Prüfer verlängern Entlastung bei IFRS 9
bn Frankfurt – Deutsche Kreditinstitute und ihre Prüfer genießen bei der Buchung von Risikovorsorge nach internationaler Rechnungslegung auch in ihren Halbjahresberichten vorübergehend Freiraum. Der Bankenfachausschuss (BFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat vor dem Wochenende einen Fachlichen Hinweis veröffentlicht, der im Ergebnis die für die Startquartalsberichte gewährten Erleichterungen verlängert. “Ende März hatten wir sicherlich den Höhepunkt der Unsicherheit erreicht”, erklärt IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann der Börsen-Zeitung. “Daher wollten wir nochmals eine Orientierungshilfe geben.” Der Freiraum kommt nach dem Regelwerk IFRS bilanzierenden Instituten wie Deutsche Bank, Commerzbank sowie der Aareal Bank zugute, ebenso aber Unternehmen mit Finanzaktivitäten in ihrem Konsolidierungskreis wie Siemens.”Die grundsätzlichen Hinweise des BFA vom 27.03.2020 gelten grundsätzlich weiterhin”, heißt es in der Leitlinie für Prüfer. Die Coronakrise führe nicht “zu einem undifferenzierten, automatischen Transfer von Finanzinstrumenten von der Stufe 1 in die Stufe 2 oder gar Stufe 3”. Damit dämpft das IDW die prozyklische Wirkung des Bilanzstandards IFRS 9 in der Krise. Seinen Vorgaben zufolge müssen Institute für Kredite zunächst die daraus erwarteten Belastungen auf Sicht der kommenden zwölf Monate abbilden. Erhöht sich jedoch das Kreditausfallrisiko signifikant und rutscht eine Forderung damit von Stufe 1 in Stufe 2, müssen sie Vorsorge für die gesamte restliche Laufzeit einer Forderung treffen. “Wir gehen weiter davon aus, dass die staatlichen Stützungsmaßnahmen wie gewünscht wirken werden und dass Banken Forderungen daher nicht automatisch transferieren müssen”, erläutert Naumann: “Sehr wohl aber müssen sie sich die einzelnen Kreditengagements anschauen.”Für Wertminderungen per Ende Juni sei zu berücksichtigen, dass sich die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung allmählich reduziere. Dabei zeichne sich ab, dass die Krise länger andauern werde, teilt das IDW mit Blick auf die makroökonomischen Szenarien von Banken und deren Gewichtung mit. Vor diesem Hintergrund gehen die Prüfer davon aus, dass sich die bilanzielle Risikovorsorge der Banken nach IFRS 9 per Ende Juni trotz vermehrten Spielraums erhöhen wird.Bei Angleichung ihrer Kreditrisikomodelle an die aktuelle Entwicklung sollten Banken prüfen, ob ihre Risikovorsorge sowie die Art des Stufentransfers einer Anpassung bedürfe, heißt es. Bei aller Unsicherheit seien von den Instituten die wesentlichen Annahmen darzulegen, um es Anlegern und der Öffentlichkeit zu ermöglichen, die Einschätzungen des Managements nachzuvollziehen und “sich ein eigenes Bild von der Lage des Instituts” zu machen.