EU-Regulierung

Provisionsverbot rückt in weite Ferne

Die deutsche Kreditwirtschaft hat befürchtet, die EU werde den provisionsgebundenen Vertrieb von Finanzprodukten einschränken. Danach sieht es nun nicht aus.

Provisionsverbot rückt in weite Ferne

Provisionsverbot rückt in weite Ferne

EU-Parlamentsausschuss stimmt gegen partiellen Bann

fed Brüssel

Das umstrittene und insbesondere von der deutschen Kreditwirtschaft abgelehnte Verbot von Provisionen an die Vertreiber von Finanz- und Anlageprodukten wird auf absehbare Zeit nicht im europäischen Recht verankert. Denn der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments hat sich am Mittwoch Abend gegen ein solches Verbot von Zuwendungen ausgesprochen. Die Abgeordneten votierten mit klarer Mehrheit für eine gemeinsame Position für die Schlussverhandlungen mit dem Rat über die so genannte EU-Kleinanlegerstrategie, die das Verbot von Provisionen – anders als der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission – nicht mehr enthält. Da sich aktuell auch im Rat dem Vernehmen nach eine Mehrheit von EU-Staaten gegen ein Provisionsverbot ausspricht, ist es aus heutiger Sicht höchst unwahrscheinlich, dass die EU-Kleinanlegerstrategie schlussendlich doch einen Bann von Zuwendungen vorsehen wird.

Im vergangenen Jahr hatte EU-Kommissarin Mairead McGuinness das Gesetzespaket vorgeschlagen. Es umfasst Änderungen an einer ganzen Reihe von EU-Richtlinien und EU-Verordnungen – unter anderem der EU-Marktrichtlinie MiFiD II und der Versicherungsvertrieb-Richtlinie IDD. Erklärtes Ziel der EU-Kommissarin war es, „Kleinanleger in die Lage zu versetzen, Anlageentscheidungen zu treffen, die ihren Bedürfnissen und Präferenzen entsprechen, und sicherzustellen, dass sie fair behandelt und angemessen geschützt werden.“ Zu diesem Zweck knöpfte sich die EU-Kommission auch die Provisionen vor, die Finanzberater und Produktverkäufer beispielsweise in Banken erhalten, wenn sie Produkte eines bestimmten Anbieters an den Kunden bringen. Aus Sicht der EU-Kommission nämlich hat die Praxis des provisionsgebundenen Vertriebs zur Folge, „dass Kleinanleger sich für teurere oder weniger leistungsfähige Anlageprodukte entscheiden“, argumentierte die EU-Behörde seinerzeit. Allerdings verzichtete McGuinness von Beginn an darauf, Provisionen generell verbieten zu wollen. Da die Irin mit den Widerständen in EU-Parlament und Rat rechnete, beschränkte sie den Vorschlag auf das Verbot von Zuwendungen für beratungsfreie Geschäfte (execution only).

Aber auch dieser Vorschlag traf in der Finanzbranche auf erhebliche Gegenwehr – weil damit eine gängige Vertriebspraxis in vielen EU-Ländern in Frage gestellt wurde und weil sich die Kreditwirtschaft sorgte, dass ein partielles Provisionsverbot der Einstieg in einen pauschalen Bann sein könnte. Vor diesem Hintergrund bemühte sich die in diesem Dossier federführende Europaabgeordnete Stephanie Yon-Courtin von der liberalen Parteienfamilie Renew darum, das partielle Provisionsverbot aus dem Text, mit dem das EU-Parlament in die Schlussgespräche mit dem Rat gehen möchte, zu streichen. Sozialdemokraten und Grüne formulierten daraufhin einen Gegenvorschlag, der aber am Mittwoch abend durchfiel, während die Kompromisstexte der Französin Yon-Courtin angenommen wurden.

Auch wenn damit das EU-Parlament in der Lage wäre, nun den Trilog mit den nationalen Regierungen zu beginnen, wird es keine Verhandlungen mehr vor den Europawahlen geben – zumal der Rat seine Ausgangsposition für diese Gespräche, die „Allgemeine Ausrichtung“, noch nicht abgestimmt hat. Das soll nach Planung des belgischen EU-Ratsvorsitzes im Juni geschehen. Nach den Europawahlen muss das EU-Parlament dann aber nicht wieder bei null anfangen, sondern kann – einen entsprechenden Beschluss der Präsidenten vorausgesetzt – an der am Mittwoch festgezurrten Ausgangsposition anknüpfen und im Herbst auf dieser Basis Verhandlungen mit dem Rat beginnen. Ob die dann noch von Yon-Courtin geführt werden, hängt von den Ergebnissen der Europawahl ab.

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