Procredit bittet um Sonderklausel für Ukraine-Bank
jsc Frankfurt
Die Bankengruppe Procredit sorgt für den Fall einer Pleite ihrer Ukraine-Tochter vor: Die vor allem in Südost- und Osteuropa tätige Gesellschaft mit Sitz in Frankfurt bittet ihre Gläubiger um eine Schonfrist bis Mitte 2024, in der ein Zahlungsverzug oder eine Insolvenz der Bank in Kiew anders als im Vertrag vorgesehen keine vorzeitige Rückzahlung auslöst, wie Procredit am Dienstag erklärte. Betroffen sind Schuldinstrumente, die ab dem kommenden Jahr fällig werden, und zwar elf Inhaberschuldverschreibungen mit einem Volumen von insgesamt 173 Mill. Euro sowie Namensschuldverschreibungen, Schuldscheindarlehen und ein Darlehen von insgesamt 116,5 Mill. Euro. Die Instrumente werden überwiegend in den Jahren 2023 bis 2025 fällig.
Eine Pleite der Ukraine-Bank stehe nicht bevor, erklärt die Gruppe. „Das Management schätzt das Ausfallrisiko der Procredit Bank Ukraine derzeit als gering ein, möchte aber möglichen Tail-Risk-Szenarien proaktiv begegnen.“ Um Anleger zum Einlenken zu bewegen, stellt die Gruppe für eine Zustimmung eine Pauschalzahlung von 0,5% des Nominalbetrags pro Jahr in Aussicht, bezogen auf den Stichtag am 1. Juli 2024 also bis zu 1,0%. Die Gruppe will sich mit den Gläubigern je nach Schuldinstrument entweder direkt oder aber per Mehrheitsbeschluss einigen. Das Management will erreichen, dass die Bank in der Ukraine für den vereinbarten Zeitraum nicht mehr als „wesentliche“ Tochter definiert wird und damit keine Verpflichtung zur Rückzahlung auslösen kann. Als „wesentlich“ gelten alle Töchter, die mindestens 10% der Einnahmen oder der Vermögenswerte der Gruppe ausmachen – das gilt bisher auch für das Institut in Kiew.
Mit einem Kreditvolumen von 757 Mill. Euro per Jahresende ist die Ukraine nach Bulgarien und Serbien der drittgrößte Markt der Gruppe, die insgesamt auf einen Bestand von 5,9 Mrd. Euro kommt. Die Tochter in Kiew finanziert vor allem den Agrarsektor und nahm die Kreditvergabe kurz nach Kriegsbeginn wieder auf. Im ersten Quartal verbuchte die Gruppe für die Ukraine-Tochter Wertberichtigungen in Höhe von 35 Mill. Euro und einen Verlust von 23 Mill. Euro. Die harte Kernkapitalquote der Gruppe sank im ersten Quartal von 14,1% auf 13,4%. Treiber war der Anstieg der Risikoaktiva, der sich aus der Rating-Abwertung der Ukraine ergab. Die Banktochter sei gut kapitalisiert und verfüge über mehr Liquidität als vor dem Krieg.
Die Aktionäre der Bank reagierten am Dienstag gelassen. Die nur selten gehandelte Aktie des Instituts gab im Xetra-Markt bis Handelsschluss um 0,6% auf 3,49 Euro nach. Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs allerdings bereits mehr als halbiert.