Private Equity bleibt weiter auf Erfolgskurs
Die globalen Vermögenswerte von Private Equity (PE) haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt – in Luxemburg im gleichen Zeitraum verfünffacht. Mit einem geschätzten Volumen von 500 Mrd. Euro verwaltet Luxemburg aktuell rund 10 % der globalen Private-Equity-Vermögenswerte. Das Großherzogtum hat nach Delaware den zweiten Rang als Domizil für Private-Equity-Fonds weltweit inne. 95 % der weltweit größten Private-Equity-Häuser sowie 90 % der größten Private-Equity-Häuser Europas gehen in Luxemburg Geschäftstätigkeiten nach. Überdurchschnittlich starkIn der global wachsenden Branche positioniert sich das Großherzogtum überdurchschnittlich stark, und der Ausblick ist positiv. Zunächst scheint die Frage legitim, wie es zu diesem globalen Erfolg für Private Equity kommt. Private Equity ist wohl die einzige Branche, deren Renditen in den letzten 20 Jahren so deutlich und konstant über dem öffentlichen Markt gelegen haben. Investoren fluten den Bereich mit Kapital, und dieser Trend hat im anhaltenden Niedrigzinsumfeld Bestand. Neben traditionellen institutionellen Anlegern, die ihre PE-Allokation aufstocken, haben im zurückliegenden Jahrzehnt zunehmend Staatsfonds, Family Offices und Pensionsfonds Private Equity für sich entdeckt. Das Erfolgsrezept basiert auf einem stabilen Geschäftsmodell und einer stringenten Governance, die die Interessen von Investoren, Fondsmanagern und den investierten Unternehmen in außergewöhnlicher Weise zusammenführt.Und wie kommt es zum Erfolg Luxemburgs? Stabilität einerseits, Innovationskraft und Visionen andererseits sind seit vielen Jahren Pfeiler des Erfolgs. Das Land ist von den drei weltweit größten Ratingagenturen einheitlich mit der höchsten Kreditwürdigkeitsstufe, einem “AAA”-Rating, ausgezeichnet. Zudem denkt und handelt das Großherzogtum seit jeher international. Mehrsprachigkeit ist hier zum Beispiel selbstverständlich.Bei der Strukturierung von internationalen Private-Equity-Transaktionen spielt Luxemburg schon seit den 1980er Jahren eine relevante Rolle. Auf Fondsebene baute das Land seine Bedeutung für PE in den vergangenen 15 Jahren konsequent aus: Das Gesetz für Risikokapitalgesellschaften (Sicar) von 2004 wurde drei Jahre später durch das Gesetz zu Spezialisierten Investmentfonds (Sif) ergänzt. 2013 erfolgte die Umsetzung der AIFM-Richtlinie und die Einführung der spezialisierten Kommanditgesellschaft. Wenig später wurde die Produktpalette durch den reservierten alternativen Investmentfonds (Raif) komplettiert.In einer Zeit “post AIFM” positionierte sich Luxemburg rasant als führender PE-Standort in der Europäischen Union (EU), der einen gesicherten Zugang zu EU-Investoren bringt. Die Erfahrung einerseits mit Private Equity und andererseits mit regulierten Investmentfonds sowie deren grenzüberschreitender Vertriebszulassung haben dem Großherzogtum sehr in die Karten gespielt. Die starke Infrastruktur am Markt ermöglicht PE-Häusern eine effiziente Compliance mit den AIFM-Erfordernissen.Neben der AIFM-Richtlinie brachte die Brexit-Diskussion eine zweite, große PE-Welle nach Luxemburg: So sehr der anstehende EU-Austritt des Vereinigten Königreichs auch bedauert wird, so zeichnet sich ab, dass sich angesichts der bestehenden, großen Unsicherheiten rund um das Thema Brexit viele PE-Häuser für eine Neu-Domizilierung im Großherzogtum entschieden haben. Das Vereinigte Königreich (UK) und London bleiben auch in Zukunft enge und vertraute Kooperationspartner. Viele britische Private-Equity-Häuser gestalten heute ihre Zusammenarbeit mit Luxemburg derart, dass der Luxemburger-AIFM (Alternative Investment Fund Manager) das Portfoliomanagement an den UK-Investmentberater auslagert. Auf welche Weise britische Fondsverwalter künftig Dienstleistungen in der EU erbringen und ihre Produkte hier vertreiben können, wird in Folge der weiteren politischen