Procredit erzielt Gewinn trotz Ukraine-Verlust
jsc Frankfurt
Die Frankfurter Bankengruppe Procredit hat die hohen Kreditausfälle der Ukraine-Tochter mit einigen Dellen überstanden: Zwar schulterte die Bank im zurückliegenden Jahr eine Kreditrisikovorsorge von 104,6 Mill. Euro, wovon der Großteil auf das Geschäft in dem kriegsgeschüttelten Land entfiel, wie die Gruppe am Donnerstag berichtete. Doch weil der Zinsüberschuss um 19% auf 264,6 Mill. Euro nach oben schnellte, bliebt unterm Strich ein Gewinn von 16,5 Mill. Euro.
Die börsennotierte Gruppe finanziert vor allem kleine und mittlere Unternehmen in Ost- und Südosteuropa. Von einem Kreditvolumen von 6,1 Mrd. Euro entfallen 582 Mill. Euro auf die Ukraine. Annähernd 12%, insgesamt 69 Mill. Euro, stuft die Gruppe in dem Land als ausfallgefährdet ein. Der Vorstandsvorsitzende Hubert Spechtenhauser wertete das Ergebnis im Gespräch mit der Börsen-Zeitung angesichts der Umstände als positiv. Die Bank in der Ukraine erweise sich als resilient. Der Zinsüberschuss wiederum sei so stark gestiegen, weil die Bank viele variabel verzinste Darlehen sowie Staatsanleihen mit kurzer Restlaufzeit in ihren Büchern halte, ergänzte Finanzvorstand Christian Dagrosa.
Die Gruppe zeigt sich optimistisch: Die Eigenkapitalrendite soll von 1,9% im Jahr 2022 im laufenden Turnus auf 6 bis 8% steigen, womit die Gruppe einen Gewinn in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe anpeilt. Mittelfristig zielt Procredit sogar auf 12%. Ein Drittel des Gewinns aus dem laufenden Jahr soll 2024 als Dividende ausgeschüttet werden. Für das vergangene Jahr wird keine Dividende gezahlt.
Die Gruppe rechnet in diesem Jahr mit Risikokosten von bis zu 0,7% nach 1,74% im Jahr zuvor. In der Ukraine und in anderen Ländern habe die Gruppe viele Risiken bereits verarbeitet, sagte Bankchef Spechtenhauser. Im laufenden Turnus will die Gruppe außerdem verbliebene Mängel abarbeiten, die eine Bundesbank-Prüfung zur Risikotragfähigkeit im Mai und Juni ergab. Fehler der höchsten Stufe F4 („schwergewichtige Mängel“) traten nicht auf, wie Dagrosa sagte.
Während Bankentitel insgesamt an der Börse unter Druck stehen, ist der Kurs der Procredit seit Anfang März gestiegen. Aktuell notiert das Papier bei 5,60 Euro, womit die Gruppe 330 Mill. Euro wert ist. Seit dem Ukraine-Krieg ist die Aktie allerdings stark gefallen. Um für Investoren attraktiver zu werden, will die Gruppe ihr bisheriges Rechtskleid als KGaA abstreifen und als AG auftreten. Die bisherigen Kerneigner – KfW, die niederländische Doen-Stiftung, Zeitinger Invest und die Beteiligungsfirma der Bankbeschäftigten – werden dann als gewöhnliche Aktionäre die gleichen Rechte und Pflichten genießen wie andere Eigner. Die Entwicklungsbank EBRD kommt künftig als Eigentümerin hinzu, die Weltbank-Tochter IFC verlässt den Kreis der Kernaktionäre.
Die Procredit-Gruppe ist einst aus Mikrofinanzinstituten hervorgegangen und zählt sich heute zu den Nachhaltigkeitsbanken. Diesen Charakter wolle das Haus bewahren, sagen Spechtenhauser und Dagrosa.
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