Private Gelder "essenziell" für Straßen

Allerdings soll die Risikoverteilung zwischen Banken und Versicherungen und dem Staat verändert werden

Private Gelder "essenziell" für Straßen

Der Staat wirbt vermehrt um private Gelder zum Bau und Erhalt der Infrastruktur. Zugleich will Berlin aber eine stärkere Rolle in der Kooperation übernehmen.ge Berlin – Nicht nur für die Energiewende, auch für den Bau und Erhalt der öffentlichen Infrastruktur sind private Gelder “essenziell”, betont Jeromin Zettelmeyer, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik im Bundeswirtschaftsministerium. Die unlängst eingesetzte Expertenkommission mit Teilnehmern aus Industrie, Finanzwirtschaft, Versicherern und Wissenschaft solle bis zum Frühjahr Rahmenbedingungen formulieren, um mehr private Mittel für die Infrastrukturfinanzierung einzuwerben. Auch wenn die Überlegungen aktuell noch “am Anfang” stünden, müsse der Staat künftig eine stärkere Rolle spielen, um die Fehler der bisher praktizierten Public-Private-Partnership(PPP)-Modelle zu umschiffen oder zu lösen, sagte Zettelmeyer gestern auf dem TSI-Kongress in Berlin.Dagegen sieht Philipp Waldstein-Wartenberg, Mitglied der Meag-Geschäftsführung, die derzeitigen Bedingungen als “sehr tragfähig mit Rücksicht auf unsere Risikotragfähigkeit”. Allerdings fehle der Politik der Mut, sich auf mehr PPP-Vorhaben einzulassen. Während in Großbritannien binnen drei Jahren Projekte von gut 100 Mrd. Pfund mit privaten Geldern realisiert würden, seien es in Deutschland gerade einmal 7 Mrd. Euro in einem Jahr, rechnete Bernd Fislage vor, Global Head Asset Finance & Leasing bei der Deutschen Bank. Rund die Hälfte dieser Summe entfiel 2013 auf die Refinanzierung eines größeren Stromnetzes. Gegen den SubstanzverlustZudem seien maßgebliche Mittel in erneuerbare Energien geflossen – dagegen nur wenige in die Verkehrsinfrastruktur. Seit gut zehn Jahren sei hier ein Substanzverlust zu beobachten, fügte Zettelmeyer an. Dessen Minister Sigmar Gabriel will mit Hilfe privater Gelder die Infrastruktur – Energienetze, Verkehrswege und die digitalen Netze – modernisieren und ausbauen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands langfristig zu stärken. Erhebliche RisikenUnstrittig war bei allen Beteiligten, dass die private (Co-)Finanzierung teurer ist als die rein öffentliche Erstellung von Schulen oder Straßen. Vorteile ergäben sich allerdings bei der Schnelligkeit und der Lebenszyklusbetrachtung. Auch unter heutigen Bedingungen sieht sich Fislage in der Lage, alles zu bauen, was er bei Assekuranzen versichern könne, versicherte der Banker. Ähnlich argumentierte Waldstein-Wartenberg von der Munich-Re-Tochter, der bis zu 7,5 % seiner Assets für Infrastrukturfinanzierungen beisteuern könne. “Für uns als Versicherer ist Sicherheit das oberste Prinzip.” In seinem Haus existiere genügend Fachkompetenz, um Risiken und langfristige Anlagen beurteilen zu können. Dennoch verwies er angesichts “retrospektiver Anpassungen” wichtiger gesetzlicher Rahmenbedingungen nicht nur in Italien oder Spanien, sondern auch in europäischen Kernländern wie Österreich und Norwegen auf nicht unerhebliche Risiken bei der Infrastrukturfinanzierung. Angesichts der Rechtssicherheit in Deutschland und dessen guter Reputation werde es hierzulande aber immer Geld geben für öffentlich-private Partnerschaften.Derweil ließ Zettelmeyer durchblicken, dass erste Überlegungen des Wirtschaftsministeriums dahin gehen, dem Staat bei der Risikoteilung und der Durchführung der Projekte mehr Funktionen zuzuteilen. Dabei könnten möglicherweise auch Agenturen zwischengeschaltet werden oder die staatliche Förderbank KfW. Um das Prozedere zu erleichtern, werde eine größere Standardisierung der Verträge erwogen – wogegen sich aber Fislage wandte, da es bis zu einer größeren Vereinheitlichung üblicherweise Jahre dauere, während der sich die Umstände nicht selten tiefgreifend änderten.