Skandal

Privatschule im Sog von Cum-ex

Der frühere Hedgefondsmanager Sanjay Shah, der wegen seiner Verstrickung in den Cum-ex-Skandal in zwei Ländern angeklagt ist, wird von der Hamburger Staatsanwaltschaft beschuldigt, eine jüdische Privatschule in New York in umstrittene...

Privatschule im Sog von Cum-ex

Bloomberg New York

Der frühere Hedgefondsmanager Sanjay Shah, der wegen seiner Verstrickung in den Cum-ex-Skandal in zwei Ländern angeklagt ist, wird von der Hamburger Staatsanwaltschaft beschuldigt, eine jüdische Privatschule in New York in umstrittene Transaktionen mit einem Volumen von 920 Mill. Euro verwickelt zu haben.

Zusammen mit einem weiteren Mitarbeiter seines Hedgefonds Solo Capital Partners soll Shah im Jahre 2011 die Steuerbefreiung der Ezra Academy im New Yorker Stadtteil Queens für Cum-ex-Geschäfte ausgenutzt haben, heißt es in einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hamburg vom Februar. Die beiden Männer verwendeten dabei „angebliche Urkunden“, um Aktien in Namen der Schule zu kaufen, heißt es in dem Dokument, das Bloomberg News einsehen konnte.

Die Anschuldigungen sind ein weiterer Mosaikstein in dem schillernden Bild, das Ermittler von Shah zeichnen, einer mutmaßlich zentralen Figur im europaweiten Cum-ex-Skandal. Mehr als 25 Banker, Händler und Anwälte sind inzwischen in Deutschland und Dänemark angeklagt, weil sie mittels solcher Deals Millionenbeträge über doppelte Kapitalertragsteuer-Erstattungen erlangt haben sollen.

Die Anklageschrift schildert, wie Shah und andere herausfanden, dass religiöse Körperschaften in den USA nach dem deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen privilegiert sind. Zusammen mit einem New Yorker Notar sollen sie Dokumente verwendet haben, die sie bevollmächtigten, im Namen der Schule deutsche Aktien zu kaufen und einen Dienstleister zu beauftragen, für die Schule Steuererstattungen zu beantragen, so die Ermittler.

Die Staatsanwaltschaft schreibt in der Anklage, es bestünden erhebliche Zweifel, dass die Urkunden echt seien. Die Schule sei „mutmaßlich gar nicht informiert gewesen“. Die Ermittler verweisen darauf, dass die Ezra Academy in ihrer Steuererklärung für 2011 nur ein Einkommen von 10 Dollar aus Investitionstätigkeiten angegeben habe. Zudem sei sie als gemeinnützig anerkannt, habe also keine Gewinne machen dürfen.

Shahs Sprecher dementiert

Die Beschuldigten machten schließlich einen Rückzieher, als das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn im Jahre 2012 androhte, sich direkt bei der Ezra Academy zu erkundigen. Daraufhin wurden die Steuererstattungsanträge zurückgezogen, so die Anklageschrift. Shahs Sprecher Jack Irvine erklärte, Solo Capital habe zwar eine New Yorker Schule „an Bord geholt“, aber es sei weder betrogen worden, noch habe jemand falsche Urkunden verwendet. Auch seien keine Steuererstattungsanträge für die Schule eingereicht worden, so Irvine. Die Anwaltskanzlei, die Shahs Mitangeklagten bei Solo Capital vertritt, wollte sich nicht äußern.

Die Ezra Academy antwortete nicht auf eine Vielzahl von Anfragen, die über drei Tage wiederholt per E-Mail und Telefon gestellt wurden. Eine Mitarbeiterin der Schulverwaltung, die Anrufe entgegennimmt, erklärte, es sei niemand da, der Fragen beantworten könne.

Bei den Cum-ex-Geschäften handelte es sich um eine umstrittene Handelsstrategie, die auf Aktien-Leerverkäufe kurz vor dem Dividendenstichtag setzte. Dies führte laut Ermittlungsbehörden dazu, dass die Kapitalertragsteuer auf Dividenden doppelt erstattet wurde. Um dieser Praxis einen Riegel vorzuschieben, änderte Deutschland 2012 die Besteuerung. Inzwischen ermitteln deutsche Staatsanwaltschaften gegen mehr als 1 000 Beschuldigte. Wie diese seinerzeit von einigen Anwälten als zulässig eingestuften Geschäfte rechtlich zu beurteilen sind, ist jedoch weiterhin umstritten. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs wird in der zweiten Jahreshälfte erwartet.

Nach der deutschen Gesetzesänderung 2012 machten einige Trader ähnliche Geschäfte in Dänemark und Belgien. Dänische Staatsanwälte haben Shah Anfang des Jahres angeklagt, der Kopf hinter einem Steuerbetrug in Höhe von 1,3 Mrd. Euro zu sein. Kurz danach wurde die Hamburger Anklage eingereicht, die – neben dem Fall der Ezra Academy – Shah zusammen mit sechs weiteren Beschuldigten mehr als 50 Fälle von Geldwäsche aus Cum-ex-Geschäften in Dänemark und Belgien zur Last legt.

Shah hat jedoch stets bestritten, illegal gehandelt zu haben. Er habe lediglich Gesetzeslücken ausgenutzt. Im Fall um die Ezra Academy soll es um Transaktionen mit einem Volumen von 920 Mill. Euro gehen. Nach Abschluss der Käufe sollen Steuererstattungen in Höhe von 7,4 Mill. Euro beantragt worden sein, wie aus der Anklageschrift weiter hervorgeht.

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