Entwicklung in UK zu sehen sein.Die OECD-Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) aus dem Jahr 2013 sowie die daraus resultierenden Richtlinien zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (ATAD 1 und ATAD 2) haben das Großherzogtum weiter als Private-Equity-Standort gestärkt. Insbesondere große PE-Häuser, die vormals häufig Offshore-Domizile für ihre Fonds nutzten, ändern infolge der aktuellen globalen Steuersituation ihre Strategie und entscheiden sich für Onshore-Standorte wie Luxemburg. Die Anforderungen sind hier höher, aber bieten im Gegenzug Transparenz sowie Verlässlichkeit.Mit der Onshore-Strategie geht häufig eine Bündelung der Gesellschaften und Tätigkeiten an einem Standort einher, denn die Ausübung einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit (“Motivtest”) ist entscheidendes Kriterium in der Anwendung des multilateralen Instruments (MLI). AIFM, AIF und etwaige Finanzierungsgesellschaften werden in Luxemburg domiziliert und erweitern die Wertschöpfungskette am Standort. War Luxemburg in den 80er und 90er Jahren vorrangig Standort für Finanzierungsgesellschaften und die Back-Office-Tätigkeiten eines PE-Hauses, verschiebt sich die Geschäftstätigkeit seit einigen Jahren zunehmend in Richtung des Middle Office. Heute zählen zum Luxemburger Geschäftsmodell unter anderem die Ausführung von Risikomanagement, Compliance, Rechnungs- und Steuerwesen.Entlang einer erweiterten Wertschöpfungskette verändert sich das Profil der PE-Fachkräfte. Luxemburg zählt bereits heute über 6 000 solche Fachkräfte, und weitere werden gesucht. Luxemburgs Private-Equity-Vereinigung LPEA spricht von derzeit 900 offenen Stellen. Dabei bietet das Großherzogtum nicht nur gute Karrieremöglichkeiten, sondern auch ein sehr attraktives Lebensumfeld.Die Unternehmensberatung Mercer ermittelt seit vielen Jahren in einem jährlichen Ranking die Lebensqualität von Städten weltweit. Im Jahr 2019 liegt Luxemburg hier auf Platz 18 und damit hinter Berlin (13), aber vor Paris (39) und London (42). In einem Ranking zur Sicherheit einer Stadt beurteilt Mercer Luxemburg als die sicherste Stadt der Welt.Was sind die künftigen Herausforderungen für die hiesige Private-Equity-Branche? Neben der gezielten Anwerbung von Fachkräften wird es in Zukunft darum gehen, die wesentlichen Aufgaben der Wertschöpfungskette zu identifizieren, zu vertiefen und zu erweitern. Im Bereich Back Office kann beispielsweise das Management von Big Data eine künftige Erweiterung der Wertschöpfungskette darstellen: Private-Equity-Häuser sammeln und verarbeiten enorme Datenmengen. Werden diese Daten mit den passenden Technologien und analytischen Methoden aufgearbeitet, bieten sie einen beachtlichen Wert für die Branche. Luxemburg verfügt in den Bereichen Technologie und Digitalisierung über viele Kompetenzen, die es über künftige Investitionen und die Rekrutierung der passenden Fachkräfte weiter auszubauen gilt. Im Bereich des Middle Office werden in Zukunft Teile der Wertschöpfungskette voraussichtlich vermehrt über Outsourcing abgewickelt. Dieser Trend ist seit einigen Jahren zu sehen und dürfte zunehmen. Externe Dienstleister können in Bereichen wie beispielsweise Steuern und Rechnungslegung deutliche Mehrwerte schaffen und damit die gesamte Wertschöpfungskette eines PE-Hauses stärken. Gutes Arbeiten und LebenIm Front Office ist Luxemburg bis dato am wenigsten positioniert. Die Zahl an PE-Investmentteams ist überschaubar und im Vergleich zu den Entscheidungsträgern anderer Branchen unterdurchschnittlich. Hier gilt es, die Lebensqualität weiter herauszustellen, denn im kleinen Großherzogtum lässt es sich in der Tat nicht nur sehr gut arbeiten, sondern auch sehr gut leben. Alain Kinsch, Country Managing Partner, EY Luxemburg, EMEIA Private Equity Fund Leader und Carmen von Nell-Breuning, Senior Manager, Private Equity Business Development, EY Luxemburg