Profifußball wird unabhängiger von Banken

Als Finanzierungsinstrumente haben sich neben Unternehmens- und Fan-Anleihen, Schuldscheindarlehen, Genussscheine sowie Crowdfinanzierung etabliert

Profifußball wird unabhängiger von Banken

Der Profifußball in Deutschland boomt. Mit 4,01 Mrd. Euro erlösten die 36 Clubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga in der Saison 2016/17 einen neuen Rekordwert. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor lagen die Erlöse der Vereine noch bei 1,75 Mrd. Euro. Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 9%. Rund 85% der Erlöse werden durch die vier großen Säulen Spielertrag (im Wesentlichen Ticketverkäufe), Werbung, mediale Verwertung und Transfergeschäft generiert. In der Saison 2017/18 wird der Umsatz durch die neuen Verträge aus der nationalen TV-Vermarktung weiter deutlich steigen. Gefälle bei ErträgenBundesliga und 2. Bundesliga unterscheiden sich jedoch ganz erheblich beim Vergleich der Zahlen. Während die Eigenkapitalquote in der Bundesliga bei 40,9% liegt, kommen die Clubs der 2. Liga nur auf 3,1%. Die Vereine der Bundesliga erwirtschafteten in der Saison 2016/17 einen Gewinn von 149 Mill. Euro; demgegenüber verbuchten die Clubs der 2. Bundesliga einen Verlust in Höhe von 40,6 Mill. Euro.Auch in der Bundesliga selbst gibt es ein großes Gefälle in der Ertragslage. In der Saison 2016/17 lagen die durchschnittlichen Bundesliga-Erlöse der Clubs von Platz 1 bis 6 bei rund 260 Mill. Euro; demgegenüber von Platz 13 bis 18 bei lediglich 130,5 Mill. Euro. Entsprechend ist die wirtschaftliche Entwicklung der Profivereine weiterhin stark mit dem sportlichen Erfolg verknüpft.Sportliche Erfolge sind in der Regel das Ergebnis einer fundierten Planung nicht nur im sportlichen Bereich, sondern auch in puncto Vereinsfinanzen. Dabei ist ein solides Finanzierungskonzept von Investitionen in die Infrastruktur, die Nachwuchsarbeit sowie den Spielerkader ein erfolgskritischer Faktor. Die Fußballvereine der Bundesliga beziehungsweise die von den Vereinen etablierten Kapitalgesellschaften hatten zum 30. Juni 2017 insgesamt Verbindlichkeiten aus Anleihen in Höhe von rund 90 Mill. Euro in ihren Bilanzen. Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten betrugen nur rund 79 Mill. Euro.Die Bedeutung der Finanzierung von Profifußballvereinen über Anleihen und andere bankenunabhängige Finanzierungen ist in Deutschland in den letzten Jahren stetig gewachsen. 2016 haben mit dem FC Schalke 04, dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln gleich drei Vereine entsprechende Finanzierungsinstrumente genutzt. Dabei wählten die drei Vereine ganz unterschiedliche Emissionsstrukturen, die hinsichtlich Dokumentation, Vermarktung und Zielgruppe kaum vergleichbar sind.Der FC Schalke 04 wählte die börsennotierte Unternehmensanleihe, der 1. FC Köln die Fan-Anleihe und der Hamburger SV begab ein Schuldscheindarlehen. Der Verlauf aller drei Emissionen zeigt, dass die unterschiedlichen Konzepte aufgegangen und auf teilweise erhebliche Nachfrage gestoßen sind. So hat beispielsweise der FC Schalke 04 bereits knapp eine Woche vor Ende der geplanten Zeichnungsfrist ein Gesamtvolumen von 101,3 Mill. Euro an Nachfrage generiert. Dies entsprach mehr als dem Doppelten des angestrebten Emissionsvolumens von 50 Mill. Euro. Auch der 1. FC Köln hätte mit seiner Fan-Anleihe weit mehr als das Doppelte des angestrebten Emissionsvolumens platzieren können. UnternehmensanleihenBei der Anleihefinanzierung lassen sich im Wesentlichen zwei Formen unterscheiden: (1) die Unternehmensanleihe und (2) die Fan-Anleihe. Bei Unternehmensanleihen handelt es sich in der Regel um öffentlich begebene, an institutionelle Investoren und Privatpersonen platzierte, nicht nachrangige unbesicherte Schuldverschreibungen, die an einer der deutschen Börsen vorwiegend im Freiverkehr notiert und damit handelbar sind.Der einzige Verein, der bislang diese Form der Finanzierung gewählt hat, ist der FC Schalke 04, der 2012 die erste börsennotierte Unternehmensanleihe emittiert hat. Mit der Emission der zwei Folgeanleihen (Laufzeit 2016 bis 2021, Zinskupon bei 4,25 % und Laufzeit 2016 bis 2023, Zinskupon bei 5 %), gelang es dem FC Schalke 04 im Jahr 2016 sein Fälligkeitenprofil zu optimieren und die Finanzierungskosten durch deutlich niedrigere Zinskupons erheblich zu senken. Auch wenn der FC Schalke 04 bisher einziger Emittent einer Unternehmensanleihe ist, ließen sich