Qualität der Assetklasse Pfandbrief bewahren

Regulierungsvorhaben zu Risikogewichtung, Liquiditätsstandards und Großkreditgrenze bestimmen künftige Attraktivität für Investoren

Qualität der Assetklasse Pfandbrief bewahren

Auf die Frage, was ihnen derzeit zur Überschrift “Banken und Regulierung” einfällt, würden sich wohl selbst die Antworten aus informierten Kreisen vorrangig um die Themenbereiche Bankenabwicklungsfonds, Stresstest oder europäische Einlagensicherung ranken. Die wenigsten Befragten werden in diesem Zusammenhang an den guten alten deutschen Pfandbrief bzw. an “Covered Bonds” denken. Das mag auch daran liegen, dass die im Raum stehenden Regulierungsvorhaben bislang weder in der Presse noch am Kapitalmarkt große Aufmerksamkeit gefunden haben.Gleichwohl ist eine Veränderung des Aufsichtsrechts geeignet, die Attraktivität dieser Anlageklasse und damit auch der deutschen Erfolgsstory zu reduzieren und dadurch die Emissionsvolumina negativ zu beeinflussen. Dies liegt nicht etwa daran, dass Covered Bonds als Refinanzierungsinstrument weniger interessant würden. Vielmehr könnte es Kreditinstituten als wichtiger Investorengruppe künftig schwerer fallen, sich für die Assetklasse zu entscheiden. Als Stichworte sind in diesem Zusammenhang Risikogewichtung, Liquiditätsstandards und Großkreditgrenze zu nennen.Beruhigt stellen wir fest, dass die bislang unter Basel III/CRD IV geltenden niedrigeren Risikogewichte für Pfandbriefe mit höherer Bonität weiter Bestand haben sollen. Dies gilt im Grundsatz natürlich nicht nur für den deutschen Pfandbrief, sondern auch für seine europäischen Pendants. Privilegierte Stellung bleibtAuch den jüngsten Beschluss des Europäischen Parlaments, Covered Bonds nicht in den im Rahmen der europäischen Richtlinie für die Bankenrestrukturierung vorgesehenen Bail-in einzubeziehen, halten wir für eine logische und richtige Entscheidung. Diese Regelungen unterstreichen die zu Recht privilegierte Stellung des Pfandbriefs. Sie sind unseres Erachtens wichtige Wegweiser für die noch offenen regulatorischen Themen.So sollen bis spätestens Ende Juni die neuen Liquiditätsstandards für EU-Banken feststehen. Die Europäische Kommission hat signalisiert, dass sie sich weitgehend an die entsprechenden Vorgaben des Baseler Ausschusses halten will. Im Kern geht es dabei um die strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR) sowie die Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR).Der Baseler Ausschuss hat mit der NSFR eine Kennzahl eingeführt, die eine fristenkongruente Refinanzierung länger laufender Aktiva sichern soll. Dabei betrachtet sie einen Zeithorizont von einem Jahr. Die konkrete Ausgestaltung dieser Kennzahl zur Umsetzung in europäisches Recht ist bislang noch wenig fortgeschritten. Auf der Basis einer demnächst beginnenden Auswirkungsstudie will die EU-Kommission Ende 2016 einen Gesetzesvorschlag vorlegen, so dass die Mindeststandards 2018 eingeführt werden könnten.Nach derzeitigem Stand zählen Pfandbriefe zu den langfristigen stabilen Refinanzierungsinstrumenten und würden damit aus Sicht der Emittenten für eine Stützung der NSFR-Anforderungen sorgen. Da bei den wichtigsten deutschen Adressen bereits ein großer Teil der Refinanzierung über langfristige Instrumente dargestellt wird, rechnen wir mit keinen nennenswerten Auswirkungen auf das Emissionsverhalten von Pfandbriefbanken.Anders ist die Situation im Falle der Liquidity Coverage Ratio gelagert, die maßgebliche Auswirkungen auf die Anlageentscheidung bei Banken haben wird. Sie soll messen, ob der Bestand an hochliquiden Aktiva ausreicht, um eine Bank in einem 30 tägigen Stress-Szenario flüssig zu halten. Die LCR wird stufenweise eingeführt: Die Mindestanforderungen werden zum 1. Januar 2015 60 % betragen und dann bis zum 1. Januar 2018 auf 100 % steigen. Details noch unklarWelche Auswirkungen dies insbesondere auch für den Pfandbrief hat, ist derzeit noch