RBS beruft Retailbanker an die Spitze
Von Carsten Steevens, LondonMit dem Neuseeländer Ross McEwan will die zu gut 80 % verstaatlichte Royal Bank of Scotland (RBS) ihre Reprivatisierung angehen. Mit dem 56-Jährigen übernimmt ein Retailbanker den Spitzenposten bei der britischen Bank, die 2008 mit gut 24 Mrd. Pfund für den größten Jahresverlust in der britischen Unternehmensgeschichte gesorgt hatte und die mit staatlichen Kapitalhilfen von mehr als 45 Mrd. Pfund vor dem Kollaps bewahrt werden musste. Die Berufung des seit knapp einem Jahr amtierenden Leiters der Privat- und Unternehmenskundensparte von RBS entspricht der von der britischen Regierung angestrebten künftigen Ausrichtung des Instituts. Finanzminister George Osborne erklärte anlässlich der Berufung McEwans, der künftige Konzernchef habe mit seiner Vision einer “starken, auf Großbritannien ausgerichteten Unternehmensbank” beeindruckt.McEwan soll zum 1. Oktober Nachfolger des ehemaligen Investmentbankers Stephen Hester werden, dem die Regierung im Juni die Unterstützung entzogen und zum Rücktritt gedrängt hatte (vgl. BZ vom 13. Juni). Seit Hesters Ernennung zum Chief Executive Officer (CEO) im November 2008 wurde die Bank wie keine andere zurückgestutzt: Die Bilanzsumme schrumpfte um rund 1 Bill. Pfund auf 1,22 Bill. Pfund zum 30. Juni, nicht mehr zum Kerngeschäft gezählte Aktiva wurden von 258 Mrd. auf inzwischen 45 Mrd. Pfund abgeschmolzen. In der Mitteilung vom Freitag sprach der Board-Vorsitzende Philip Hampton von einer inzwischen “sicheren und kräftigen Bank”. Die Ausrichtung gelte nun dem Aufbau einer “wirklich guten Bank für unsere Kunden und Aktionäre, der Rückkehr in private Eigentümerschaft und der Unterstützung der britischen Wirtschaft”. Kein KurswechselZu einem strategischen Kurswechsel wird es mit dem Führungswechsel bei der RBS nicht kommen, denn schon Hester lenkte die Bank in Richtung britische Privat- und Unternehmenskunden. Machte die Investmentbanksparte bis 2008 noch rund 60 % des operativen Gewinns aus, sind es mittlerweile nur noch 20 %. Gegen einen weiteren Abbau soll Hester (52) sich britischen Medienberichten zufolge gesträubt haben. In der Mitteilung dankte Board-Vorsitzender Hampton Hester noch einmal für dessen Verdienste um die Stabilisierung der Bank.Den Nachfolger McEwan bezeichnete Hampton nach einem beschleunigten, international ausgerichteten Auswahlverfahren als “stärksten Kandidaten”. Mit seiner umfangreichen Erfahrung im Bankgeschäft und seinen Führungsqualitäten, die er seit seinem Start bei der RBS gezeigt habe, werde er ein “großartiger” Konzern-CEO sein. Allerdings soll, wie die “Financial Times” berichtete, mit dem BlackRock-Manager Mark McCombe der führende externe Kandidat zuvor abgesagt haben. Auch wird in London darauf verwiesen, dass McEwan erst seit September 2012 für die britische Bank tätig ist und in Großbritannien lebt. Damit dürfte er über noch wenig ausgeprägte Kontakte zur Politik und zu Regulierern verfügen. Dies könnte sich schon kurzfristig als nachteilig erweisen, wird derzeit doch eine Aufspaltung der RBS in eine “Good Bank” und eine “Bad Bank” geprüft. BonusverzichtAuf seinen Bonus für den Rest dieses Jahres und 2014 will McEwan, der mit einem Jahresgehalt von 1 Mill. Pfund etwas weniger erhält als sein Vorgänger, verzichten. Vor seinem Wechsel zu RBS arbeitete der verheiratete Vater zweier Kinder zehn Jahre im Retail Banking, davon gut fünf Jahre als Spartenchef für die größte australische Retailbank Commonwealth Bank of Australia (CBA). In dieser Zeit habe er den Spartengewinn um 50 % auf 2,8 Mrd. Dollar gesteigert, so RBS in ihrer Mitteilung. Vor knapp einem Jahr hatte schon der britische Rivale Barclays einen Investmentbanker an der Konzernspitze durch einen Retailbanker ersetzt.