten, China und Südostasien sowie Lateinamerika. Die Kundensegmentierung wurde überarbeitet. Vom “affluent” (wohlhabenden) Kunden hin zu den “High Net Worth” und “Ultra High Net Worth Individuals”. Luxemburgs Privatbanken bedienen heute sehr erfolgreich eine internationale Kundschaft, die anspruchsvoller und mobiler ist und ein ausgezeichnetes Niveau sowohl bei der Beratung und der Exekution von Transaktionen als auch bei der Transparenz auf allen Ebenen voraussetzt. Das Produkt- und Dienstleistungsangebot ist spezifischer und personalisierter, je nach bedienten Märkten und Kundensegment. Hoch qualifizierte BeraterLuxemburgs Privatbankkunden haben es mit hoch qualifizierten Beratern zu tun, die das Know-how haben, bei der Nachfolgeplanung und der Vermögensstrukturierung personalisierte und auf den Kunden zugeschnittene Lösungen zu finden. Qualifikation ist dabei ein Grundpfeiler für den Erfolg von morgen. Darum wird momentan an einer Zertifizierung von Berufsgruppen gearbeitet, die einen sehr hohen Standard an Beratungsqualität festlegt und garantiert.Privatbanken haben bei den vielfältigen Veränderungsanforderungen der letzten Jahre ihre Adaptionsfähigkeiten unter Beweis gestellt. Die über Jahrzehnte angesammelte Expertise in der grenzüberschreitenden Vermögensstrukturierung, kombiniert mit einem Ökosystem von Unternehmensberatern, Anwälten und Wirtschaftsprüfern sowie einem Pool von erfahrenem und vielsprachigem Personal, war dafür ausschlaggebend. Die im letzten Juni veröffentlichten Daten der Private Banking Group zeigen, dass sich der eingeschlagene Weg auszahlt. Das verwaltete Vermögen stieg zwischen 2014 und 2015 um 10 % auf 350,6 Mrd. Euro. Dabei beträgt der Anteil der Kunden mit einem Anlagevolumen von über 5 Mill. Euro 71 % des gesamten verwalteten Vermögens, gegenüber 67 % in 2014.Der schon vor einigen Jahren eingeleitete Veränderungsprozess ist jedoch noch nicht abgeschlossen, und die Herausforderungen sind noch erheblich. Margen geraten zunehmend unter Druck, und die Kosten erhöhen sich kontinuierlich – hauptsächlich durch immer neue Regulierungen. Die Geldwäscherichtlinie 4, Mifid II (Markets in Financial Instruments Directive) und AIFMD (Alternative Investment Fund Managers Directive) sind nur einige Rechtsbaustellen, die grundlegende Veränderungen mit sich bringen. Die aber zurzeit größte Herausforderung für Privatbanken wird durch den schnellen technologischen Fortschritt getragen. Digitaler UmbruchDer erfolgreiche Umgang mit digitaler Innovation, Nutzung und Implementierung wird in den nächsten Jahren im Private Banking, wie in vielen anderen Bereichen auch, ausschlaggebend für den Erfolg sein. Robot-Advisory, Big Data und Analyse werden die Art und Weise, wie wir neue Kunden binden, mit bestehenden Kunden interagieren und Risiken verwalten, von Grund auf verändern. Das verändert auch die Rolle der Privatbanken. Immer mehr Kunden erwarten Echtzeitkommunikation, die schnelle Zurverfügungstellung von relevanten Informationen und ein augenblickliches Aufzeigen von Lösungen.Es ist aber nicht zu vergessen, dass trotz all dieser atemberaubenden digitalen Innovation der Kunde weiterhin auf Vertrauen und persönliche Beratung setzt und das primär die Wahl des Vermögensberaters beeinflusst. Luxemburger Banker sind sich darüber hinaus bewusst, dass die Einführung neuer Technologien per se nicht ausreicht, sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Entscheidend wird es sein, innovative digitale Fähigkeiten, relevante Erkenntnisse und persönliche Beratung miteinander zu verknüpfen. Privatbanken bieten dann die Möglichkeit, relevante Investmentinformationen und -beratung an individuelle Kundenbedürfnisse anzupassen und buchstäblich in Sekundenschnelle ihren Kunden zugutekommen zu lassen. “Leadership” ausbauenDie Luxemburger Finanzplatzakteure haben diese Trends zur richtigen Zeit aufgegriffen, um in den nächsten Jahren ihr “Leadership” in der Vermögensverwaltung auszubauen. Das Vorhaben der Privatbanken wird durch mehrere Aktionen gestützt. Luxemburgs Regierung hat zusammen mit Finanzplatz- und anderen Wirtschaftsakteuren eine digitale Strategie für das Großherzogtum entwickelt und damit die Weichen gestellt, aus Luxemburg unter anderem einen globalen Fintech-Hub zu machen. Joint-Ventures von Fintech-Unternehmen und Banken werden konsequent gefördert. Viele Privatbanken haben “Innovations-Labs” gegründet oder sich daran beteiligt.Luxembourg for Finance, die 2008 gegründete öffentlich-private Agentur zur Förderung des Finanzplatzes Luxemburg, hat das LHoFT, das Luxembourg House of Financial Technology, gegründet, um Fintech-Innovationen “made in Luxembourg” weiter voranzutreiben. Luxemburgs Privatbanken, die sich aktiv an dieser spannenden Aufgabe beteiligen, tragen dazu bei, die Attraktivität unseres Finanzplatzes sowohl für unsere bestehenden als auch zukünftigen Kunden und Mitarbeiter noch zu verbessern.—Yves Maas, Präsident der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL