IM GESPRÄCH: ALEXANDER ARGYROS

Private Equity diversifiziert Funding

Berliner Fintech Moonfare ebnet individuellen Investoren den Zugang zu den großen Fonds der Branche

Private Equity diversifiziert Funding

Die Private-Equity-Branche hat einen stillen Wandel eingeleitet und öffnet sich für Geldgeber außerhalb des institutionellen Bereichs. Gelder können nun auch über Aggregatoren wie Moonfare investiert werden. Die Plattform zielt auf den europäischen Markt und ist gut in den operativen Betrieb gestartet.Von Björn Godenrath, FrankfurtDass Berlin ein gutes Pflaster ist für die Ansiedelung eines europäisch orientierten Fintechs, beweist der Werdegang von Moonfare-Gründer Alexander Argyros. Der gebürtige Grieche hat wie seine beiden Schwestern in den USA studiert, dann einen ersten Job in der Finanzbranche bei J.P. Morgan in New York übernommen, gefolgt von einer Tätigkeit bei KKR in London. Da kam er unter anderem auch mit ProSiebenSat.1 in Kontakt, seinerzeit Teil des KKR-Portfolios. Der damalige Chef des TV-Konzerns, Thomas Ebeling, ist heute einer von 60 namhaften Investoren bei Moonfare, die zusammen 10 Mill. Euro Kapital bei dem Start-up gezeichnet haben. Zu den weiteren Geldgebern gehört unter anderem Jens Reidel, früher Chairman bei BC Partners. Fünf Millionen SuperreicheDie Private-Equity-Welt ist dabei so eine Art geschlossene Gesellschaft, investieren können meist nur institutionelle Adressen, liegt die Mindestgröße eines Tickets doch in der Regel bei 10 Mill. Euro. Das war Argyros nach seiner Zeit bei KKR als Mangel ins Auge gefallen, als er mit Steffen Pauls, heute Mitglied des Moonfare-Aufsichtsrats, in Kontakt kam. Da wollten sie den Hebel ansetzen: “Moonfare will Private Equity (PE) als Anlageklasse investierbar machen für die europaweit fünf Millionen High Net Worth Individuals.” Diese Reichen und Superreichen haben gegenüber Private Equity bislang nur ein sehr geringes Exposure von 5 %, bei institutionellen Investoren steht die Quote bei 25 %.Und genau das ist die Mission der Berliner Moonfare-Plattform, die seit Januar operativ tätig ist: Auf dieser Plattform können (deutsche) Investoren Private-Equity-Fondsanteile ab einer Losgröße von 200 000 Euro erwerben, die Schwelle, ab der man bei der BaFin als professioneller Anleger gilt – Briten sind schon ab 100 000 Euro dabei. Und wer seine Anteile über Moonfare erwirbt, der ist zudem nicht an die sonst übliche Mindesthaltedauer von zehn Jahren gebunden, da man Moonfare auch als Sekundärmarkt für den Verkauf von Anteilen nutzen kann. Damit wird eine komplett illiquide Anlageform schrittweise liquider. Investiert sind über die Plattform zunächst branchenkundige Investoren sowie große Family Offices.Auf der Moonfare-Plattform sind derzeit der 10,8 Mrd. Euro schwere EQT VIII, der Carlyle Partners VII (18,5 Mrd. Dollar), der EQT Asia Mid-Market III und der Flagschifffonds von Warburg Pincus; die Markteinführung von Moonfares erstem Spezialfonds auf Einladung steht Argyros zufolge kurz bevor – und einer Branchenstudie zufolge gehen im kommenden Jahr Fonds wie Cinven VII, Permira VII und Silverlake an den Start. Sie könnten die Pipeline von Moonfare füllen. Knapp 100 Mill. Euro wurden per Mitte Dezember von Investoren über Moonfare beigesteuert – das ist natürlich ein Tropfen auf den heißen Stein in einer Multimilliardenindustrie, selbst wenn Argyros die Zielmarken von 300 Mill. Euro für 2019 und 1 Mrd. Euro für 2020 erreichen sollte. Dann will man auch schon profitabel sein, so der 33-Jährige.Aber die Branche hat aus eigenen Stücken einen stillen Wandel eingeleitet, der Moonfare in die Karten spielt. Private Equity will die Fundingquellen diversifizieren – auch weil die Manager genervt sind