RETAIL BANKING RELOADED - SERIE: RETAIL BANKING RELOADED (5)

Provisionen unter Druck

Kostenlose Girokonten und Dokumentationspflichten hemmen das Geschäft

Provisionen unter Druck

In der Niedrigzinsphase stöhnen die Retailbanken über das wegbrechende Zinsergebnis. Doch auch der kleine Bruder Provisionsergebnis steht unter Druck. Viele hadern mit der umfangreichen Regulierung bei der Beratung. Oder sie spüren die scharfe Konkurrenzsituation bei den Girokonten.Von Antje Kullrich, DüsseldorfAuf ihre Geschäftsentwicklung blickt die Kreissparkasse Köln mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Unterm Strich stimmt das Ergebnis – im vergangenen Jahr gelang dank eines stark verbesserten Bewertungsergebnisses ein Ergebnissprung (vor Steuern) um 44 %. Operativ jedoch stimmte Alexander Wüerst, Vorstandschef der drittgrößten Sparkasse Deutschlands, ein Klagelied an. Und es ist nicht nur das Zinsergebnis, das ihm zu schaffen macht. Auch das Provisionsergebnis ließ den gewünschten Kompensationseffekt schmerzlich vermissen – es ging selbst um 4 % zurück. Schuld daran ist das lahmende Wertpapiergeschäft. Es macht zwar nur ein Viertel des Provisionsergebnisses der Kreissparkasse aus, verzeichnete 2012 jedoch einen zweistelligen Rückgang. “Die Beratungsgespräche dauern länger als früher. Durch den erhöhten Dokumentationsaufwand wird der ein oder andere Kunde abgeschreckt”, beklagt ein Sprecher des Instituts die zunehmende Regulierung. Das niedrige Zinsniveau mache zudem sonst gefragte festverzinsliche Wertpapiere unattraktiv, an Aktien trauten sich viele Sparkassenkunden nicht heran. Deutlichere WorteNoch viel deutlichere Worte hat in den vergangenen Monaten Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon gefunden. Die Bankberater fühlten sich angesichts der umfangreichen Registrierung bei der Wertpapierberatung inzwischen “mit einem Fuß im Gefängnis”, wetterte er im Mai in München. Die deutsche Politik machen einen gravierenden Fehler, wenn sie die Wertpapierberatung immer weiter durch bürokratische Auflagen erschwere. Dazu komme die nachhaltige Verunsicherung der Kunden im Nachgang der Finanzkrise. Der Umsatz mit Wertpapieren habe 2012 um rund 10 % unter dem des Vorjahres und um rund 43 % unter dem des Jahres 2008 gelegen, rechnet Fahrenschon gerne vor.Dem Sparkassenpräsidenten geht es um die Aktienkultur (“Große deutsche und internationale Aktiengesellschaften sollten auch deutsche Anteilseigner haben”), aber natürlich auch um die Ergebnisse “seiner” 422 Sparkassen. Eine bessere Entwicklung der Provisionsergebnisse könnte die allgemeine Schwäche des operativen Hauptergebnisträgers Zinsüberschuss zumindest etwas abfedern. Doch die Provisionsüberschusse stagnieren im Durchschnitt allenfalls. Wenig HandlungsspielraumDer Bewegungsspielraum ist begrenzt. Kreissparkassenchef Wüerst sieht keine große Steigerungspotenziale. Der Giroverkehr und die Gebühren dafür machen etwa 50 % des Provisionsergebnisses aus – hier ist angesichts des starken Wettbewerbs durch die Kostenlos-Angebote von Direktbanken nicht mehr viel herauszuholen. Die Kreissparkasse versucht, einerseits den Beratungsprozess mit technischer Unterstützung zu verschlanken und andererseits den Vertrieb zu stärken und die Beratung zu dezentralisieren. “Es werden mehr hochwertige Dienstleistungen in den Filialen vor Ort nachgefragt”, sagt der