immer unklar. Zunächst wurde über zwölf Monate über den Liquiditätscharakter von Covered Bonds diskutiert. Die wesentlichen Fragestellungen lauteten: Ist die Marktgängigkeit von Pfandbriefen mit der von Corporate Bonds hoher Bonität zu vergleichen, deren Maximalanteil am “Liquidity Buffer” bei 40 % liegt (Level 2a)? Oder folgt man doch den Erfahrungen aus der Finanzkrise, die eher für eine Gleichsetzung mit Staatsanleihen sprechen, und lässt eine 100-prozentige Anrechnung zu (Level 1)?Anfang Mai war von einem Mittelweg zu hören, der angeblich in einen neuen Empfehlungsentwurf der EU-Kommission aufgenommen wurde. Demnach wären Covered Bonds unter bestimmten Bedingungen als extrem liquide Vermögenswerte einzustufen (Level 1), was einen Maximalanteil am Liquiditätspuffer von 70 % erlauben würde. Doch Vorsicht ist geboten: Welche Kriterien Covered Bonds letztendlich als Level-1- oder Level-2-Werte charakterisieren sollen, ist derzeit noch nicht bis ins Detail klar. Zudem steht der endgültige Beschluss des Europäischen Parlaments und Rats noch aus. Ungewollte KlumpenrisikenDer Großteil des deutschen Kreditgewerbes steuert seinen Liquiditätsbestand wegen dieser Unsicherheit derzeit noch sehr konservativ. Die Banken haben in den letzten Jahren zwar kräftig liquide Mittel aufgebaut. Das Portfolio besteht im Schnitt allerdings mehrheitlich aus Zentralbankguthaben und Staatsanleihen mit vergleichsweise geringem Zinsertrag. Pfandbriefe und andere Covered Bonds mit, relativ betrachtet, höheren Renditen sind dagegen untergewichtet. Die damit verbundenen Klumpenrisiken können wohl kaum Ziel einer Regulierung sein, die sich eine Stabilisierung des Finanzsektors auf die Fahne geschrieben hat. Die Einordnung des Pfandbriefes wird wesentlichen Einfluss auf die Nachfrage nach Neuemissionen haben.Andererseits dürfte eine vorteilhaftere Einschätzung des Liquiditätscharakters kaum zu einem massiven Anstieg des Neuemissionsvolumens führen. Entscheidender hierfür dürften andere Faktoren, wie etwa das allgemeine Zins- und Spreadniveau, der Refinanzierungsbedarf der Emittenten oder die Verfügbarkeit von Kreditlinien sein.In diesem Zusammenhang sind die neuen Standards für Großkredite zu nennen, die erstmals auch Pfandbriefanlagen betreffen könnten. Die neuen Standards des Baseler Komitees (BCBS) für die Erfassung dieser Großkreditrisiken sehen vor, dass Covered Bonds zukünftig mit mindestens 20 % auf die Großkreditgrenze anzurechnen sind. Voraussetzung hierfür ist unter anderem eine Überdeckung von mindestens 10 %. Wird diese nicht eingehalten, so ist eine Anrechnung von 100 % vorgesehen. Diese Regelungen sollen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Die Umsetzung dieser Vorgaben könnte Banken in ihrer Nachfrage nach gedeckten Anleihen einzelner Emittenten stark beschränken. Das Nachsehen auf der Emissionsseite dürften vor allem große Anbieter deutscher Pfandbriefe bzw. von Covered Bonds haben. Emittenten aus der zweiten Reihe bzw. Adressen, die nur selten am Markt auftreten, könnten dagegen komparative Wettbewerbsvorteile erzielen, da für diese Adressen bei den Banken die Großkreditgrenze in der Regel keinen limitierenden Faktor darstellt. Augenmaß gebotenHier wie auch bei der Umsetzung aller anderen regulatorischen Vorhaben sollten Augenmaß, Transparenz und eine sachgerechte Berücksichtigung nationaler Besonderheiten Vorrang vor legislativen Schnellschüssen besitzen. Andererseits machen allzu lange Unsicherheitsphasen langfristig disponierenden Anlegern das Leben unnötig schwer und schrecken Investoren ab. Die Qualität des Pfandbriefs ist ein hohes Gut und er genießt daher ein großes Vertrauen bei den Anlegern. Dies gilt es zu bewahren. Die jüngsten gesetzgeberischen Entscheidungen stimmen uns optimistisch, dass der Pfandbrief auch in Zukunft seine besondere Stellung innerhalb des Fixed-Income-Marktes behaupten kann.—Von Rainer Krick, Mitglied des Vorstands der Helaba