nach Einschätzung einer namhaften Emissionsbank von einem Großteil der Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga Unternehmensanleihen erfolgreich bei Investoren platzieren. Fan-Anleihen für PrivateFan-Anleihen richten sich im Gegensatz zu Unternehmensanleihen primär an Privatinvestoren, sind in der Regel an keinem der Börsensegmente notiert und mit deutlich einfacheren Anleihebedingungen ausgestaltet als typische Unternehmensanleihen. So fehlen in den Anleihebedingungen zum Teil typische Klauseln wie etwa eine Negativerklärung oder eine Drittverzugsklausel. Bei der Fan-Anleihe wird in der Regel ein Teilbetrag der Anleihen als Einzelurkunde (“Schmuckurkunde”) ausgegeben, die restlichen Anleihen werden als Globalurkunde verbrieft. Sie richtet sich vor allem an den emotional motivierten Anleger, der seinen jeweiligen Verein auch finanziell unterstützen will. Die Schmuckurkunde dient als Wandschmuck und die Anleihen werden zu Marketingzwecken häufig mit einem Nennbetrag angeboten, der dem Gründungsjahr des jeweiligen Vereins entspricht. Kleinere StückelungenAnders als die Unternehmensanleihen, die in der Regel eine Stückelung von 1 000 Euro vorsehen, sehen die Fan-Anleihen auch deutlich kleinere Stückelungen von beispielsweise 100 Euro vor. Bei einer Verbriefung als Schmuckurkunde erfolgen Zahlungen von Zinsen und Kapital ausschließlich gegen Vorlage und Einreichung der entsprechenden Jahreszinsscheine beziehungsweise der entsprechenden Schmuckurkunde bei der Zahlstelle. Die Erfahrung zeigt, dass für einige Fans nicht die Rendite im Vordergrund steht und die Zinsscheine vielfach nicht eingelöst werden. Rechtlich unterliegen sowohl die Unternehmensanleihe als auch die Fan-Anleihe dem Wertpapierprospektgesetz. Hiernach ist bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren ein Prospekt zu veröffentlichen. Zukünftig wird es hier erhebliche Erleichterungen geben. So sind ab dem 21. Juli 2018 prospektfreie Emissionen bis zu 8 Mill. Euro möglich. Ab dem 21. Juli 2019 haben Unternehmen, die in den Anwendungsbereich des EU-Wachstumsprospektes fallen, zudem die Möglichkeit, einen vereinfachten Wertpapierprospekt zu erstellen. Im Unterschied zur Fan-Anleihe unterliegt die an einem Börsensegment notierte Unternehmensanleihe darüber hinaus noch kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten. Anders als bei der Fan-Anleihe und der Unternehmensanleihe handelt es sich bei einem Schuldscheindarlehen um kein Wertpapier, sondern um ein verbrieftes Darlehen mehrerer institutioneller Investoren. Der Hamburger SV hat diesen Weg der Finanzierung gewählt: Hier wurde ein Schuldscheindarlehen mit einem Volumen von 40 Mill. Euro im Wege einer Privatplatzierung bei ausgewählten Investoren platziert. Kapitalgeber sind überwiegend Banken, Versicherungen und Pensionsfonds. Das Volksparkstadion des Bundesligaclubs dient hierbei als Besicherung für die Finanzierung. Als weitere bankenunabhängige Finanzierungsinstrumente, die auch schon von Profifußballvereinen erfolgreich genutzt wurden, kommen noch der Genussschein und die Crowdfinanzierung in Betracht. Interessant beim Genussschein ist, dass er je nach Ausgestaltung sowohl dem Eigen- wie auch dem Fremdkapital zugerechnet werden kann. Für die Variante über Crowdlending-Plattformen spricht, dass bei einer entsprechend großen Fanbasis in kurzer Zeit mit relativ niedrigem Dokumentationsaufwand Kapital eingesammelt werden kann. Dies geht prospektfrei bis zu einer Gesamtemissionsgrenze von 2,5 Mill. Euro. Günstige FinanzierungskostenFazit – Die Finanzierung von Profifußballvereinen mittels Anleihen und anderer bankenunabhängiger Finanzierungen hat sich in Deutschland etabliert. Mittlerweile haben zahlreiche Vereine Anleihen aufgelegt. Hier gibt es unterschiedliche Ausgestaltungen. Vorteile für die Vereine sind eine größere Unabhängigkeit von Banken sowie vergleichsweise günstige Finanzierungskosten. Voraussetzung für eine erfolgreiche Emission sind eine fundierte Finanzplanung sowie ein klares Konzept zur nachhaltigen Sicherung des sportlichen und damit wirtschaftlichen Erfolgs des Vereins. Sie dienen als wichtige Elemente für die Vermarktung und den Aufbau langfristiger vertrauensvoller Investorenbeziehungen.—-Ingo WegerichPräsident des Interessenverbandes Kapitalmarkt KMU und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH—-Fabian KirchmannMitglied des Interessenverbandes und Vorstand der Kommunikationsberatung IR.on AG