Sprecher. Die Kunden kämen nicht mehr wegen Überweisungen oder Kontoauszügen in die Filialen, sondern wollten umfangreiche Beratung. Die Dienstleistungen des Private Banking für vermögendere Kunden zum Beispiel wie bisher nur in der Zentrale in der Kölner Innenstadt anzubieten, ginge nicht mehr.Mehr Präsenz in der Fläche zeigt in ganz besonderem Maße auch dieTargobank. Ganz gegen den allgemeinen Trend setzt sie auf Filialexpansion. Pro Jahr will die Nachfolgerin der Citibank, die 2008 vom französischen Crédit Mutuel übernommen und 2010 umbenannt worden war, rund zehn zusätzliche Standorte eröffnen. Gern nistet sie sich zum Beispiel in früheren Filialen der Commerzbank ein. Fünf der im vergangenen Jahr eröffneten elf neuen Geschäftsstellen gehörten zuvor der gelben Konkurrenz, so zum Beispiel in Neu-Isenburg, Berlin-Pankow oder Weinheim. Doch das Provisionsergebnis stand zuletzt unter Druck – im Jahr 2012 ging es um 8 % auf 318 Mill. Euro zurück. Die Targobank führt das unter anderem auf den verstärkten Verkauf des größtenteils gebührenfreien Aktivkontos zurück. Es war zur Kundengewinnung und zur Intensivierung langfristiger Geschäftsbeziehungen eingeführt worden, wie ein Sprecher erläuterte. Vor vier Monaten hat die Targobank auf den Aderlass bei den Provisionserträgen reagiert und ihr Girokontenangebot differenziert. Das komplett kostenlose Angebot gibt es nur noch für reine Online-Kunden, den anderen stehen drei Kontentypen (Plus, Komfort und Premium) zur Auswahl.Die Schwankungen im Wertpapiergeschäft und die starke Konkurrenz im Geschäft mit Girokonten und Karten lassen sich durch andere Provisionsgeschäfte kaum auffangen. So hat die Sparkasse Westmünsterland in den vergangenen Jahren den Vertrieb von Versicherungen stark ausgebaut, doch über einen Anteil von einem Achtel des Provisionsergebnisses kommt das Geschäft trotzdem nicht hinaus. Dabei funktioniert der Bancassurance-Ansatz bei Sparkassen und Genossen deutlich besser als in anderen Banken. Die öffentlichen Versicherer verkaufen etwa 70 % ihrer Lebensversicherungen über die Sparkassen, die R+V setzt sogar einen noch etwas höheren Anteil über die Genossenschafts- und Raiffeisenbanken ab. Externe EinflüsseDie Schwankungsanfälligkeit des Provisionsergebnisses dokumentiert sehr deutlich die Entwicklung derComdirect Bank. Für die Direktbank steht das Provisionsergebnis als Hauptergebnisträger im Fokus – doch Konstanz kann ihm der Vorstand trotzdem nicht abringen. Es brach im vergangenen Jahr um 9 % auf 166 Mill. Euro ein. Im laufenden Jahr dann die scharfe Kehrtwende: Glanzstück der diesjährigen Halbjahreszahlen war ausgerechnet der um 10 % auf knapp 92 Mill. Euro gesteigerte Provisionsüberschuss. Hier profitierte die Commerzbank-Tochter von einer regen Handelstätigkeit der Privatanleger. Das Wertpapiergeschäft hat einen Anteil von rund 90 % am Provisionsergebnis. Wie scharf der Wettbewerb an der Provisionsfront mittlerweile ist, zeigt das Beispiel des eigenen Mutterhauses: Mit neuen Depotmodellen und der Hinwendung zum Online-Banking macht ausgerechnet die Commerzbank ihrer Direktbank-Tochter verstärkt Konkurrenz. Nach außen hin gaben sich die Quickborner lässig, doch dürfte sich bei manchem Comdirect-Manager die Faust in der Tasche geballt haben.—-Zuletzt erschienen: – Direktbanken in der Erfolgsfalle (3. August)- Japans Geschäftsbanken (30. Juli)