von einer immer anspruchsvolleren institutionellen Klientel, die trotz Bruttorenditen von im Schnitt 15 % beharrlich eine Senkung der Provisionen fordert. Außerdem sind die Roadshows zum Einwerben der Mittel aus den großen Geldtöpfen mühselig und ziehen sich über Monate; abgerufen werden zugesagte Mittel dann schrittweise, wenn der Fonds neue Investments eingeht. Das hat eine etwas umständliche Prozesswirtschaft zur Folge.Der Ausweg für Private Equity heißt Steigerung der Retail-Basis. Blackstone-Chef Stephen Schwarzman hat das jedenfalls getan, als er Mitte 2017 verkündete, dass in seinem Haus bis 2023 die Hälfte aller Assets under Management (AuM) aus dem Retail-Sektor gespeist werden sollten. Ein Anteil von 16 % wurde bereits erreicht.Und da sich dies nun als allgemeiner Branchentrend manifestiert, rennt Argyros bei Private Equity offene Türen ein. Das Feedback sei bei fast allen der mehr als 20 angesprochenen Fonds positiv gewesen, sagt er. Diese stellen die Angebotsseite der Plattform dar, müssen keine Provisionen zahlen, und es besteht keinerlei Kickback-Vereinbarung mit Moonfare als Plattform-Betreiber, wie der Gründer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung versichert.Als Betreiber der Plattform kassieren die Berliner eine jährliche Verwaltungsprovision von 0,5 % von der Investorenseite, plus eine einmalige Listingpausschale von 1 %. Und getreu dem Motto “put your money where your mouth is” investiert Moonfare selbst einen kleinen Teil der ihnen zugeteilten Tickets – das sorgt für Kredibilität im Markt. Mittler auch für BankenWettbewerber auf dem europäischen Markt gibt es nicht für Moonfare, ein bekannter Berliner Fintech-Unternehmer habe den Aufbau einer vergleichbaren Plattform aufgegeben, sagt Argyros. In den USA sind mit iCapital Network und Artivest zwei Plattformen mit verwalteten Mitteln von jeweils rund 5 Mrd. Dollar tätig, wobei KKR und Peter Thiel zu den Investoren von Artivest zählen. Argyros glaubt nicht, dass diese Konkurrenten den Sprung nach Europa machen, würden sie hier doch auf ein komplett anderes regulatorisches Regime treffen. Der Aufbau von Compliance-Strukturen, die Investoren einen leichten Zugang per Desktop ermöglichen, habe einen großen Anteil der Aufbauarbeit beansprucht, verdeutlicht Argyros, welche Hürden für einen Markteintritt bestehen. “Es hat allein sechs Monate gedauert, um den juristischen Rahmen sattelfest zu gestalten.” Zudem habe man die sogenannten “Frame Agreements” der Fonds, die üblicherweise 500 Seiten umfassen, auf 20 Seiten verdichtet, was den Aufwand auf der Kundenseite und damit das Onboarding erleichtert.Den Zugang für Banken hat Moonfare über ein spezielles Feature, die Multi-Client-Access-Plattform, ein wenig detailreicher gestaltet, geht es hier doch um die Integration von den besonders begehrten Bankkunden, eben jene High Net Worth Individuals, die im Wealth Management der Banken betreut werden. Denen muss man schon etwas bieten – und da kann der Zugang zu hochrentierlichen, wenn auch risikoreichen Private-Equity-Anteilen der Top-Fonds ein wertvolles Extra sein. Außerdem sind die Banken mit vielen Private-Equity-Häusern verbunden, denen man mit Beratung und Fremdkapital als “Financial Sponsors” unter die Arme greift – das ist wichtig für den Dealflow, wenn der Exit mit IPO oder Anteilsverkauf ansteht und für den dann eine Bank mandatiert wird.In Berlin hat Moonfare mit ihren 40 Mitarbeitern kürzlich größere Räume bezogen. Argyros ist kurz vor Weihnachten noch auf Tour und von Frankfurt aus direkt weiter nach London aufgebrochen, um einen potenziellen Kunden aus der Assetmanagement-Branche zu treffen. Berlin – Frankfurt – London: Diese Route absolviert Argyros regelmäßig.